14942/J XXVII. GP

Eingelangt am 27.04.2023
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Anfrage

der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen

an den Bundesminister für Finanzen

betreffend Folgeanfrage 3: Angekündigte Reformen im Glücksspielwesen: Stand der Umsetzung

 

ÖVP und Grüne verständigten sich in ihrem gemeinsamen Regierungsprogramm 2020 auf umfassende Reformen im Glücksspielwesen (1). In einem Ministerratsvortrag (MRV) vom Februar 2021 (2) legten die Koalitionspartner einen Maßnahmenplan für eine umfassende Neuordnung des Glücksspiels in Österreich vor - darunter eine Kompetenz-Entflechtung, Stärkung von Spielerschutz und Behördenbefugnissen im Kampf gegen das illegale Glücksspiel sowie Anpassungen im Konzessionsbereich. Die operative Glücksspiel-Aufsicht soll anstatt wie bisher vom BMF in Zukunft von einer eigenen unabhängigen Glücksspiel-Aufsichtsbehörde, die Vergabe der Lizenzen und Konzession von einem richterlichen Konzessions-Senat erledigt werden.

Der Zeitplan für diese umfassend Glücksspiel-Reform wurde im MRV 2021 klar vorgegeben: das Gesetz solle bis Ende April 2021 in Begutachtung geschickt und bis Herbst 2021 parlamentarisch beschlossen werden. Zwei Jahre später fehlt von diesem Gesetz aber nach wie vor jede Spur (3). NEOS hat den Verbleib dieser Reform bereits mehrmals per parlamentarischer Anfrage erfragt - in den Antworten hielt man sich bedeckt, ob mit einer Umsetzung der im MRV 2021 aufgezählten Reformen vor Ende der Legislaturperiode noch zu rechnen ist (4 & 5).

Eine Reform des Glücksspielwesens wäre aber dringend vonnöten. Je länger diese ausbleibt, umso mehr ergibt sich das Bild, dass der MRV 2021 den alleinigen Sinn hatte, den damaligen Finanzminister Gernot Blümel gegen Kritik zu immunisieren.

Nun drängt auch die Zeit, denn für die 2027 anstehende Lizenzvergabe ist ehestens der Ausschreibungsprozess zu starten. Davor sollte der derzeitige massive Interessenskonflikt des BMF, das im Bereich Glücksspiel sowohl Casino-Eigentümer, Aufsicht und Lizenzvergeber, sowie zuständige Abgabenbehörde ist, endlich entschärft werden. Wie Sie im letzten Finanzausschuss ausführten, sollte dieses Verfahren auch aus Ihrer Sicht von einer unabhängigen Behörde durchgeführt werden. Aber dazu käme es laut Ihrer Einschätzung "leider nicht". Neben potentieller Korruption ist ein "Debakel" wie 2011 zu befürchten, als die Vergabe nachträglich vom Bundesverwaltungsgericht wieder aufgehoben wurde (Profil 01/2023 vom 8.1.2023).

Während die Umsetzung dieses angekündigten umfassenden Reformpakets seit mehr als 2 Jahren völlig stillsteht, setzten Sie nicht einmal die bereits gesetzlich verankerte Spielerschutz-Maßnahmen um. Eine dieser Maßnahmen wäre die Einführung eines österreichweiten Sperrdatenbank, über das sich Spielsüchtige freiwillig für Glücksspiellokale in ganz Österreich sperren lassen könnten. Bei der Umsetzung dieser bereits im Glücksspielgesetz 2010 vorgesehene Maßnahme sind die jeweils zuständigen Ministerien, nämlich Finanzministerium und Sozialminsterium, seit nahezu 12 Jahren säumig. Jedes verschleppte Jahr im Spielerschutz gefährdet aber die Existenzen von tausenden Betroffenen und ihrer Familien (eine Studie des Sozialministeriums geht von 64.000 spielsüchtigen Personen in Österreich aus - (6)). NEOS hat vor Kurzem erst den Stand der Umsetzung bei BMF und BMSGPK erfragt (7 & 8).

