15000/J XXVII. GP

Eingelangt am 11.05.2023
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Anfrage

der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen

an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten

betreffend Kritische Einzelfallprüfung russischer Mitarbeiter:innen beim Europarat

 

Wegen seines brutalen Angriffskriegs gegen die Ukraine wurde die Russische Föderation, nach entsprechender Abstimmung der Parlamentarischen Versammlung des Europarats, durch das Ministerkomitee am 16. März 2022 endgültig aus dem Europarat ausgeschlossen. Seit September 2022 unterliegt das Land formell nicht mehr der Europäischen Menschenrechtskonvention. Der Ausschluss der Russischen Föderation hatte jedoch nicht zur Konsequenz, dass russische Mitarbeiter:innen aus der Organisation ausgewiesen wurden.

Medienberichten zufolge haben daher rund 90 von 120 der beim Europarat tätigen Russ:innen ihre Arbeit behalten. Auch diejenigen, die eine zweite Staatsangehörigkeit haben, können weiterhin im Verwaltungsapparat des Europarats arbeiten. Unter den russischen Mitarbeiter:innen des Europarats werden sich zweifelsohne redliche und ungefährliche Personen befinden. Jedoch könnte es durch deren Präsenz auch zu gefährlichen Situation kommen, insbesondere wenn russische Mitarbeiter:innen Zugriff auf sensible Informationen haben und es dadurch zu Informationsabfluss in Richtung Russische Föderation kommt.

So berichtete die BILD-Zeitung von einem sehr problematischen Fall:

"Wie problematisch die Verflechtungen der Russen dabei sind, zeigt der Fall von Igor Nebyvaev (39). Der Absolvent der renommierten Lomonov-Universität in Moskau leitet ausgerechnet das Anti-Geldwäsche-Programm des Europarats. Damit hat ein Russe Einblicke in die Maßnahmen der Mitgliedsländer gegen Geldwäsche – dabei ist russische Geldwäsche in Europa omnipräsent. Im Juni 2022 nahm Igor Nebyvaev an einer in Berlin tagenden Versammlung der internationalen Anti-Geldwäsche-Organisation FATF teil, die dabei unter anderem die deutschen Maßnahmen gegen Geldwäsche bewerten sollte. Besonders pikant: Sein Vater Wladimir Nebyvaev (68) ist ein hochrangiger russischer Geheimdienst-Offizier! Er arbeitet nach BILD-Recherchen in einer Militärkaserne in Moskau und zwar als General des berüchtigten russischen Auslandsgeheimdienstes „SWR“. Sein Geheimdienst soll, unter anderem, für den Giftanschlag auf den russischen Überläufer Sergei Skripal und seiner Tochter im Jahr 2018 in Großbritannien verantwortlich gewesen sein. Nach dem Attentat wies die Ukraine mehrere russische Spione aus, darunter Nebyvaev (...) Vater und Sohn Nebyvaev sind nach Recherchen von BILD bis heute in der gleichen Wohnung in Moskau gemeldet. Igor Nebyvaev ließ eine BILD-Anfrage unbeantwortet."2

Aufgrund der sicherheitspolitischen Relevanz solcher Fälle besteht ein hohes Interesse an den von Ihnen, als Vertreter Österreichs im Ministerkomitee des Europarats und somit auch Teil dessen exekutiven Gremiums, bzw. an den von Ihrem Ressort gesetzten Maßnahmen gegen russischen Einfluss im Europarat. Weiters ist von Interesse, welchen Einsatz Sie bzw. Ihr Ressort für eine kritische Einzelfallprüfung bzw. eine Verlässlichkeitsprüfung russischer Mitarbeiter:innen im Europarat geleistet haben und welche Positionen Ihre Agenda für den nächsten Europarat-Gipfel am 16. und 17. Mai 2023 in Reykjavik beinhaltet. Ein wichtiger Anlass dieses Gipfels ist nämlich auch die Unterstützung für die Ukraine.3

 

  1. https://www.tagesschau.de/ausland/russland-europarat-101.html
  2. https://www.bild.de/news/ausland/news-ausland/europarat-in-strassburg-hier-arbeiten-ukrainer-und-russen-noch-seite-an-seite-83203168.bild.html
  3. https://www.coe.int/en/web/portal/fourth-council-of-europe-summit

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage:

 

