14876/J XXVII. GP
Eingelangt am 27.04.2023
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Anfrage
der Abgeordneten Julia Herr,
Genossinnen und Genossen
an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft
betreffend: Unterstützung von klimafitten Wäldern und Schutzwäldern
Im Dezember 2022 veröffentlichte der Rechnungshof einen Bericht zum „Wald im Klimawandel“.[1] Prüfungsziel war „die Erhebung und Beurteilung der Situation des Waldes in Österreichs angesichts des Klimawandels, der waldspezifischen Strategien und Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel und zum Klimaschutz sowie der für den Forstbereich gewährten Förderungen.“[2]
Das Ergebnis ist mitunter erschreckend. So besteht bei 2,72 Millionen Hektar Waldfläche ein Verjüngungsbedarf.[3] Bei 59% davon fehlte die notwendige Verjüngung! Nur 49% der Schutzwaldfläche wurde vom Rechnungshof als „stabil“ bewertet. Auf 51% der Schutzwaldfläche sind Sanierungsmaßnahmen nötig, um die Schutzfunktion zu erhalten. Ganze 34% des Schutzwaldes befinden sich in der Terminal- bzw. Zerfallsphase. Das sind die letzten zwei Phasen der Waldentwicklung, bevor es zu einer Lücke im Wald kommt. Entsprechend sind auf zwei Drittel aller Schutzwaldflächen, sowohl jener im Ertrag als auch jener außer Ertrag, Verjüngungsmaßnahmen erforderlich.
Als großes Problem der Waldverjüngung attestiert der Rechnungshofbericht Schäden durch Wild. Ursachen dafür sind unter anderem die „zu hohe Schalenwilddichte, Fehler bei der Wildbewirtschaftung (Fütterung, Bejagung) sowie die Einschränkung des Lebensraumes des Wildes“.[4] Ergebnis ist, dass die Tanne in 47% und die Eiche in 65% der Bezirke ihres Vorkommens nicht oder kaum über 1,30 m Höhe hinaus entwickeln konnten. Zu diesem Ergebnis kommt auch der Wildschadensbericht 2021 aus Ihrem Ministerium. Er attestiert eine Verschlechterung der Schadenssituation durch Wildverbiss und einen Anstieg bei verjüngungsnotwendigen Waldflächen sowohl beim Wirtschaftswald als auch beim Schutzwald.[5] Die Stadt Wien zeigt im Lainzer Tiergarten vor, was getan werden muss: Die Zahl des Wildes wurde um zwei Drittel reduziert, die Trophäenjagd beendet und beim Anwachsen der Jungbäume sind Erfolge zu vermelden.[6]
Der Rechnungshof stellt für Österreichs Wälder auch einen hohen Nutzungsgrad fest: „Dabei lag Der Nutzungsgrad im Kleinwald (unter 200 ha) bei 85%, im Großwald (über 200 ha) bei 100% und bei der Österreichischen Bundesforste AG bei 76%“.[7] Zusätzlich stiegen durch den Borkenkäfer die Schadholzmengen. Auswirkung hat dies auch auf die Netto-Kohlenstoffaufnahme des Waldes, welche seit 2003 zurück geht.[8] Dabei gibt es regionale Unterschiede, so sind Wälder in den östlichen Tieflagen und inneralpinen Beckenlagen besonders gefährdet, während in den alpinen Gebieten gar verbesserte Wachstumsbedingungen und ein Anstieg der Waldgrenze festzustellen sind.
Betreffend Österreichs Waldstrategien und Verpflichtungen stellt der Rechnungshof fest, dass großer Handlungsbedarf besteht. So wurden nur 10 der 32 Sollvorgaben im Handlungsfeld „Biologische Vielfalt in Österreichs Wäldern“ der Österreichischen Waldstrategie 2020+ erreicht.[9] Kritisiert wird hier beispielsweise, dass der Anteil seltener heimischer Baumarten (wie Zirbe, Schwarzkiefer und Esche) zurück ging.
