14959/J XXVII. GP

Eingelangt am 27.04.2023
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Anfrage

 

der Abgeordneten Josef Muchitsch, Alois Schroll,  Genossinnen und Genossen,            

an den Bundesminister für Finanzen

betreffend Mehrwertsteuerberechnung bei der Strompreisbremse

Eine im Jänner 2023 veröffentlichte Untersuchung[1], die das Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz bei Statistik Austria in Auftrag geben hat, zeigt, dass ein Drittel der befragten Haushalte im dritten Quartal 2022 angab, aufgrund der steigenden Wohnkosten in finanzielle Schwierigkeiten zu gelangen. Ein wesentlicher Teil der Wohnkosten sind dabei die Energiekosten, die für viele nicht mehr leistbar sind. Nach langem Zögern der Bundesregierung wurde im Herbst eine Strompreisbremse beschlossen. Per 1.12.2022 wurde schließlich die Stromkostenbremse wirksam, die beim Stromverbrauch für den Grundbedarf für die vier Millionen Haushalte in Österreich eine Erleichterung bringen sollte.

Die Strompreisbremse hat aber drei eklatante Schwächen:

1) sie gilt nur für Strom und nicht für Gas und andere Energieträger (z.B. Pellets, strombasierte Heizsysteme, wie Wärmepumpen),

2) sie schafft den Anreiz, dass Energieunternehmen die Tarife bis zu 40 Cent – es wird ja der Betrag für den Nettoarbeitspreis von 10 bis zu 40 Cent pro KWh bezuschusst – und darüber hinaus zu erhöhen, und

3) die 20%ige Mehrwertsteuer wird für den Grundbedarf nicht vom subventionierten Netto-Arbeitspreis von 10 Cent, sondern vom Marktpreis berechnet. Liegt zum Beispiel der Marktpreis netto bei 40 Cent, so beträgt die Mehrwertsteuer 8 Cent; das sind 80% des subventionierten Nettopreises von 10 Cent pro kWh! Das zahlen sich die Haushalte selber.

Der letzte Punkt wirft bedeutende Fragen auf: In der Kommunikation der Bundesregierung über die Einführung der Strompreisbremse wurde nicht klar darauf hingewiesen, dass die Mehrwertsteuer vom Marktpreis berechnet wird. Auch auf der Homepage des Bundesministeriums für Finanzen findet sich kein Hinweis auf die außergewöhnliche Berechnungsmethode der Mehrwertsteuer. In einer Pressemeldung des Finanzministeriums heißt es: „Die Stromkostenbremse entlastet einen Haushalt um durchschnittlich rund 500 Euro pro Jahr.“[2]  Ob hier schon die für die Haushalte zu errichtende höhere Mehrwertsteuer berücksichtigt ist, ist unklar.

Für die Betroffenen macht das einen beträchtlichen Unterschied, ob die Mehrwertsteuer vom subventionierten oder vom Marktpreis berechnet wird. Dies bedeutet letztlich, dass - um bei unserem Beispiel (40 Cent Marktpreis netto) zu bleiben - die Belastung eines Haushaltes für den Grundbedarf um 174 Euro jährlich höher ist, als ursprünglich erwartet. Laut BMF haben sich die Mehrwertsteuereinnahmen im vergangenen Jahr ohnehin bereits beträchtlich erhöht. Die Einnahmen aus der Mehrwertsteuer sind von 30,6485 Mrd. Euro (2021) auf 35,397488 Mrd. (2022) angestiegen. Insgesamt also eine Erhöhung um 4,749 Mrd. Euro bzw. 15,5%! Hier stellt sich natürlich die Frage, warum sich die Haushalte die Strompreisbremse nun teilweise selbst zahlen sollen.

Die Strompreisbremse gilt bis zum 30. Juni 2024. Die Groteske um die Mehrwertsteuerberechnung bei der Strompreisbremse muss unbedingt korrigiert werden – und das rückwirkend! Teile der Bevölkerung sind ohnehin an der Grenze der Belastbarkeit.

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

ANFRAGE

1.       Warum wurde die Mehrwertsteuer nicht vom für die Kund:innen vorteilhafteren Nettotarif berechnet? Warum wurde – entgegen jeder Logik und Vernunft - diese Variante der Mehrwertsteuerberechnung gewählt? Die Mehrwertsteuereinnahmen sind ohnehin schon letztes Jahr um ca. 15% gestiegen. Nimmt man bewusst in Kauf, dass die Bevölkerung getäuscht wird?

2.       Auf welchen Datengrundlagen bzw. Annahmen über die Marktpreise für den Strom basiert die vom BMF kommunizierte Aussage, dass sich mit der Strompreisbremse jeder Haushalt 500 Euro jährlich ersparen würde?

a.       Wurde dieser Wert kommuniziert, bevor die Entscheidung getroffen wurde, die Mehrwertsteuer vom Marktpreis zu berechnen?

b.       Wenn ja, um wieviel reduziert sich die jährliche Entlastung für einen Durchschnittshaushalt durch die jetzt gültige Berechnung?

3.       Für wie hoch schätzen Sie die zusätzlichen Mehrwertsteuereinnahmen des Modells der Mehrwertsteuerberechnung im Vergleich zur Variante, wo die Mehrwertsteuer vom subventionierten Preis errechnet wird?

4.       Gibt es gravierende Einwände dagegen, die Mehrwertsteuer rückwirkend per 1.12.2022 vom subventionierten Nettopreis von 10 Cent pro kWh für den Grundverbrauch zu berechnen, wie dies erwartet wurde?

 



[1] Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz (2023), So geht’s uns heute: die sozialen Krisenfolgen im dritten Quartal 2022 – Schwerpunkt Wohlbefinden und Gesundheit Ergebnisse einer Statistik-Austria-Befragung, Jänner 2023.

[2] Stromkostenbremse entlastet jeden Haushalt mit rund 500 Euro, Presseaussendung des BMF vom 7. September 2022. https://www.bmf.gv.at/presse/pressemeldungen/2022/September/stromkostenbremse.html#:~:text=So%20funktioniert%20die%20Stromkostenbremse&text=Das%20bedeutet%3A%20Verbraucherinnen%20und%20Verbraucher,pro%20Kilowattstunde%20vom%20Staat%20abgezogen.