Eingelangt am 26.04.2023
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Anfrage
der Abgeordneten Dr.
Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen
an den Bundesminister
für Inneres
betreffend
Unterstützungsmaßnahmen für private Quartiergeber:innen von
Ukrainer:innen
Seit Beginn des Angriffskriegs der Russischen
Föderation gegen die Ukraine sind nach Angaben des UNHCR 8,1 Millionen
Menschen aus der Ukraine geflüchtet. Rund 4,9 Millionen Menschen haben in
der EU einen temporären Schutzstatus nach der Richtlinie 2001/55/EG
erhalten (Stand März 2023).1 Rund 90.000 Ukrainer:innen
haben in Österreich Zuflucht genommen. Doch wie geht es ihnen?
Die Anzahl an Ukrainer:innen, die in
Österreich Grundversorgung beziehen, liegt seit einigen Monaten stabil auf
rund 50.000 Personen. Auch die Anzahl an täglichen Ankünften von
Geflüchteten aus der Ukraine ist deutlich zurückgegangen. Dennoch
wird die Situation vieler, die in Österreich Zuflucht gesucht haben,
immer prekärer. Die Grundversorgung reicht kaum aus, um den Alltag zu
bestreiten und die Inflation verschärft die Situation. Hilfsorganisationen
berichten vom teils dramatischen Rückgang an Spenden.
Anders als bei Asylwerber:innen ist
ein Großteil der Ukrainer:innen in privaten Unterkünften
untergebracht, welche die Zivilgesellschaft unmittelbar nach Kriegsbeginn zur
Verfügung gestellt hat - größtenteils auf eigene
Kosten. Anfangs waren rund 90% der Ukrainer:innen in privaten Unterkünften
untergebracht. Doch diese werden immer weniger. Insbesondere aufgrund
der Inflation und der gestiegenen Energiekosten können es sich private
Quartiergeber:innen mangels Unterstützung von staatlicher Seite oft nicht
mehr leisten, Ukrainer:innen unterzubringen. Aus diesem Grund müssen
Ukrainer:innen mehr und mehr versuchen, auf organisierte Unterkünfte
zurückgreifen - wo schon Platznot besteht. Mit Stand Januar waren in
Wien nur mehr 70% der Ukrainer:innen privat untergebracht, österreichweit
waren es lediglich 57%.2
Damit verhindert werden kann, dass private
Quartiergeber:innen ihre Hilfeleistung einstellen, sind, ab einer Mindestdauer
der Bereitstellung der
Unterkunft, Unterstützungsmaßnahmen erforderlich,
beispielsweise in Form steuerlicher Absetzbeträge, um auch eine
langfristige Entlastung zu schaffen. Das haben wir NEOS per
Antrag bereits im Oktober 2022 gefordert.3 Doch die
von den Regierungsparteien nach dem Versprechen eines
"Teuerungsausgleichs" von Innenminister Karner
veranlasste Maßnahme wurde erst im Januar präsentiert und
konnte nicht einmal den Schein wahren, eine nachhaltige Unterstützung
für privater Quartiergeber:innen zu bieten: Es soll nur eine
rückwirkende Zahlung für die Monate Oktober 2022 bis März 2023
erfolgen - diese in einer geringen Höhe und vor allem in Form von
Gutscheinen.4 Dass diese zu geringe Maßnahme ausreichen
wird, um die Quartiergeber:innen zu halten, ist stark zu bezweifeln. Laut
des Sprechers für Asylpolitik der Grünen, Georg
Bürstmayr, soll es aufgrund der Teuerung noch weitere
Entlastungsmaßnahmen geben - eine "Schablone" existiere
bereits.5
Generell zeichneten sich im letzten Jahr einige
Missstände im Umgang mit Ukrainer:innen bzw. Schutzsuchenden aus der
Ukraine mit einem temporären Aufenthaltsrecht ab: langsame
Registrierungen, verspätete Auszahlungen der Grundversorgung, einen durch
die Notwendigkeit der Beschäftigungsbewilligung bürokratischen Zugang
zum Arbeitsmarkt - um nur ein paar Beispiele zu nennen. Mit Blick in die
Zukunft stellt sich nun ebenfalls die Frage nach den (Bleibe-)Perspektiven
für Ukrainer:innen nach Ablauf des temporären Schutzstatus nach
der Richtlinie 2001/55/EG.
- https://data.unhcr.org/en/situations/ukraine
- https://www.wienerzeitung.at/nachrichten/politik/oesterreich/2174795-57-Prozent-der-Fluechtlinge-wohnen-privat.html
- https://www.parlament.gv.at/gegenstand/XXVII/A/2879
- https://www.ris.bka.gv.at/Dokumente/BgblAuth/BGBLA_2023_I_28/BGBLA_2023_I_28.html
- https://kurier.at/politik/inland/asyl-quartiergeber-bekommen-teuerungsausgleich/402315824
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher
folgende
Anfrage:
- Wurde der "Teuerungsausgleich"
für private Quartiergeber:innen bereits ausgezahlt?
- Wenn ja, inwiefern wann?