  1. Ist Ihnen bekannt, ob eine kritische Einzelfallprüfung bzw. eine Verlässlichkeitsprüfung von russischen Mitarbeiter:innen des Europarats stattfindet?
    1. Wenn ja, seit wann und durch wen?
    2. Wenn ja, wie ist der Verlauf dieser Prüfung und was wird konkret geprüft?
    3. Wenn nein, warum nicht?
  1. Waren Sie zu dem in der Beschreibung genannten Fall im Gespräch mit Ihren Kolleg:innen des Ministerkomitees?
    1. Wenn ja, wozu konkret?
    2. Wenn ja, wann?
    3. Wenn ja, welche Positionen haben Sie vertreten bzw. was waren Ihre Forderungen?
    4. Wenn ja, was wurde beschlossen bzw. welche Maßnahmen wurden gesetzt und wie wurden in der Folge verfahren?
    5. Wenn nein, werden Sie einen Austausch bzw. Maßnahmen zu dem genannten Fall anregen?
  1. Haben Sie bzw. Ihr Ressort eine kritische Einzelfallprüfung bzw. eine Verlässlichkeitsprüfung von russischen Mitarbeiter:innen des Europarats im Ministerkomitee gefordert bzw. angeregt?
    1. Wenn ja, inwiefern?
    2. Wenn ja, wann?
    3. Wenn ja, mit welchem Ergebnis?
    4. Wenn nein, warum nicht?
    5. Wenn nein, werden Sie dies künftig anregen?
  1. Wurde der Umgang mit russischen Mitarbeiter:innen des Europarats im Ministerkomitee bereits thematisiert?
    1. Wenn ja, worum ging es konkret?
    2. Wenn ja, wann?
    3. Wenn ja, welche Positionen haben Sie vertreten bzw. was waren Ihre Forderungen?
    4. Wenn ja, was wurde beschlossen bzw. welche Maßnahmen wurden gesetzt und wie wurden in der Folge verfahren?
    5. Wenn nein, werden Sie einen Austausch bzw. Maßnahmen hierzu anregen?
  1. Haben Sie bzw. Ihr Ressort Maßnahme(n) gesetzt, um generell den Einfluss Russlands im Europarat und in Europarat-Gremien einzudämmen?
    1. Wenn ja, welche?
    2. Wenn ja, mit welchem Ergebnis?
    3. Wenn ja, wann jeweils?
    4. Wenn nein, warum nicht?
    5. Wenn nein, wann sind welche Maßnahmen geplant?
  1. Wurde der Einfluss Russlands bzw. die Minderung des Einflusses Russlands auf den Europarat im Ministerkomitee bereits thematisiert?
    1. Wenn ja, worum ging es konkret?
    2. Wenn ja, wann?
    3. Wenn ja, welche Positionen haben Sie vertreten bzw. was waren Ihre Forderungen?
    4. Wenn ja, was wurde beschlossen bzw. welche Maßnahmen wurden gesetzt und wie wurden in der Folge verfahren?
    5. Wenn nein, werden Sie einen Austausch bzw. Maßnahmen hierzu anregen?
  1. Haben Sie bzw. Ihr Ressort im Rahmen anderer internationalen Gremien Maßnahmen gesetzt, um etwaige russische Mitarbeiter:innen einer Prüfung zu unterziehen?
    1. Wenn ja, welche?
    2. Wenn ja, wann?
    3. Wenn ja, in welchen Gremien jeweils?
    4. Wenn nein, warum nicht?
    5. Wenn nein, wann sind welche Maßnahmen geplant?
  1. Warum nahmen Sie nicht an dem Europarat-Gipfel in Reykjavik teil (Mai 2023)? 
  2. Welche während des Gipfels beschlossenen Maßnahmen betreffen Ihr Ressort?
    1. Welche davon wurden inwiefern durch welche wann auf nationaler Ebene gesetzten Schritte in Ihrem Ressort in Richtung Umsetzung gebracht? 
    2. Welche weiteren für wann geplanten Schritte auf nationaler Ebene in Ihrem Ressort werden in Richtung Umsetzung gesetzt? 
    3. Welche davon werden nicht unterstützt und aus welchem Grund nicht? 
  1. Welche während des Gipfels beschlossenen Maßnahmen wurden durch welche von wem gesetzten Schritte einer Umsetzung zugeführt?