14854/J XXVII. GP

Eingelangt am 20.04.2023
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Anfrage

 

der Abgeordneten Julia Herr,

Genossinnen und Genossen

 

an den Bundesminister für Finanzen

 

betreffend Österreichs Einsatz für ein starkes Lieferkettengesetz

 

Der Prozess auf europäischer Ebene für ein EU-weites Lieferkettengesetz ist in vollem Gange. Zum Zeitpunkt der Anfragestellung finden dazu gerade die Verhandlungen im Europäischen Parlament statt. Doch bereits Anfang Dezember 2022 einigten sich die EU-Staaten im Zuge der tschechischen Ratspräsidentschaft auf einen gemeinsamen Standpunkt des EU-Rates. Minister Kocher verlautbarte nach der Sitzung sich dabei enthalten zu haben, statt Fortschritte für ein EU-Lieferkettengesetz aktiv zu unterstützen.[1]

 

Die Enthaltung begründete er mit noch unklaren Punkten und dem Bedarf sich Zeit zu nehmen diese zu klären. Dieser Standpunkt ist insofern verwunderlich, als das bereits über das gesamte Jahr 2022 laufend Gespräche zum Lieferkettengesetz stattgefunden haben. Beispielsweise luden Minister Kocher und Ministerin Zadić für den 4. und 19. Oktober 2022 zu zwei Ausgaben eines Runden Tisches ein, an dem ExpertInnen von Arbeiterkammer, Wirtschaftskammer, Industriellenvereinigung, ÖGB, Rechtsanwaltschaftskammer sowie von NGOs und aus der Wissenschaft und den zuständigen Ministerien teilnahmen.[2] Außerdem wurde bereits Anfang September 2022 ein Kompromisstext der tschechischen Ratspräsidentschaft diskutiert[3] und das Ziel einen Kompromiss noch vor Übergabe der Ratspräsidentschaft an Schweden mit Jahreswechsel war ebenfalls bekannt.

 

Neben dem Rückblick auf den Beschluss des EU-Rates im letzten Dezember ist aber auch der Blick in die Zukunft von großem Interesse. Wenn die Verhandlungen im EU-Parlament positiv abgeschlossen werden, geht es anschließend mit den Trilog-Verhandlungen weiter. Hier hängt es auch vom Einsatz der Österreichischen Bundesregierung ab, ob am Ende ein starkes, wirksames Lieferkettengesetz steht oder ein verwässertes Gesetz auf Kosten von ArbeitnehmerInnenrechten, Umwelt und Klima beschlossen wird.

 

Die unterzeichneten Abgeordneten stellen daher folgende

 

Anfrage

 

1.        Wie waren Sie in den Jahren 2022 und 2023 in Fragen eines EU-Lieferkettengesetzes eingebunden?

a.       Auf EU-Ebene?

b.       Innerhalb der Bundesregierung?

 

2.       Wurden Sie von einem anderen Regierungsmitglied oder Ministerium über den aktuellen Verhandlungsstand auf EU-Ebene auf dem Laufenden gehalten?

a.       Wenn ja, von welchem?

b.       Wie lief dieser Austausch ab?

 

3.       Waren VertreterInnen Ihres Ministeriums bei einem der zwei Runden Tische (4. und 19. Oktober 2022) anwesend?

a.       Wenn ja, wie haben sich diese dort eingebracht?

 

4.       Wurden Sie über die Ergebnisse der Runden Tische informiert?

a.       Wenn ja, wie lauteten die Ergebnisse?

b.       Wenn nein, warum nicht?

 

5.       Waren Ihnen die Kompromissvorschläge im Zuge der tschechischen Ratspräsidentschaft bekannt?

 

6.       Inwieweit waren Sie in die Verhandlungen rund um einen Kompromiss eingebunden?

 

7.       Inwieweit waren die Verhandlungen rund um einen Kompromiss Thema innerhalb der Bundesregierung?

 

8.       Haben Sie im Vorfeld der Sitzung vom 1. Dezember 2022 Kritikpunkte an einem oder mehreren Kompromissvorschlägen eingebracht?

a.       Wenn ja, wo und an wen?

b.       Und welche Kritikpunkte waren das?

