14874/J XXVII. GP

Eingelangt am 27.04.2023
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

 

der Abgeordneten Mario Lindner, Genossinnen und Genossen,

an den Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft

 

betreffend katastrophale Arbeitsbedingungen für Paketbot*innen

 

Vor wenigen Wochen veröffentlichte die Tageszeitung Der Standard einen erschreckenden Bericht über die Arbeitsbedingungen für Paketbot*innen am DPD Standort in Kalsdorf bei Graz: „Arbeitstage von bis zu 17 Stunden, Stundenlöhne von sechs Euro: Dokumente deuten auf höchst fragwürdige Arbeitsbedingungen im DPD-Verteilerzentrum hin. DPD wisse um die Bedingungen, behaupten Eingeweihte.“

Die Recherche des Standard zeigte auf Basis zugespielter Dokumente eine katastrophale Situation. Stunden- und Fahrtenlisten, Arbeitsverträge, Lohnzettel und Interviews mit betroffenen Arbeitnehmer*innen des Logistikzentrum Kalsdorf bei Graz (Depot 0628) machten auf katastrophale Arbeitsbedingungen aufmerksam. Zahlreiche Indizien und internationale Vergleichsrecherchen lassen dabei vermuten, dass der Betreiber DPD um die Arbeitszustände im Logistikzentrum wusste. DPD ist dabei Marktführer im Bereich der Paketzustellung und hält in Österreich einen Marktanteil von knapp 19 Prozent – allein 2022 lieferte DPD in Österreich 66 Millionen Pakete aus. Zu den Bedingungen der Angestellten in den immer wieder wechselnden Subunternehmen berichtet der Standard aus dem Interview mit einem Arbeitnehmer: „Seine Arbeit beginne im Depot, dort scanne er Pakete und sortiere sie anschließend in seinen Lieferwagen ein. Erst gegen acht verlasse er das Gelände. An guten Tagen seien es 100 Stopps, an schlechten Tagen 200 Stopps und bis zu 350 Pakete. Seine zwei Sandwiches isst er während der Fahrt, seine Toilette ist der Straßenrand. Zeit für Pausen habe er nicht – auch wenn er laut Arbeitsvertrag dazu verpflichtet sei, sich an Lenkzeiten, Lenkpausen und Ruhezeiten zu halten. Stelle er ein Paket falsch oder zu spät zu oder halte er sein Auto nicht sauber, zahle er bis zu 50 Euro Strafe. Ein entsprechender Strafenkatalog findet sich in seinem Arbeitsvertrag, der dem STANDARD vorliegt.“

Gerade die Firmenkonstruktionen mit verschiedensten Subunternehmen sind aus Sicht von Arbeitnehmervertreter*innen ein massives Problem, wenn es um die Einhaltung der Rechte von Angestellten geht. Es brauche, so betont die Gewerkschaft vida angesichts dieses Falles, stärkere Kontrollen und neue Maßnahmen, wie beispielsweise elektronische Fahrer*innen-Karten, die eine leichte Nachvollziehbarkeit der Dienstzeit gewährleisten können.

Angesichts dieser Berichte stellt sich die Frage, wie die zuständigen Mitglieder der Bundesregierung auf derart katastrophale Zustände am Arbeitsmarkt reagieren und künftig bessere Kontrollen und andere Maßnahmen zur Sicherung der Arbeitsbedingungen im Bereich von Paketzustellern sicherstellen wollen.

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

 

 

Anfrage:

 

1.    Welche konkreten Schlüsse zieht Ihr Ressort aus dem zitierten Bericht und den Veröffentlichungen hinsichtlich der Arbeitsbedingungen am DPD-Standort Kalsdorf bei Graz?

2.    Wie genau funktioniert die Kontrolle arbeitsrechtlicher Vorgaben durch Ihr Ressort und die dort angesiedelte Rundfunk- und Telekom Regulierungs-GmbH (RTR), an die gem. dem Österreichischen Postmarktgesetz alle Postdienstleister Statistiken unter anderem über Sendungsmengen, Aufgabezeitpunkt und Zustellzeitpunkt, Beschäftigte und ihre Subunternehmer zu melden haben?

a.    Wie genau ist dahingehend auch der Austausch mit dem Bundesministerium für Arbeit und Wirtschaft geregelt?

3.    Welche konkreten Wahrnehmungen hat Ihr Ressort hinsichtlich der Arbeitssituation von Paketbot*innen, insbesondere im gegebenen Fall, durch die Tätigkeit der Finanzpolizei, sowie im Rahmen der „Gemeinsamen Prüfung lohnabhängiger Abgaben“?

4.    Hat der gegenständliche Bericht für das Ressort einen Anlass geboten hat, mit dem BMSGPK bzw. dem BMAW hinsichtlich der Arbeitssituation von Paketbot*innen verstärkt Informationen auszutauschen und an gemeinsamen politischen Maßnahmen zu arbeiten?

a.    Wenn ja, welche konkreten Maßnahmen werden wann umgesetzt?

b.    Wenn nein, warum sehen Sie dazu angesichts dieser Berichte keine Notwendigkeit?

5.    Werden auf Basis dieser Meldungen in Verdachtsfällen über gesetzeswidrige Arbeitsbedingungen insbesondere verstärkte Kontrollen oder andere Maßnahmen gesetzt?

a.    Wenn ja, welche?

b.    Wenn nein, warum wird davon abgesehen?

6.    Sind seitens Ihres Ressorts weitere Maßnahmen zur Verbesserung des Arbeitnehmer*innenschutzes in diesem Bereich, zum Beispiel die verpflichtende Einführung von Fahrerkarten zur Kontrolle der geleisteten Arbeitszeit durch eine Novellierung des PTR, geplant?

a.    Wenn ja, welche konkreten Maßnahmen sind wann geplant?

b.    Wenn nein, warum sehen Sie dazu keine Notwendigkeit?