14868/J XXVII. GP

Eingelangt am 25.04.2023
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ANFRAGE

 

des Abgeordneten Ing. Mag. Volker Reifenberger

an den Bundesminister für Inneres

betreffend Rechtswidrige Durchfuhr von Kriegsmaterial durch Österreich an die Ukraine

 

 

Die Neutralität Österreichs wird mittlerweile unterschiedlich strikt eingehalten und definiert, bleibt aber nicht nur ein Gesetz im Verfassungsrang, sondern auch eine völkerrechtliche Verpflichtung. Ein Blick in die Haager Konventionen definiert den Begriff der Unparteilichkeit von dauerhaft neutralen Staaten. Offene Sympathiebezeugungen für kriegsführende Drittstaaten werden dabei eindeutig ausgeschlossen und als eine Zuwiderhandlung dauerhafter, staatlicher Neutralität angesehen.

 

Abkommen betreffend die Rechte und Pflichten der neutralen Mächte im Falle eines Seekriegs

 

(..) in der Erwägung, dass es eine anerkannte Pflicht der neutralen Mächte ist, die von ihnen angenommenen Regeln auf die einzelnen Kriegführenden unparteiisch anzuwenden[1]

 

Waffenlieferungen in ein kriegführendes Land dürfen nicht durch Österreich führen. Ebenso haben Truppen von Kriegsparteien nichts auf österreichischem Boden verloren. Truppenbewegungen und Waffenlieferungen im Zusammenhang mit dem Ukrainekonflikt dürfen demnach keinesfalls über österreichisches Staatsgebiet führen.

 

V. Übereinkommen der II. Haager Friedenskonferenz

 

Erstes Kapitel.

Rechte und Pflichten der neutralen Mächte.

 

Artikel 1.

Das Gebiet der neutralen Mächte ist unverletzlich.

 

Artikel 2.

Es ist den Kriegführenden untersagt, Truppen oder Munitions- oder Verpflegskolonnen durch das Gebiet einer neutralen Macht durchzuführen.[2]

 

 

Zurecht sprechen Politinsider und Verfassungsexperten von einem Skandal sondergleichen in Bezug auf den Transport von amerikanischen Panzerhaubitzen M109 aus italienischen Militärbeständen, welche über das neutrale Territorium Österreichs an die Ukraine geliefert wurden.

 

Nach den Bestimmungen des Kriegsmaterialgesetzes handelt es sich bei Panzerhaubitzen M109 eindeutig um Kriegsmaterial im Sinne § 2.

 

Gemäß § 3 Abs. 1 Z. 2 Kriegsmaterialgesetz müsste eine Durchfuhrbewilligung vom Bundesminister für Inneres im Einvernehmen mit dem Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten nach Anhörung der Bundesministerin für Landesverteidigung erteilt werden, wobei darauf Bedacht zu nehmen ist, dass die Durchfuhr nicht in ein Gebiet erfolgen soll, in dem ein bewaffneter Konflikt herrscht. Eine entsprechende Durchfuhrbewilligung wurde offenbar weder beantragt noch erteilt – und sie hätte auch gar nicht erteilt werden dürfen.

 

Allem Anschein nach schafft es die österreichische Bundesregierung nicht, die Neutralität Österreichs aufrecht zu erhalten und gegenüber den benachbarten NATO-Staaten durchzusetzen.

 

Der Innenminister ist in diesem Fall auch dafür verantwortlich, dass die staatliche Souveränität Österreichs aufrechterhalten wird und die Neutralität gewahrt bleibt.

 

 

In diesem Zusammenhang richtet der Abgeordnete an den Bundesminister für Inneres nachstehende

 

Anfrage

 

1.    Seit wann haben Sie Kenntnis, dass ausländisches Kriegsmaterial (Panzerhaubitzen M109) aus italienischen Armebeständen über das neutrale Österreich transportiert werden sollte?

2.    Wann fand die Durchfuhr der Panzerhaubitzen M109 aus Italien über Österreich statt?

3.    Über welche genaue Route führte dieser Transport von Kriegsmaterial?

4.    Wann haben Sie die italienische Botschaft in Wien darauf hingewiesen, dass für eine Durchfuhr von Kriegsmaterial, welches für die Ukraine bestimmt ist, eine Durchfuhrbewilligung nach dem Kriegsmaterialgesetz erforderlich ist?

5.    Was war die Reaktion der Italienischen Botschaft auf diese Mitteilung?

6.    Hätte diese Durchfuhr von Kriegsmaterial mit dem Ziel Ukraine eine Bewilligung nach dem Kriegsmaterialgesetz erfordert?

7.    Hätten Sie im Falle einer Beantragung eine Durchfuhrbewilligung erteilt?

8.    Haben Sie seit dem 24.02.2022 Durchfuhrbewilligungen für Kriegsmaterial erteilt?

a.    Wenn ja, welche genau (wann, welches Kriegsmaterial von welchem Land wohin)?

9.    Haben Sie seit dem 24.02.2022 Durchfuhrbewilligungen für Kriegsmaterial abgeleht?

a.    Wenn ja, wann und welche genau (welches Kriegsmaterial von welchem Land wohin)?

b.    Wenn nein, warum nicht?

10. Von welchen bewilligungspflichtigen Durchfuhren, welche aber dennoch ohne Durchfuhrbewilligung durchgeführt wurden, haben Sie seit dem 24.02.2022 Kenntnis erlangt (Anzahl der Durchfuhren; Art und Menge des Kriegsmaterials soweit bekannt; von welchem Land wohin)?

11. Befindet sich Kriegsmaterial aus Italien zum Zeitpunkt der Anfragestellung noch auf österreichischem Territorium?

12. Warum wurden dieser Transport der M109 Panzerhaubitzen und die damit einhergehende Verletzung österreichischer Souveränität nicht durch das BMI verhindert?

13. Welche Konsequenzen werden Sie aus diesem Rechtsbruch ziehen?

14. Welche rechtlichen Folgen hat die unerlaubte Durchfuhr von Kriegsmaterial?

15. Haben Sie bereits oder werden Sie rechtliche Schritte aufgrund des eingangs geschilderten Vorfalles einleiten?

a.    Wenn ja, welche?

b.    Wenn nein, warum nicht?



[1] XIII. Abkommen der Haager Friedenskonferenz von 1907- Abkommen betreffend die Rechte und Pflichten

der neutralen Mächte im Falle eines Seekriegs, in: https://www.fedlex.admin.ch/eli/cc/26/793_530_775/de (abgerufen, am 20.04.23)

[2] Übereinkommen vom 18. Oktober 1907, betreffend die Rechte und Pflichten der neutralen Mächte und Personen im Falle eines Landkrieges. (V. Übereinkommen der II. Haager Friedenskonferenz.), in: https://www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassung.wxe?Abfrage=Bundesnormen&Gesetzesnummer=10000016 (abgerufen, am 20.04.23)