Kritikpunkte findet der Rechnungshof auch bei der Förderung von Wäldern. Beispielsweise wurden beim österreichischen Programm für Ländliche Entwicklung 2014-2020 die Mittel für die Verbesserung der Lebensfähigkeit von Wäldern um 18,19 Millionen Euro zurückgenommen, jedoch die Mittel für Studien, Öffentlichkeitsarbeit und Bewusstseinsbildung um 28,66 Millionen Euro auf das Zehnfache aufgestockt.[10] Von den Schutzwald-bezogenen Förderungen ging wiederum fast die Hälfte in Forststraßen.[11]
Zusammengefasst lässt sich sagen: Der Rechnungshofbericht zeigt enormen Handlungsbedarf für Schutzwälder und klimafitte Wälder auf.
Die unterzeichnenden Abgeordneten stellen daher folgende
Anfrage
1. Welche Schritte haben Sie unternommen, um die im Rechnungshofbericht „Wald im Klimawandel“ angeführten Problemfelder zu beheben?
2. Planen sie Gesetzesänderungen, um das Ziel den Wald klimafitter zu machen zu erreichen?
a) Wenn ja, welche
b) Wenn nein, warum nicht?
3. Welche Schritte haben Sie unternommen, um die im Wildschadensbericht angeführten Problemfelder zu beheben?
4. Planen Sie Gesetzesänderungen, um die langjährig bekannten Probleme, die im Wildschadensbericht aufgelistet sind, zu lösen?
a) Wenn ja, welche?
b) Wenn nein, warum nicht?
5. Welche Schritte setzen Sie, um die Situation von Schutzwäldern in Ertrag zu verbessern?
a. Wie viele finanzielle Mittel sind dafür zur Verfügung gestellt?
b. Welche Maßnahmen zur Bewusstseinsbildung unter WaldbesitzerInnen setzen Sie?
c. Haben Sie diesbezüglich konkrete Ziele gesetzt und wie sehen diese aus?
6. Welche Schritte setzen Sie, um die Situation von Schutzwäldern außer Ertrag zu verbessern?
a. Wie viele finanzielle Mittel sind dafür zur Verfügung gestellt?
b. Welche Maßnahmen zur Bewusstseinsbildung unter WaldbesitzerInnen setzen Sie?
c. Haben Sie diesbezüglich konkrete Ziele gesetzt und wie sehen diese aus?
7. Welche Schritte setzen Sie, um die Verjüngung Österreichischer Wälder zu verstärken?
a. Wie viele finanzielle Mittel sind dafür zur Verfügung gestellt?
b. Welche Maßnahmen zur Bewusstseinsbildung unter WaldbesitzerInnen setzen Sie?
c. Haben Sie diesbezüglich konkrete Ziele gesetzt und wie sehen diese aus?
8. Welche Schritte setzen Sie, um Schäden an Verjüngungsmaßnahmen durch Wild zu reduzieren?
a. Welche genauen Maßnahmen werden durch Ihr Ministerium gefördert? (Angabe wie u.a. Zäune etc)
b. Wie viele finanzielle Mittel sind dafür zur Verfügung gestellt?
c. Welche Maßnahmen zur Bewusstseinsbildung unter WaldbesitzerInnen setzen Sie?
d. Haben Sie diesbezüglich konkrete Ziele gesetzt und wie sehen diese aus?
9. Welche Schritte setzen Sie, um Österreichs Wälder klimafit zu machen?
a. Wie viele finanzielle Mittel sind dafür zur Verfügung gestellt?
b. Welche Maßnahmen zur Bewusstseinsbildung unter WaldbesitzerInnen setzen Sie?
c. Haben Sie diesbezüglich konkrete Ziele gesetzt und wie sehen diese aus?
10. Welche Schritte setzen Sie, um die zurückgehende Netto-Kohlenstoffaufnahme des Waldes wieder in eine positive Entwicklung umzukehren?
a. Wie viele finanzielle Mittel sind dafür zur Verfügung gestellt?
b. Welche Maßnahmen zur Bewusstseinsbildung unter WaldbesitzerInnen setzen Sie?
c. Haben Sie diesbezüglich konkrete Ziele gesetzt und wie sehen diese aus?
11. Welche Schritte setzen Sie, um das Potenzial Österreichs Wälder als CO2-Speicher im Kampf gegen die Klimakrise zu nutzen?
a. Wie viele finanzielle Mittel sind dafür zur Verfügung gestellt?
b. Welche Maßnahmen zur Bewusstseinsbildung unter WaldbesitzerInnen setzen Sie?
c. Haben Sie diesbezüglich konkrete Ziele gesetzt und wie sehen diese aus?
