14807/J XXVII. GP

Eingelangt am 31.03.2023
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ANFRAGE

 

des Abgeordneten Christian Hafenecker, MA

an die Bundesministerin für Justiz

betreffend Amtsmissbrauch durch die Präsidentin des Rechnungshofs?

 

 

Für die Beantwortung parlamentarischer Anfragen sind der Präsidentin des Rechnungshofs engere Parameter vorgegeben als Ministern. § 91a Abs. 1 2. Satz GOG-NR normiert, was vom Interpellationsrecht umfasst ist:

 

Diesem Fragerecht unterliegen die Gegenstände des Wirkungsbereiches des Präsidenten des Rechnungshofes, soweit sie 1die Haushaltsführung im Sinne des Bundeshaushaltsgesetzes, 2die Diensthoheit im Sinne des Art. 125 Abs. 3 B-VG und 3die Organisation des Rechnungshofes im Sinne des § 26 Abs. 2 Rechnungshofgesetz betreffen.[1]

 

Nachdem die Präsidentin des Rechnungshofes bei der Beantwortung[2] der schriftlichen Anfrage betreffend „Illegale Spende an Abgeordnete von ÖVP und Grünen aus dem Innenministerium“ (13211/J),[3] mehrere Fragen nicht beantwortet hat, wurde eine Folgeanfrage betreffend „Rechnungshof-Anfragen: Selektive Interpretation des Interpellationsrechts“ (14300/J)[4] gestellt. In dieser Anfrage wurden Argumente für die Notwendigkeit der Anfragebeantwortung vorgebracht, denen die Präsidentin des Rechnungshofes in ihrer Beantwortung[5] argumentativ entgegentrat.

 

1.    Ad Haushaltsführung im Sinne des Bundeshaushaltsgesetzes

 

Obwohl die Haushaltsführung im Sinne des Bundeshaushaltsgesetzes gem. § 91a Abs. 1 2. Satz 1. Fall NRGO dem parlamentarischen Fragerecht unterliegt, hat die Rechnungshofpräsidentin die Frage, ob eine illegale Spende des Bundesministeriums für Inneres zum Zeitpunkt der Anfragebeantwortung bereits an den Rechnungshof weitergeleitet wurde, nicht beantwortet.[6]

Seitens des Rechnungshofs wird argumentiert, dass „diese Spenden keine Einnahmen des Rechnungshofes [sind] und nicht in den Haushalt des Rechnungshofes [fließen], sondern auf einem gesonderten Konto verwahrt [werden]. Schon aus diesem Grund sind mögliche unzulässig erhaltene Spenden an politische Parteien nicht von der Haushaltsführung des Rechnungshofes umfasst und unterliegen aus diesem Grund auch nicht dem Anfragerecht gemäß § 91a GOG-NR.“

 

§ 3 Z 2 des Bundeshaushaltsgesetzes legt jedoch fest, dass das Führen des Ergebnis-, Finanzierungs- und Vermögenshaushalts Teil der Haushaltsführung ist. Die an den Rechnungshof weitergeleiteten Spenden werden von diesem an mildtätige oder wissenschaftliche Einrichtungen weitergeleitet, wobei es dem Rechnungshof überlassen bleibt diese auszuwählen. Der Rechnungshof hat die volle Verfügungsgewalt über die Mittel, sie sind jedenfalls seinem Vermögen zuzurechnen. Ob er diese Mittel gesondert von der sonstigen Haushaltsführung verwahrt, ist nicht relevant.

 

Auf seiner eigenen Website gibt der Rechnungshof Auskunft über seine Verfügungsgewalt: „Das Parteiengesetz sieht keine genaueren Richtlinien zur Vorgangsweise vor, wie die Weiterleitung von unzulässigen Spenden erfolgen soll. Rechnungshof-Präsidentin Margit Kraker hat daher entschieden, folgenden Weg zu wählen: Die Bürgerinnen und Bürger werden gebeten, Vorschläge zu machen, welche Kinder- und Jugendbetreuungseinrichtungen bedacht werden sollen. Die Präsidentin legt überdies Wert darauf, dass es sich um überparteiliche und allgemein anerkannte Organisationen, die in Österreich wirken, handelt. Aus den Vorschlägen der Bevölkerung wird eine Liste erstellt. Aus dieser Liste wird per Los ermittelt, welche drei Organisationen jeweils 1.970 Euro erhalten werden. Das Ergebnis wird Anfang 2022 veröffentlicht werden.“[7]

