14976/J XXVII. GP

Eingelangt am 02.05.2023
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ANFRAGE

 

der Abgeordneten Rosa Ecker, MBA
an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz

betreffend Mängel bei Situation der Erwachsenenvertreter

 

 

Der Behindertenverein „BIZEPS“ zeigt auf seiner Webseite[1] Defizite in der Situation der Erwachsenenvertreter auf. Darin heißt es auszugsweise:

 

Mit dem Erwachsenenschutzgesetz etablierte der Gesetzgeber vier Möglichkeiten der Vertretung, die z.T. verbessert (Vorsorgevollmacht), neu entwickelt (gewählte Erwachsenenvertretung), stark verändert (gesetzliche Erwachsenenvertretung) oder neu konzipiert (gerichtliche Erwachsenenvertretung) wurden.

 

Im Fokus der – auch kritischen – öffentlichen Diskussion steht meist die gerichtliche Erwachsenenvertretung, die aus der früher bestehenden Sachwalterschaft heraus neu konzipiert wurde und die mit Elementen der Selbstbestimmung im Geist der UN-BRK ab Juli 2018 den Rahmen für das Handeln der Gerichte und der Vertreter:innen bildet.

 

Ein ganzes Bündel verschiedener gesetzlicher Vorgaben wurde im Gesetz neu etabliert: Beispielsweise wird die Selbstbestimmung in § 239 ABGB als Ziel zur Erhaltung von Autonomie definiert.

 

Damit Menschen mit eingeschränkter Entscheidungsfähigkeit ihre Angelegenheiten selbstständig erledigen können, muss ihnen also jetzt für die Teilnahme am Rechtsverkehr die erforderliche notwendige Unterstützung zur Verfügung stehen.

 

Alternativen zu Vertretung fehlen weiterhin

Diese programmatische Zielsetzung des Erwachsenenschutzgesetzes vertraut darauf, dass die Familie, andere nahestehende Personen, verschiedene Einrichtungen (Pflege, Betreuung, Beratungsstellen) oder Instrumente (Peers, Betreutes Konto, Vorsorgedialog) ausreichend zur Verfügung stehen.

 

Die Justiz sieht sich hier nicht in der Umsetzungsverantwortung, doch die zuständigen Länder und Gemeinden haben – wie grundsätzlich bei der Umsetzung der UN-BRK – großen Nachholbedarf. Damit bleibt der Anspruch auf Selbstbestimmung so manches Mal auf halber Strecke liegen, die Unterstützung als Alternative kann nicht gefunden werden und damit entsteht entgegen der Intention des Gesetzes doch wieder ein Vertretungsbedarf.

 

Licht und Schatten vereinen sich in der Bestimmung: Wird die notwendige Unterstützung zwar als Motor für Selbstbestimmung interpretiert, fehlen aber in der Realität die notwendigen Angebote vor Ort, um jene tatsächlich auch zu bieten.

 

Im Innenverhältnis zwischen vertretener Person und Vertreter:in werden die Rechte erheblich gestärkt und Selbstbestimmung trotz Erwachsenenvertretung besonders hervorgehoben (vgl. § 241 ABGB).

 

Damit wird für alle sichtbar, dass der:die Erwachsenenvertreter:in den gesetzlichen Auftrag hat, Wünsche und Vorstellungen der vertretenen Person weitgehend und nach Möglichkeit bis zur Grenze der Gefährdung tatsächlich umzusetzen.

 

Die vertretene Person muss vorrangig dabei unterstützt werden, die eigenen Angelegenheiten auch selbst zu besorgen und dafür die nötige Hilfe erhalten. Auch hier vertraut der Gesetzgeber darauf, dass im Umfeld der vertretenen Person die Ressourcen zur notwendigen Unterstützung vorhanden sind oder rechtzeitig entstehen.

 

Fehlende Alternativen führen zu steigenden Vertretungszahlen

Unbestritten ist die Reform des Erwachsenenschutzrechtes in vielen Bereichen erfolgreich und für die vertretenen Menschen eine Verbesserung gegenüber früheren Regelungen.

 

Doch bei einer quantitativen Betrachtung der Anzahl aller Erwachsenenvertretungen kommen Zweifel auf, ob das Reformziel dieser Reduktion von nicht selbstbestimmter Vertretung erreicht wurde. Aber dazu müssen die einzelnen Vertretungsmöglichkeiten einzeln betrachtet, und dann doch das Gesamtbild bewertet werden.

 

 

In diesem Zusammenhang richtet die unterfertigte Abgeordnete an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz nachstehende

 

Anfrage

1.    Wie hoch war die Gesamtanzahl der Erwachsenenvertreter für die Jahre 2019, 2020, 2021, 2022 jeweils in Österreich?

2.    Wie teilt sich diese Gesamtanzahl der Erwachsenenvertreter auf die einzelnen Bundesländer und Bezirke in Österreich auf?

3.    Wie wurden seit der Novelle 2022 die Angebote vor Ort ausgebaut, um Betroffene zu entlasten und einen niederschwelligen Zugang zur Erwachsenenvertretung zu gewährleisten?

a.    Welche Stellen wurden hierfür eingerichtet?

b.    Wer trägt die Kosten?

c.    Wie hoch sind die Kosten für das Jahr 2022?

4.    An wen können sich Betroffene ohne familiäre Unterstützung wenden, wenn sie eine Erwachsenenvertretung benötigen?

5.    Wer organisiert die Erwachsenenvertretung für alleinstehende Betroffene?

6.    Wie viele Menschen gelten in Österreich derzeit als beschränkt geschäftsfähig?

7.    Wie viele Erwachsenenvertretungen waren im Jahr 2022 durch gerichtliche Vertreter geregelt, wie viele durch Familienangehörige?

8.    Wie viele gerichtliche Beschwerden gab es in Bezug auf die Erwachsenenvertretung in Österreich im Jahr 2022?



[1] https://www.bizeps.or.at/die-anzahl-der-erwachsenenvertretungen-steigt/