- Wenn und wo nicht, warum jeweils?
- Wenn und wo nicht, was haben Sie bzw. in
Ihrem Ressort dagegen wann getan?
- Welche Gespräche laufen zwischen der
Bundes- und Landesebene hinsichtlich der Abwicklung der
Auszahlungen?
- Haben Sie bzw. Ihr Ministerium einen
Überblick, in welchen Bundesländer die Auszahlungen bereits
abgewickelt worden sind bzw. in welchen nicht?
i. Wenn ja, welche jeweils und aus welchen Gründen?
- Aus welchen Gründen wurde beschlossen,
den "Teuerungsausgleich" für private Quartiergeber:innen
vor allem in Form von Gutscheinen auszuzahlen?
- Wurde diese Maßnahme seitens der
Bundesländer oder seitens Ihres Ministeriums erwünscht?
- Aus welchen Gründen wurde beschlossen,
den "Teuerungsausgleich" für private Quartiergeber:innen zeitlich
auf sechs Monate zu befristen (und nicht z.B. auf die gesamte Zeit der
Unterbringung)?
- Wurde diese Maßnahme seitens der
Bundesländer oder seitens Ihres Ministeriums erwünscht?
- Wie viele der grundversorgten Ukrainer:innen
sind aktuell (Stichtag Zeitpunkt der Anfrage) in privaten Quartieren
untergebracht?
- Hat die Anzahl an privaten Quartieren seit
Inkrafttreten des Bundesgesetzes über einen befristeten
Kostenersatz des Bundes an die Länder für finanzielle
Aufwendungen als Teuerungsausgleich im Rahmen der
Grundversorgung zugenommen, abgenommen oder ist stabil
geblieben?
- Welche Zahlen liegen Ihnen bzw. Ihrem
Ministerium hierzu vor?
- Werden Ukrainer:innen bzw. Vertriebenen iSd
der Vertriebenen-VO nach wie vor bei Bedarf in Betreuungseinrichtungen des
Bundes untergebracht?
- Wenn ja, wie viele wurden im Jahr 2022 in
Betreuungseinrichtungen des Bundes untergebracht? Bitte um
Aufschlüsselung nach Monat und Einrichtung.
- Wenn ja, wie viele wurden im Jahr 2023 (bis
zum Zeitpunkt der Anfrage) in Betreuungseinrichtungen des Bundes
untergebracht? Bitte um Aufschlüsselung nach Monat und
Einrichtung.
- Wie viele Quartiere von Privatpersonen
("Nachbarschaftsquartiere") wurden im Jahr 2022 an die BBU
gemeldet? Bitte um Aufschlüsselung nach Monat.
- Wie viele davon wurden jeweils an die
Bundesländer weitergemeldet?
- Wie viele Quartiere von Privatpersonen
("Nachbarschaftsquartiere) wurden im Jahr 2023 (bis zum Zeitpunkt der
Anfrage) an die BBU gemeldet? Bitte um Aufschlüsselung nach
Monat.
- Wie viele davon wurden jeweils an die
Bundesländer weitergemeldet?
- Welche weiteren Maßnahmen zur
Unterstützung von privaten Quartiergeber:innen sind seit wann in
Planung?
- Was beinhaltet die "Schablone"
für die zusätzlichen Entlastungsmaßnahmen
konkret?
- Wird eine Unterstützung in Form eines
steuerlichen Absetzbetrags in Erwägung gezogen?
i. Wenn nein, warum nicht?
- Welche Gespräche laufen aktuell
zwischen der Bundes- und Landesebene?
- Welcher Zeitrahmen ist für diese
Maßnahmen angedacht?
- Sollten noch keine weiteren Maßnahmen
in Planung sein: warum nicht?
- Welche Bleibe- bzw. Aufenthaltsoption ziehen
Sie bzw. zieht Ihr Ressort in Erwägung, um Ukrainer:innen in
Österreich weiterhin Schutz zu gewähren, sollte der russische
Angriffskrieg gegen die Ukraine nach Außerkrafttreten der
Vertriebenen-VO noch andauern?
- Welche Bleibe- bzw. Aufenthaltsoption planen
Sie bzw. plant Ihr Ressort daher, um Ukrainer:innen in Österreich
weiterhin Schutz zu gewähren, sollte der russische Angriffskrieg
gegen die Ukraine nach Außerkrafttreten der Vertriebenen-VO noch
andauern?
- Welche Gespräche laufen hinsichtlich
der Bleibe- bzw. Aufenthaltsoptionen für Ukrainer:innen in der EU,
sollte der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine nach
Außerkrafttreten des Beschlusses zur Umsetzung der Richtlinie 2001/55/EG noch andauern?
- Auf europäischer Ebene wann, in
welchen Gremien und Teilnehmer:innen?
i. Welche Position haben Sie bzw. wer aus Ihrem Ressort dort jeweils
vertreten?
- Auf nationaler Ebene wann, in welchen
Gremien und Teilnehmer:innen?
i. Welche Position haben Sie bzw. wer aus Ihrem Ressort dort jeweils
vertreten?