 

9.       Im Vorfeld der Sitzung vom 1. Dezember 2022, war das Abstimmungsverhalten von Minister Kocher Thema innerhalb der Bundesregierung?

a.       Wenn ja, inwiefern?

b.       Wenn nein, warum nicht?

 

10.   Waren Sie im Vorfeld der Sitzung vom 1. Dezember 2022 in Kontakt mit Minister Kocher betreffend Abstimmungsverhalten?

a.       Wenn ja, was war Ihre Position und die Gründe dafür?

b.       Wenn nein, warum nicht?

 

11.   Gab es eine regierungsinterne Übereinkunft zum Abstimmungsverhalten betreffend Kompromissvorschlag am 1. Dezember 2022?

a.       Wenn ja, wie lautete diese?

b.       Wenn nein, warum nicht?

 

12.   Welche Kritikpunkte haben Sie am Kompromissvorschlag vom 1. Dezember 2022?

 

13.   Haben Sie im Vorfeld des 1. Dezember 2022 mit VertreterInnen aus dem Banken- und Finanzsektor bezüglich Lieferkettengesetz Gespräche geführt?

a.       Wenn ja, mit wem?

b.       Wenn ja, was war der Inhalt dieser Gespräche?

c.       Wenn ja, warum wurden diese Gespräche nicht im Zuge der Round Tables geführt, die für alle Stakeholder offen waren?

 

14.   Laut einem Bericht der Wiener Zeitung[4] gäbe es BM Martin Kocher zufolge „eine klare Stellung des Finanzministeriums für eine Ausnahme“ des Finanzsektors vom Anwendungsbereich der Richtlinie. Zu welchem Zeitpunkt und an wen wurde diese Position des BMF kommuniziert?

 

a.       War diese Position des BMF ausschlaggebend für das Abstimmungsverhalten von BM Kocher?

 

15.   Das EU-Lieferkettengesetz ist eine horizontale Regelung, die grundsätzlich alle Sektoren betrifft. Weshalb soll es für den Finanzsektor Sonderregelungen geben?

 

16.   Was ist Ihre Position für die weiteren Verhandlungen auf europäischer Ebene?

 

17.   Der ENVI-Ausschuss des EU-Parlaments hat sich am 9. Februar 2023 für strengere Regeln hinsichtlich Umwelt- und Klimaschutzgesetz im Zuge des Lieferkettengesetzes ausgesprochen.[5] Unterstützen Sie die Punkte des dort beschlossenen Antrags?

 

18.   Arbeiten Sie bzw. Ihr Ministerium an einem österreichischen Lieferkettengesetz?

a.       Wenn ja, mit wem sind Sie diesbezüglich in Austausch und wie geht es dabei voran?

b.       Wenn nein, warum nicht?

 

19.   Arbeiten Sie bzw. Ihr Ministerium an einem internationalen Lieferkettengesetz?

a.       Wenn ja, mit wem sind Sie diesbezüglich in Austausch und wie geht es dabei voran?

b.       Wenn nein, warum nicht?



[1] https://www.derstandard.at/story/2000141414862/eu-staaten-einig-bei-lieferkettengesetz

[2] https://www.bmj.gv.at/ministerium/aktuelle-meldungen/Zadić-und-Kocher--Runder-Tisch-zu-EU-Lieferkettengesetz.html

[3] https://www.euractiv.de/section/finanzen-und-wirtschaft/news/rufe-nach-besserer-rechenschaftspflicht-von-unternehmen-werden-lauter/?_ga=2.69253270.705292439.1662448121-316057934.1662103898

[4] https://www.wienerzeitung.at/nachrichten/wirtschaft/international/2170257-Kocher-will-mehr-Zeit-fuer-EU-Lieferkettengesetz.html

[5] https://www.europarl.europa.eu/meetdocs/2014_2019/plmrep/COMMITTEES/ENVI/AMC/2023/02-09/CSDD_CAs_final_EN.pdf