Schließlich hat die Regierung aber weitere nötige Änderungen ganz offensichtlich nicht am Radar. So ermöglicht § 28 Abs 2 GSpG in seiner derzeitigen Fassung Spielbankbetreiber:innen die Ausgabe sogenannter Sonderjetons. Der Gewinn aus dem Verkauf dieser Sonderjetons ist für Spielbankbetreiber:innen von der Spielbankabgabe befreit - das BMF gewährt damit den Glücksspielbetreiber:innen ein nicht unwesentliches Steuerzuckerl. Zu diesbezüglichen Anfragen der NEOS äußerte sich der ehemalige Finanzminister Gernot Blümel zurückhaltend, der jetzige Finanzminister Brunner einfach gar nicht mehr (9 & 5). Weniger zurückhaltend ist hingegen ein kundiger Beamter aus der Fachabteilung für Glücksspiel: "Sonderjetons stellen eine Steuerbegünstigung dar und sind kritisch zu sehen, da diese sachlich schwer zu begründen sind und verfassungsrechtliche Fragen im Hinblick auf den Gleichbehandlungsgrundsatz aufwerfen", weil es keine vergleichbaren Steuernachlässe für Betreiber:innen von Landesglücksspielautomaten gäbe. Der logische Schluss für den Beamten: "Die Fachabteilung spricht sich für eine Streichung der steuerlichen Sonderjeton-Regelung aus" (Profil, "Der 18-Millionen-Euro-Paragraph", 14.6.2020).

Quellen:

  1. https://www.bundeskanzleramt.gv.at/bundeskanzleramt/die-bundesregierung/regierungsdokumente.html
  2. https://www.bundeskanzleramt.gv.at/dam/jcr:e1e4a9c8-27c2-46e0-8a0a-15b800c2ec5f/49_13_mrv.pdf
  3. https://kurier.at/politik/inland/gluecksspiel-schon-wieder-droht-eine-tuerkis-gruene-reform-zu-scheitern/402253320
  4. https://www.parlament.gv.at/gegenstand/XXVII/J/8292?selectedStage=105
  5. https://www.parlament.gv.at/gegenstand/XXVII/J/12738?selectedStage=100
  6. https://www.sozialministerium.at/Themen/Gesundheit/Drogen-und-Sucht/Verhaltenss%C3%BCchte/Spielsucht/Pathologisches-Gl%C3%BCcksspiel/Erste-%C3%96sterreichische-Studie-zur-Pr%C3%A4vention-der-Gl%C3%BCcksspielsucht.html
  7. https://www.parlament.gv.at/gegenstand/XXVII/J/14552?selectedStage=100
  8. https://www.parlament.gv.at/gegenstand/XXVII/J/14551
  9. https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXVII/J/J_06311/index.shtml)

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage:

 

  1. In Ihrem Ministerratsvortrag vom Februar 2021 kündigte Ihr Vorgänger eine gesetzliche Neuordnung im Glücksspielbereich an. Das Maßnahmenpaket sollte bis Ende April 2021 in Begutachtung und bis Herbst 2021 parlamentarisch beschlossen werden. Diese Fristen wurden nicht eingehalten und bis heute warten wir auf das Gesetzespaket aus dem BMF.
    1. Es wurde angekündigt: "Neue finanzpolizeiliche Befugnisse zur effektiven Bekämpfung des illegalen Glücksspiels (Betriebsschließungen)"

                                          i.    Wann wurden welche Vorarbeiten für diese Maßnahme inwiefern geleistet?

                                        ii.    Für wann sind welche weiteren Maßnahmen geplant?

                                       iii.    Für wann ist die legistische Umsetzung geplant?

    1. Es wurde angekündigt: "Anbieterübergreifende Spieler-Sperrkartei (Sperrverbund)"

                                          i.    Wann wurden welche Vorarbeiten für diese Maßnahme inwiefern geleistet?

                                        ii.    Für wann sind welche weiteren Maßnahmen geplant?

                                       iii.    Für wann ist die legistische Umsetzung geplant?

    1. Es wurde angekündigt: "Regulierung des Online-Bereichs durch DNS-Blocking und Blacklist illegaler Anbieter"

                                          i.    Wann wurden welche Vorarbeiten für diese Maßnahme inwiefern geleistet?

                                        ii.    Für wann sind welche weiteren Maßnahmen geplant?

                                       iii.    Für wann ist die legistische Umsetzung geplant?

    1. Es wurde angekündigt: "Effektiver Jugendschutz durch Neuregulierung der Lootboxes"

                                          i.    Wann wurden welche Vorarbeiten für diese Maßnahme inwiefern geleistet?

                                        ii.    Für wann sind welche weiteren Maßnahmen geplant?

                                       iii.    Für wann ist die legistische Umsetzung geplant?

    1. Es wurde angekündigt: "Einschränkung des Automatenglücksspiels durch Beschränkung der Einsätze, maximalen Nettoverlust und –gewinn und Spieldauer"

                                          i.    Wann wurden welche Vorarbeiten für diese Maßnahme inwiefern geleistet?

                                        ii.    Für wann sind welche weiteren Maßnahmen geplant?

                                       iii.    Für wann ist die legistische Umsetzung geplant?

    1. Es wurde angekündigt: "Verschärfung der Einschränkungen für Glücksspiel-Werbung und Prüfung weiterer Schritte in Analogie zum Tabakgesetz"

                                          i.    Wann wurden welche Vorarbeiten für diese Maßnahme inwiefern geleistet?

