14941/J XXVII. GP

Eingelangt am 27.04.2023
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Anfrage

der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen

an den Bundesminister für Finanzen

betreffend Folgeanfrage: Illegales Online Glücksspiel - Fiskalische Interessen vs. geltende Rechtslage

 

Da die Judikatur des EuGH der Volksgesundheit (und damit dem Spielerschutz) den Vorrang vor der Dienstleistungsfreiheit gibt, wird im Glücksspielbereich ein staatliches Monopol - wie in Österreich - als unionsrechtskonform angesehen. Praktisch bedeutet dies, dass lediglich der Casinos Austria Ableger win2day legal Online-Glücksspiel anbieten darf. Alle anderen Anbieter greifen folglich durch das Anbieten der Online-Glücksspiele in das staatliche Glücksspielmonopol ein und agieren somit illegal auf dem österreichischen Online-Glücksspiel-Markt. Das hat die vom Obersten Gerichtshof bestätigte Folge, dass diese die über illegale Anbieter stattfindende Spiele auf einem unerlaubten und damit unwirksamen Vertrag bestehen und somit verspielte Einsätze von Betroffenen eingeklagt und von den Glücksspiel-Anbietern zurückgezahlt werden müssen. In der Praxis ist es aber oft nicht so einfach, diese Einsätze auch tatsächlich wieder zurückzubekommen (1).

Gerade während der Covid-Pandemie boomte das Online Glücksspiel - auch das illegale. Im Jahre 2020 brachen die Spiel- und Wetteinsätze der terrestrischen Anbieter um 23,7 Prozent ein. Im Gegenzug legte das Online-Glücksspiel zu (2020: plus 7,4 Prozent, 2021 sogar plus 19 Prozent). Ausgerechnet jene Personen, die bereits vor der Pandemie ein problematisches Verhalten an den Tag gelegt hatten, waren während der Covid-Jahre besonders anfällig für das Online-Glücksspiel - mit entsprechend katastrophalen finanziellen und psychischen Folgen. Die Spielsüchtigen werden zudem immer jünger. Im Jahre 2021 hatten mehr als die Hälfte (55 Prozent) der erstmalig behandelten Spielsüchtigen bereits vor dem 18. Lebensjahr zu spielen begonnen. Daran verdienen nicht nur die illegalen Online-Anbieter gut: mit rund 370 Mio. EUR trug Online-Gaming rund 20 Prozent zu allen Spiel-und Wetterträgen (brutto) im Jahr 2021 bei (2).

Der Finanzminister schneidet bei diesen Einnahmen mit: So berichtete unter anderem das Nachrichtenmagazin "Profil" am 18.1.2018 von den Steuereinnahmen des BMF, welche von Anbietern illegalen Online-Glücksspiels erbracht werden. Diese werden, so die Stellungnahme des BMF im Profil, vom Finanzministerium regelmäßig angeschrieben und aufgefordert, die Bemessungsgrundlage für ihre in Österreich erzielten Einkünfte anzugeben. Daraufhin erhalten sie, laut BMF, einen Bescheid über die zu zahlenden Abgaben, welche die meisten Anbieter auch bezahlen und zugleich Selbstanzeige erstatten, um Finanzstrafverfahren zu vermeiden. Das BMF bestätigt in einer Anfrage der NEOS 2020, dass man 2019 von mittlerweile 30 illegalen Online-Anbietern im EU-Ausland und Großbritannien Glücksspielabgaben in Höhe von 123,4 Mio. EUR eingenommen hatte. 2011 bekam man noch lediglich 8,4 Mio. EUR von 6 verschiedenen Anbietern (3). 

Wo bleiben aber die verwaltungsrechtlichen Strafen an die dem BMF bekannten illegalen Online-Glücksspielanbieter? Die Frage dazu von NEOS (https://www.parlament.gv.at/dokument/XXVII/J/1248/fnameorig_787206.html, Frage 12) beantworteten Sie nicht- der Verweis geht ins Leere (https://www.parlament.gv.at/dokument/XXVII/AB/1250/imfname_796401.pdf). Wissentliches Unterlassen der Anzeige von bekannten Rechtsverletzungen wäre aber Amtsmissbrauch. 

