14814/J XXVII. GP
Eingelangt am 06.04.2023
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Anfrage
der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen
an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten
betreffend Folgeanfrage: Verbringung von ukrainischen Jugendlichen nach Russland
Zwei ukrainische Jugendliche sind am 14. Januar 2023 von Tirol nach Moskau gebracht worden. Eigenmächtig soll ein Bediensteter der Landesvolksanwaltschaft Tirol mit den zwei Minderjährigen zu deren Müttern nach Moskau gereist sein. Die Familien lebten ursprünglich in der ostukrainischen Region Luhansk, aus welcher die Jugendlichen im März vergangenen Jahres, kurz nach Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine, evakuiert und schließlich nach Tirol gebracht worden sind.
Medienberichten zufolge wussten weder die heimischen noch die ukrainischen Behörden von der Aktion. Der Bedienstete soll im Alleingang gehandelt haben und wurde vorübergehend suspendiert. "Es ist unerhört, dass jemand zwei Jugendliche aus der Obhut des Landes gezogen und sie nach Moskau gebracht hat“, sagt der ukrainische Honorarkonsul in Tirol, Walter Peer. Auch Landesamtsdirektor Herbert Forster bekräftigte, dass das Vorgehen weder abgesprochen noch das Land Tirol in irgendeiner Weise involviert gewesen sei.1 Der Bedienstete soll außerdem auf Ersuchen einer russischen Kollegin tätig geworden sein, eine Frau, die, so wie er auch, im Europäischen Ombudsmann-Instituts engagiert ist. Seinen Angaben zufolge habe er über die russische Botschaft Informationen erhalten, wonach sich die Mütter der Jugendlichen bereits in Russland befänden und eine Familienzusammenführung wünschten.2
Die LDP Tirol soll am 13.01.2023 einen Bericht an die Staatsanwaltschaft Innsbruck übermittelt haben. Die genauen Umstände der Verbringung sollen noch geprüft werden, es seien Disziplinarmaßnahmen eingeleitet worden. Aus den Beantwortungen zu den NEOS-Anfragen 13552/J und 13555/J bestätigte sich, dass sowohl Innen- als auch Außenministerium über die Verbringung von ukrainischen Jugendlichen nach Moskau nichts wussten. Eine Familienzusammenführung sei ohne Beteiligung der betroffenen Botschaften grundsätzlich möglich. Keines der beiden Ministerien ist über den Verbleib der Jugendlichen in Kenntnis. Weiters führte das Innenministerium aus, dass für die freiwillige Rückkehr von unbegleiteten Minderjährigen keine besonderen Bestimmungen gelten - Voraussetzung ist lediglich die schriftliche Zustimmung der/s Obsorgeberechtigten bzw. gesetzlichen Vertreter:in in Österreich „mit der auch bestätigt wird, dass die Rückkehr dem Kindeswohl entspricht“. Fraglich ist, ob dies zur Sicherstellung des Kindeswohls ausreichend ist. Bei „Bedarf“ wird durch IOM ein „Family Assessment“ durchgeführt, was die Frage aufwirft, durch wen beurteilt wird, ob „Bedarf“ besteht oder nicht und nach welchen Kriterien dies beurteilt wird. Eine Begleitung der Rückkehr durch IOM erfolgt jedenfalls nur bis zum 15. Lebensjahr. Was der Regelfall ist - die Zustimmung des Obsorgeberechtigten oder das Assessment des IOM - wird nicht ausgeführt.3
Der Fall ist mehr als skurril. So berichtete Profil: Als die Jugendlichen in Russland ankamen nahm die russische „Ombudsfrau für Menschenrechte“ Tatjana Moskalkowa ein Video auf, dass die beiden Jugendlichen gemeinsam mit ihren Müttern in Moskau zeigte und die „Rückkehr“ der „nach Österreich geschmuggelten“ jungen Leute zu ihren Eltern zelebrierte. Es sei russischen Diplomaten sowie dem Nachrichtendienst zu verdanken, dass die Kinder von Tirol nach Moskau kamen. Flankiert wird sie von den Jugendlichen und deren Müttern, die allesamt nicht gerade glücklich aussehen.4 Weiters berichtete Profil, der Tiroler Landesbeamte zeigte den Betreuern der Jugendlichen Dokumente auf Russisch mit einer Vollmacht der Mütter. Nachdem er die beiden Jugendlichen mit dem Zug nach Wien und dann mit dem Flugzeug nach Moskau begleitet hatte, war er zu einem Kongress des Europäischen Ombudsmann-Instituts (EOI) nach Ankara weitergereist - gemeinsam mit seiner russischen Kollegin Moskalkowa sitzt er im Vorstand der EOI. Der ukrainische Botschafter berichtete Profil, dass die notariell beglaubigten Vollmächte, die der Botschaft vorliegen, nicht rechtskräftig im Sinne der Haager Konvention seien. Der ukrainische Botschafter bezweifelt demnach, dass die Mütter der beiden Jugendlichen die Vollmacht freiwillig unterschrieben haben. Immerhin seien sie damit einverstanden gewesen, dass die beiden ins Ausland reisen. Außerdem hätte es durchaus auch legale Wege gegeben, die Familien zusammenzuführen. Einer der betroffenen Jugendlichen erreicht in zwei Jahren das Wehrpflichtalter und könnte demnach, sollte der russische Aggressionskrieg gegen die Ukraine bis dahin andauern, eingezogen – und damit gezwungen werden, als Soldat aufseiten Russlands gegen seine alte Heimat zu kämpfen.5 Noch schlimmer wird es, wenn man bedenkt, dass Russland seit Beginn des Angriffskriegs bereits tausende ukrainische Kinder nach Russland verschleppt hat. Deren von Präsident Putin geförderte Zwangsintegration könnte nun zu Anklagen vor dem Internationalen Strafgerichtshof führen.6
Laut der letzten Medienberichte zu dem Fall wird die Innsbrucker Staatsanwaltschaft kein Ermittlungsverfahren einleiten. Der Staatsanwaltssprecher Hansjörg Mayr führte aus, die Reise sei "einvernehmlich" und auf "Wunsch der Mütter und der Jugendlichen" erfolgt. Das Justizministerium sah dies nach einer Prüfung genauso.7
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende
i. Mit welchem Ergebnis?
i. Wenn ja, inwiefern wann?
ii. Wenn nein, warum nicht?
i. Mit welchem Ergebnis?
i. Wenn ja, inwiefern wann?
ii. Wenn nein, warum nicht?
i. Mit welchem Ergebnis?
i. Wenn ja, inwiefern wann?
ii. Wenn nein, warum nicht?
i. Mit welchem Ergebnis?
i. Wenn ja, inwiefern wann?
ii. Wenn nein, warum nicht?
i. Mit welchem Ergebnis?
i. Wenn ja, inwiefern wann?
ii. Wenn nein, warum nicht?
i. Mit welchem Ergebnis?
i. Wenn ja, inwiefern wann?
ii. Wenn nein, warum nicht?
9. War bisher in der Praxis eine schriftliche Zustimmung der/s Obsorgeberechtigten bzw. gesetzlichen Vertreter:in in Österreich ausreichend, um festzustellen, dass die Rückkehr dem Kindeswohl entspricht?
13. Wurde aufgrund dieses Falles in Ihrem Ressort Zeit aufgewendet, mögliche Defizite vonseiten des Ressorts