 

Nach welchen Kriterien die Präsidentin Begünstigte vorsortiert und letztlich entscheidet bleibt ihrer Willkür überlassen. Ein konkretes Verfahren wurde nicht definiert. Vor diesem Hintergrund verwundert es, dass die Verwaltung der Gelder laut der Anfragebeantwortung am Rechnungshof vorbei erfolgt.

 

2.    Ad Diensthoheit im Sinne des Art. 125 Abs. 3 B-VG

 

Die Diensthoheit des Bundes gegenüber den beim Rechnungshof Bediensteten wird gem. Art. 125 Abs. 3 B-VG vom Präsidenten des Rechnungshofes ausgeübt. Die Gestaltung dieser Dienstverhältnisse unterliegt sohin gem. § 91a Abs. 1 2. Satz 2. Fall NRGO dem parlamentarischen Interpellationsrecht. Die Frage 17 der Anfrage 14300/J (Inwiefern hat die Rechnungshofpräsidentin betreffend die Kommunikation falscher Vorwürfe auf Twitter und gegenüber Medien von ihrer Diensthoheit im Sinne des Art. 125 Abs. 3 B-VG Gebrauch gemacht?), wäre daher jedenfalls dahingehend zu beantworten gewesen, ob die Präsidentin des Rechnungshofes Maßnahmen der Dienstaufsicht (insb. Weisungen gem. Art. 20 Abs. 1 B-VG) oder dienstrechtliche Bescheide in diesem Zusammenhang erlassen hat.

 

Seitens des Rechnungshofs wird argumentiert, dass „bei Wahrnehmung der Aufgaben nach dem Parteiengesetz nicht als Dienstbehörde tätig wird, sondern diese (Prüf)Tätigkeit der Staatsfunktion „Legislative" zuzuordnen ist.“ Wenn die (Prüf)Tätigkeit nach dem Parteiengesetz der Staatsfunktion „Legislative" zuzuordnen ist, spricht das jedoch für das Bestehen einer Auskunftspflicht gegenüber dem Parlament und nicht dagegen. Der Rechnungshof ist monokratisch organisiert und die Diensthoheit des Präsidenten besteht unabhängig vom konkreten Tätigkeitsbereich.

 

3.    Ad Organisation des Rechnungshofes im Sinne des § 26 Abs. 2 RHG

 

Das Rechnungshofgesetz ist gem. § 26 Abs. 2 leg cit, soweit es sich um die Organisation des Rechnungshofes handelt, durch die Präsidentin des Rechnungshofes zu vollziehen. Dabei unterliegt diese gem. § 91a Abs. 1 2. Satz 3. Fall NRGO dem Interpellationsrecht. Sie ist zudem gem. § 23 Abs. 2 RHG verpflichtet, über Gegenstände seines Wirkungskreises dem Nationalrat und dessen Ausschüssen jederzeit Auskunft zu erteilen. Dem parlamentarischen Fragerecht unterliegt gem. § 13 Abs. 1 RHG jedenfalls die Gebarung öffentlich-rechtlicher Körperschaften mit Mitteln des Bundes, wobei Prüfgegenstand die ziffernmäßige Richtigkeit, die auftrags- und widmungsmäßige Verwendung sowie die Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit der Gebarung ist. Die Frage, ob die Präsidentin des Rechnungshofes die Organisation des Rechnungshofes zur Gebarungskontrolle in einem konkret benannten Fall einsetzt, ist jedenfalls Gegenstand des Interpellationsrechts.

 

Dennoch hat die Präsidentin des Rechnungshofs nicht beantwortet, ob die von Abgeordneten der ÖVP und der Grünen gemeinsam eingebrachten selbstständigen Gesetzesanträge dahingehend überprüft wurden, ob diese tatsächlich von den einbringenden Abgeordneten bzw. deren Mitarbeitern verfasst wurden.

