14703/J XXVII. GP

Eingelangt am 29.03.2023
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Anfrage

der Abgeordneten Dr. Johannes Margreiter, Kolleginnen und Kollegen

an die Bundesministerin für Justiz

betreffend Vorsorgevollmachten in Österreich

 

In Österreich besteht die rechtliche Möglichkeit - für den Fall, dass eine Person ihre Handlungsfähigkeit verliert - einer anderen Person bzw. mehreren anderen Personen vorsorglich eine Vollmacht für die Besorgung von generellen oder bestimmten Rechtsgeschäften zu erteilen. Diese Vollmacht muss dafür bei einer der eintragenden Stellen (Notariat, Rechtsanwaltskanzlei oder  – in "einfachen" Fällen – einem Erwachsenenschutzverein) schriftlich errichtet und im Österreichischen Zentralen Vertretungsverzeichnis (ÖZVV) registriert werden. Sie entfaltet ab Eintragung des Eintritts des Vorsorgefalls im ÖZVV, also mit Wegfall der Entscheidungsfähigkeit der betroffenen Person für die von der Vorsorgevollmacht umfassten Angelegenheiten, ihre Wirksamkeit. 

Die Vollmacht kann - so wie jede andere Vollmacht auch - jederzeit widerrufen werden. Der Widerruf muss allerdings wiederum ins ÖZVV eingetragen werden.1

In das Register können nur Gerichte und die eintragenden Stellen sowie Sozialversicherungs- und Sozialhilfeträger Einsicht nehmen. Die vertretene Person und ihre Vertretung können (über die eintragenden Stellen) Einsicht in das ÖZVV nehmen. Alle anderen Stellen bzw. Personen können bei Gericht Auskunft darüber erlangen, ob eine Person eine Vertretung hat und für welche Angelegenheiten. Das Auskunftsverlangen muss schriftlich gestellt werden und einen Nachweis des rechtlichen Interesses enthalten.2

Trotz einer aktivierten Vorsorgevollmacht ist es derzeit nicht möglich, dass ein mit einer Vorsorgevollmacht ausgestatteter Vertreter/ eine mit einer Vorsorgevollmacht ausgestattete Vertreterin in die elektronische Gesundheitsakte (ELGA) des/der vertretenen Person Einsicht nehmen kann.3

 

  1. https://www.justiz.gv.at/html/default/2c94848a60c1583801614bb46eb355a0.de.html
  2. https://www.oesterreich.gv.at/themen/soziales/erwachsenenvertretung_und_vorsorgevollmacht_bisher_sachwalterschaft/4.html
  3. https://www.sn.at/panorama/oesterreich/trotz-vorsorgevollmacht-tochter-einer-demenzkranken-kann-ueber-elga-arztbefunde-nicht-einsehen-131794957

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage:

 

  1. Laut Vorsorge-Studie 2021 haben rund vier Prozent der Bevölkerung eine Vorsorgevollmacht errichtet. Wie hoch ist der Anteil (Stand: 2023) an Vorsorgevollmachten gemessen an der österreichischen Gesamtbevölkerung und wie viele Vollsorgevollmachten bedeutet das?
    1. Wie viele davon sind wirksam?
    2. Wie viele Vorsorgevollmachten wurden in den letzten fünf Jahren widerrufen?
  1. Laut Vorsorge-Studie 2021 wurden 176.000 Vorsorgevollmachten erteilt. Wie viele sind es insgesamt 2023?
    1. Wie viele Vorsorgevollmachten wurden dabei von Männern bzw. Frauen erteilt?
    2. Wie viele davon wurden in der Altersgruppe ab 60 Jahren erteilt?
    3. Gibt es Kampagnen, die die Bevölkerung über die Möglichkeit einer Vorsorgevollmacht aufklären?

                                          i.    Falls ja, welche?

                                        ii.    Falls nein, warum nicht?

  1. Ist eine Gesetzesänderung, die die Einsicht der Vorsorgebevollmächtigten in die ELGA ermöglicht, in Ausarbeitung?
    1. Falls ja, wann ist mit einem Inkrafttreten zu rechnen?
    2. Falls nicht, warum nicht?
    3. Falls nicht, wie kann ein mit einer Vorsorgevollmacht ausgestatteter betroffener Vertreter/ eine mit einer Vorsorgevollmacht ausgestattete betroffene Vertreterin Einsicht in die ELGA des/der Vertretenen nehmen?
  1. Ist eine Gesetzesänderung hinsichtlich der Einsichtmöglichkeit in das ÖZVV geplant, sodass künftig die vertretende sowie vertretene Person direkt in das Verzeichnis Einschau halten können ohne dabei die eintragende Stelle bemühen zu müssen?
  2. Wie werden Ärztinnen und Ärzte hinreichend über Vorsorgevollmachten aufgeklärt?
  3. Gibt es neben dem ÖZVV Register, in welchen Vorsorgevollmachten eingetragen werden?
    1. Falls ja, hat das Ministerium darauf Zugriff?

                                          i.    Werden die Daten mit jenen des ÖZVV abgeglichen?

  1. Wie viele Personen haben bisher bei den Patientenanwaltschaften Beschwerde im Zusammenhang mit einem medizinischen Eingriff, der ohne Zustimmung des Vorsorgebevollmächtigten durchgeführt worden ist, eingereicht? (Bitte um Aufschlüsselung nach Bundesland und Jahr)
    1. In wie vielen dieser Fälle kam es dabei zur Einleitung eines gerichtlichen Verfahrens?