12. Planen Sie Schritte, WaldbesitzerInnen künftig ausschließlich zu fördern, wenn deren Wälder klimafit sind oder die zu fördernde Maßnahme dem Ziel klimafitter Wälder dient?
a. Wenn ja, wann ist mit diesen zu rechnen?
b. Wenn nein, warum nicht?
13. Ein Beispiel für unzureichend klimafitte Wälder in Österreich sind Fichten unterhalb von 500 Höhenmetern. Dort ist bzw. wird es in den nächsten Jahren zu heiß und trocken werden für diese Baumart. Planen Sie Wälder unterhalb von 500 Höhenmetern mit Fichten künftig von Förderungen auszuschließen oder beispielsweise diese an besondere Bedingungen (u.a. Verjüngungsmaßnahmen ohne Fichten) zu knüpfen?
a. Wenn ja, wann soll dies erfolgen?
b. Wenn nein, warum nicht?
14. Planen Sie bei Förderungen andere Vorgaben betreffend nicht standortgemäßer Baumarten auf Waldflächen?
a. Wenn ja, welche Vorgaben planen Sie?
b. Wenn nein, warum nicht?
15. Planen Sie bei Förderungen Vorgaben betreffend Verjüngungsmaßnahmen?
a. Wenn ja, welche Vorgaben planen Sie?
b. Wenn nein, warum nicht?
16. Planen Sie bei Förderungen Vorgaben betreffend standortgerechte Artenvielfalt auf Waldflächen?
a. Wenn ja, welche Vorgaben planen Sie?
b. Wenn nein, warum nicht?
17. Welches Konzept haben Sie, um Österreichs Wälder klimafit zu machen und so auch für die nächsten Generationen zu erhalten?
18. Bei der Österreichischen Waldstrategie 2020+ zeigt sich im Handlungsfeld „Ökologische Vielfalt in Österreichs Wäldern“, dass folgende Sollvorgaben nicht erreicht wurden.[12] Welche Schritte setzen Sie für die folgenden Punkte, um diese jeweils zum Positiven zu verändern?
a. Flächenanteil seltener heimischer Baumarten (wie Zirbe, Schwarzkiefer, Esche) geht zurück
b. Steigender Waldflächenanteil mit nicht vorhandener Verjüngung bei bestehender Verjüngungsnotwendigkeit
c. Keine Verringerung der Schäl-, Verbiss- und Waldweideschäden bei Schutzwald im Ertrag
d. Keine Abdeckung aller Waldgesellschaften Österreichs auf einer Fläche von rund 10.000 Hektar bis 2020
19. Im Handlungsfeld „Beitrag der Österreichischen Wälder zum Klimaschutz“ sind folgende Sollvorgaben nicht erreicht worden.[13] Welche Schritte setzen Sie für die folgenden Punkte, um diese jeweils zum Positiven zu verändern?
a. Flächenabnahme älterer Wälder (über 100 Jahre) im Ertragswald
b. Gesamtstammzahl von über 50 cm Durchmesser bei 2,4 statt 2,5 Prozent
[1] https://www.rechnungshof.gv.at/rh/home/home/Wald_im_Klimawandel_2022_37.pdf
[2] Ebd., Seite 9
[3] Ebd., Seite 10
[4] Ebd., Seite 10
[5] https://info.bml.gv.at/themen/wald/wald-in-oesterreich/wald-wild-und-jagd/Wildschadensbericht/wildschadensbericht-2021.html
[6] https://www.wien.gv.at/umwelt/wald/erholung/lainzertiergarten/lebensraum/wildtiermanagement.html
[7] https://www.rechnungshof.gv.at/rh/home/home/Wald_im_Klimawandel_2022_37.pdf, Seite 11
[8] Ebd., Seite 12
[9] Ebd., Seite 12
[10] Ebd., Seite 13
[11] Ebd., Seite 14
[12] https://www.rechnungshof.gv.at/rh/home/home/Wald_im_Klimawandel_2022_37.pdf, Seite 67
[13] Ebd., Seite 68