 

Der Rechnungshof argumentiert, dass er diese Überprüfung nicht vornehmen kann, da er nicht zur Kontrolle der Legislative berufen ist. Tatsächlich zielen die Fragen aber darauf ab, zu erfahren, ob der Rechnungshof in den Ministerien nachprüft, ob dort legistische Arbeiten getätigt werden und diese als illegale Spenden an Abgeordnete der Regierungsparteien gehen. Der Rechnungshof argumentiert an der Fragestellung vorbei und verschweigt sich willentlich.

 

 

Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, ob die die Art der Anfragebeantwortung bzw. die dadurch offengelegten Vorgänge den Verdacht des Amtsmissbrauchs gem. § 302 StGB begründen. In diesem Zusammenhang richtet der unterfertigte Abgeordnete an die Bundesministerin für Justiz folgende

 

Anfrage

 

1.    Wurde aufgrund der geschilderten Sachverhalte, insbesondere aufgrund der Konten außerhalb der Haushaltsführung im Sinne des Bundeshaushaltsgesetzes, ein Verfahren nach § 302 eingeleitet?

a.    Wenn ja, wann und aufgrund welcher Tatsachen? (Um detaillierte Erläuterung wird ersucht.)

                                          i.    Wie ist der Stand des Verfahrens? (Um detaillierte Erläuterung wird ersucht.)

                                        ii.    Welche Staatsanwaltschaft führt das Verfahren?

                                       iii.    Gegen wen wird das Verfahren geführt?

                                       iv.    Welche Zeugen wurden wann einvernommen?

                                        v.    Wurde die Präsidentin des Rechnungshofes als Zeuge einvernommen?

1.    Wenn ja, wann?

2.    Wenn nein, weshalb nicht?

b.    Wenn nein, weshalb nicht?

 

2.    Sind die Aussagen der Präsidentin des Rechnungshofes in ihrer Anfragebeantwortung diesbezüglich zu unsubstantiiert bzw. pauschal, um einen Anfangsverdacht zu begründen? (Um detaillierte Erläuterung wird ersucht.)

3.    Haben Sie die Sachverhalte als zuständige Ressortchefin gem § 78 (1) StPO zur Anzeige gebracht? (Um detaillierte Erläuterung wird ersucht.)

a.    Wenn ja, wann?

b.    Wenn nein, weshalb nicht? (Um detaillierte Erläuterung wird ersucht.)

 

4.    Sehen Sie durch die geschilderten Sachverhalte einen anderen Tatbestand verwirklicht?

a.    Wenn ja, welchen und weshalb? (Um detaillierte Erläuterung wird ersucht.)

b.    Haben Sie den Sachverhalt als zuständige Ressortchefin gem § 78 (1) StPO zur Anzeige gebracht? (Um detaillierte Erläuterung wird ersucht.)

                                          i.    Wenn ja, wann?

                                        ii.    Wenn nein, weshalb nicht?

c.    Wenn nein, weshalb nicht? (Um detaillierte Erläuterung wird ersucht.)

 



[1] Die Hochzahlen wurden zur Übersichtlichkeit der weiteren Darstellung eingefügt.

[2] https://www.parlament.gv.at/gegenstand/XXVII/AB/12872

[3] https://www.parlament.gv.at/gegenstand/XXVII/J/13211

[4] https://www.parlament.gv.at/gegenstand/XXVII/J/14300

[5] https://www.parlament.gv.at/gegenstand/XXVII/AB/13248

[6] Siehe Frage 5 der Anfrage 13211/J. Nach § 6 Abs. 6 PartG unzulässige Spenden sind unverzüglich, mit sanktionsbefreiender Wirkung spätestens mit Einreichung des Rechenschaftsberichts für das betreffende Jahr, an den Rechnungshof weiterzuleiten. Der Rechnungshof hat die eingehenden Beträge auf einem gesonderten Konto zu verwahren und überdies in seinem Tätigkeitsbericht (Art. 126d Abs. 1 B-VG) anzuführen.

[7] https://www.rechnungshof.gv.at/rh/home/news/news/news_2/Wer_soll_Geld_aus_unzulaessigen_Parteispenden_erhalten_1.html