Und das BMF befindet sich hier ganz offensichtlich in einem Interessenskonflikt - was auch die Untätigkeit der Regierung bei einer im Grunde sehr leicht umzusetzenden Spielerschutz-Maßnahme erklären könnte: Würde man zu effektiv gegen das illegale Online-Glücksspiel in Österreich vorgehen - zum Beispiel durch IP-Blocking - würden Millionen an zusätzlichen Steuereuros wegfallen. Auch den Sportverbänden würden vermutlich Millionen an Sponsoring-Einnahmen entgehen, zählt die Wett-und Glücksspielbranche - auch die illegalen Online-Anbieter - zu den wichtigsten Sponsoringpartnern des Sports.

Der Vollzug bestehender Gesetze ist einzumahnen, Rechtsbruch nachzugehen und Spielerschutz zu gewährleisten. 

  1. https://www.derstandard.at/story/2000136153502/bekommt-man-bei-onlinecasinos-wirklich-seine-spielverluste-zurueck
  2. https://www.profil.at/oesterreich/online-casinos-der-illegale-boom-waehrend-der-corona-pandemie/402218370
  3. https://www.parlament.gv.at/gegenstand/XXVII/J/1248

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage:

 

  1. Welche Maßnahmen sind seitens des BMF im Hinblick auf illegales Online-Glücksspiel geplant und wann ist diesbezüglich mit einer Umsetzung zu rechnen?
  2. Welche Maßnahmen wurden zur Bekämpfung von illegalem Online-Glücksspiel bisher unternommen?
  3. Wie hoch waren die Steuereinnahmen aus dem illegalen Online-Glücksspiel im Zeitraum 2020-2023? Bitte um Aufschlüsselung nach Jahr, Rechtsgrundlage der Steuer/Abgabe, Anzahl der Steuersubjekte und Sitz der Steuersubjekte (sofern nicht in Österreich).
  4. Wie hoch waren die Steuereinnahmen aus dem legalen Online-Glücksspiel im Zeitraum 2020-2023? Bitte um Aufschlüsselung nach Jahr, Rechtsgrundlage der Steuer/Abgabe.
  5. Wie viele Online-Glücksspielanbieter stellen ihre Dienste dem österreichischen Markt illegal zur Verfügung und wie hoch wird deren Marktanteil geschätzt?
    1. Wie viele davon sind mit den österreichischen Steuerbehörden in Kontakt und zahlen regelmäßig Steuern und Abgaben?
  1. Nach welcher Grundlage wird der Betrag der zu zahlenden Steuern und Abgaben durch diese Anbieter berechnet?
  2. Wie kann das Finanzamt die Einkünfte der illegalen Betreiber:innen überprüfen oder werden diese lediglich geschätzt?
  3. Fällt die Tätigkeit der Online-Glücksspielanbieter in Österreich (ausgenommen win2day) unter einen Verwaltungsstraftatbestand der §§ 52 ff GSpG? 
  4. Gegenüber wie vielen Online-Glücksspielanbietern wurde im Zeitraum 2020-2023 ein Verwaltungsstrafverfahren geführt?
    1. Falls kein einziges Verwaltungsstrafverfahren geführt wurde, warum nicht?
  1. Wie viele Straferkenntnisse wurden gegen wie viele Online-Glücksspielanbieter im Zeitraum 2020-2023 ausgefertigt und wie hoch war die Summe der Strafzahlungen?
    1. Falls keine Straferkenntnisse ausgefertigt wurden, warum nicht?
  1. Wie viele Anzeigen gegen welche Online-Glücksspielanbieter wegen welcher Verwaltungsübertretung nach dem GSpG wurden seitens der Finanzbehörden im Zeitraum 2009-2023 wann getätigt? Bitte um Auflistung nach Verwaltungsstrafbestimmung des GSpG, Anzeiger, Angezeigte, Zeitpunkt. 
    1. Falls keine Anzeigen erstattet wurden, warum nicht?
  1. Wie viele Anzeigen wegen Verstößen der Online-Glücksspielanbieter gegen Bestimmungen des GSpG wurden von Dritten bei den Finanzbehörden im Zeitraum 2009-2023 erstattet?
  2. Wurde in Ihrem Ressort darüber diskutiert, § 52 (3) GSpG abzuschaffen, um die Subsidiarität der Anwendung der Strafbestimmung des § 168 StGB gegenüber der Verwaltungsstrafbestimmung des § 52 zu beenden? 
    1. Wenn ja, inwiefern wer wann mit welchem wann vorliegenden Ergebnis?
    2. Wenn ja, mit welchen Vertreter:innen anderen Ressorts, insb. des BMI oder BMJ?
    3. Wenn nein, warum nicht?