                                        ii.    Für wann sind welche weiteren Maßnahmen geplant?

                                       iii.    Für wann ist die legistische Umsetzung geplant?

    1. Es wurde angekündigt: "Anpassung der Spielbank- und Glücksspielabgaben, sowie der Wettgebühren auf europäisches Niveau unter Sicherstellung einer anbieterunabhängigen Finanzierung der Spielsuchthilfe"

                                          i.    Wann wurden welche Vorarbeiten für diese Maßnahme inwiefern geleistet?

                                        ii.    Für wann sind welche weiteren Maßnahmen geplant?

                                       iii.    Für wann ist die logistische Umsetzung geplant?

    1. Es wurde angekündigt: "Doppelgleisigkeit bei der Strafbarkeit abschaffen (Verwaltungsstrafrecht, Justizstrafrecht)"

                                          i.    Wann wurden welche Vorarbeiten für diese Maßnahme inwiefern geleistet?

                                        ii.    Für wann sind welche weiteren Maßnahmen geplant?

                                       iii.    Für wann ist die logistische Umsetzung geplant?

  1. Wann ist mit der angekündigten Ausgliederung der Zuständigkeiten im Bereich der Aufsicht und Lizenzen an eine unabhängige, weisungsfreie und neu geschaffene Aufsichtsbehörde bzw. einem richterlichen Konzessionssenat zu rechnen?
    1. Wann soll die neu geschaffene Behörde ihre Arbeit operativ aufnehmen?
  1. Ist eine Aufwertung der Spielerschutzstelle im Rahmen der Reformpläne vorgesehen?
    1. Wenn ja: wie soll diese im Detail gestaltet sein?
    2. Wenn nein: warum nicht?
    3. Ist eine Ausgliederung der Spielerschutzstelle (ins Konsumentenschutzministerium) geplant?

                                          i.    Wenn ja, bis wann und welche konkreten Schritte wurden bis jetzt gesetzt?

                                        ii.    Wenn nein, warum nicht?

  1. Welche konkreten Verbesserungen im Bereich des Spielerschutzes sind für wann geplant (gemeint: nicht nur IP-Blocking illegaler Anbieter, sondern auch im Bereich des Spielangebots der Konzessionäre)?
    1. Inwieweit sind Vertreter:innen der Spielerschutz-Stabstelle im BMF in die Reformpläne eingebunden?
    2. Inwieweit sind welche Expert:innen aus dem Bereich Spielerschutz in die Reformpläne eingebunden?
  1. Ist eine Abschaffung der oben genannten steuerlichen Sonderjeton-Regelung geplant? 
    1. Wenn ja, bis wann inwiefern?
    2. Wenn nein, warum nicht?
  1. Welche Maßnahmen wurden nun endlich seit der Beantwortung der Anfrage im Februar 2020 ergriffen, um eine Sperrdatenbank einzurichten? Bitte um genaue Auflistung, wann jeweils welche Maßnahmen ergriffen wurden!
    1. Welche Maßnahmen werden Sie ergreifen, um eine solche Datenbank einzurichten?
    2. Wann soll eine solche Datenbank Ihrer Vorstellung nach eingerichtet sein?
  1. Sowohl die Lotteriekonzession, die Online-Gaming-Konzession, als auch die Lizenzen für die sechs Stadtcasinos laufen im Jahr 2027 aus. Was sind aktuellen Voraussetzungen für die Erlangung einer Konzession im Glücksspielbereich? 
    1. Wird es Änderungen bis 2027 bei den Konzessionsvoraussetzungen geben? 

                                          i.    Wenn ja, welche?

    1. Wer entscheidet aktuell darüber?
    2. Wer soll für das Jahr 2027 über die Konzessionen entscheiden? 
  1. Bereits am 19.9.2019 wurde von NEOS ein Initiativantrag (https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXVI/A/A_01012/index.shtml) eingebracht, in dem neben der Herabsetzung des Maximaleinsatzes in Automatensalons von 10 Euro auf 30 Cent, bei Einzelaufstellungen sogar 20 Cent, 12 weitere Änderungen der §5 Abs 5 Glückspielgesetz angeregt wurden. Unter anderem die zeitliche Begrenzung des Glücksspiels selbst, die Gesamtspieldauer des Spielers selbst, aber auch die Herabsetzung der Maximalgewinne in Automatensalons und bei Einzelaufstellungen.
    1. Wie steht das BMF in Bezug auf die im Antrag aufgeführten Vorschläge (bitte um detaillierte Ausführung)?
    2. Erwägt das BMF, diese oder vergleichbare Vorschläge in einer Novelle des Glücksspielgesetz zu berücksichtigen?