15021/J XXVII. GP

Eingelangt am 12.05.2023
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Anfrage

der Abgeordneten Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Kolleginnen und Kollegen

an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft

betreffend Liegenschaftsverkäufe durch die Bundesforste AG: Wie verhindert der Landwirtschaftsminister den Ausverkauf der Republik?

 

Die Bundesforste AG ist ist mit der Verwaltung von insgesamt 850.000 ha Staatseigentum betraut. Damit befinden sich etwa 10% des österreichischen Territoriums in der Obhut dieser Aktiengesellschaft, die sich wiederum zu 100% im Besitz der Republik befindet. Zum Kerngeschäft der Bundesforste gehört naturgemäß die Holz- und Forstwirtschaft. Daneben stützt sie sich aber auch zunehmend auf den Bereich Erneuerbare Energien, Dienstleistungen aller Art und nicht zuletzt auf Immobiliengeschäfte, die nach der Holz- und Forstwirtschaft den zweitgrößten Anteil am Erlös der Bundesforste ausmachen.(1) In den Jahren 2016 bis 2021 wurden 1.612 Abgänge verzeichnet.(2) Einige dieser Liegenschaftsverkäufe sowie Pachtverträge sorgten jedoch für teils heftige öffentliche Kritik und ließen retrospektiv betrachtet zumindest den Verdacht aufkommen, dass die Bundesforste AG Staatseigentum weit unter Marktwert verkauft oder verpachtet hat. Mangelhafte Gutachten und fehlende Ausschreibungsverfahren sollen etwa laut Rechnungshof dazu geführt haben, dass höchst umstrittene "Chaletdörfer" oder Zweitwohnsitze auf Liegenschaften realisiert werden konnten, die weit "unter Marktpreis" vergeben wurden. (3) Und auch die Verpachtung von vormals öffentlichen Seeuferzugängen an Privatpersonen sorgt für zunehmenden Unmut an der Liegenschaftsverwaltung der Bundesforste AG. Darüber hinaus wurde kritisiert, dass durch einige Veräußerungen ökologisch fragwürdigen Projekten Vorschub geleistet wurde, die dem Prinzip einer nachhaltigen Bewirtschaftung zuwiderlaufen und von denen vor allem private Investoren profitiert haben sollen.

Ein besonders pikanter Fall dieser Art, stellt die Veräußerung von 19 ha Wald im oberösterreichischen Ohlsdorf dar, der schließlich einem Gewerbepark weichen musste. Dieses bereits im Vorfeld äußerst umstrittene Projekt wurde vom oberösterreichischen LR Markus Achleitner damit gerechtfertigt, dass die Region mit dadurch zu einem "Leitstandort" werde und somit "hunderte neue Arbeitsplätze geschaffen werden" (4). Dieses politische Versprechen hat sich bis heute nicht realisiert und für die neu errichten Gewerbehallen gibt es scheinbar auch keine nennenswerten Interessenten. Der bekannte Projektbetreiber Hans Asamer, der sich trotz öffentlichen Widerstandes durchsetzen konnte, hat nichtsdestotrotz ein Millionengeschäft ausgehandelt.(5) Den Bundesforsten wird in diesem Zusammenhang vorgeworfen, dass sie "das Grundstück zum Schaden der Republik weitaus zu günstig an Asamer verkauft haben, der dieses dann gewinnbringend an eine belgische Immobilienfirma weiterverkauft hat."(6) Und selbst die Bundesforste müssen heute eingestehen, dass das Geschäft unter äußerst fragwürdigen Umständen zustande gekommen ist und die Veräußerung nach heutiger Bewertung sicher nicht zustande gekommen wäre. Dies wurde vom Vorstandssprecher der Bundesforste, Georg Schöppl, mit deutlichen Worten unterstrichen: "Es wird sicher kein Ohlsdorf 2 geben."(7) Darüber hinaus beschäftig sich derzeit auch der Rechnungshof mit dem Sachverhalt, indem er den Fall einer gesonderten Prüfung unterzieht. Die Ergebnisse dieser Prüfung sind noch ausständig. 

Für weitere Aufregung sorgte etwa auch der Fall eines österreichischen Unternehmens, dass sich auf den Export von Wasser in die USA spezialisiert hat.(8) Die Bundesforste haben dazu die Wassernutzungsrechte auf Jahrzehnte vertraglich garantiert. Inwiefern sich ein Geschäftsmodell, das darauf basiert Wasser in Flaschen abzufüllen und nach Übersee zu transportieren, mit den ökologischen Zielsetzungen des Landwirtschaftsministeriums vereinbaren lässt und ob solche ökologischen Aspekte im Verhandlungsprozess überhaupt berücksichtigt wurden, bleibt weiterhin unklar. Und auch der Rechnungshof hat aufgrund der Transportwege kritisch darauf hingewiesen, "dass ein Wasserexport in Flaschen nach Übersee im Widerspruch zu einer klimafreundlichen und nachhaltigen Verwendung natürlicher Ressourcen steht."(9)

Diese und andere Fälle werfen daher die berechtigte Frage auf, nach welchen Kriterien die Bundesforste darüber entscheiden, ob und zu welchem Preis Eigentum der Republik veräußert wird, inwiefern das Landwirtschaftsministerium respektive der Landwirtschaftsminister als Eigentümervertreter der Republik hier klare Regeln vorgibt und wie verhindert wird, dass es bei Immobiliengeschäften der Bundesforste zu privater Bereicherung kommt, die letztendlich zum Nachteil der Republik gereichen. Dem Landwirtschaftsministerium kommt hier als Volleigentümer der Bundesforste zweifelsohne eine zentrale Verantwortung zu, um einerseits zu verhindern, dass Immobilien unter ihrem Wert veräußert werden, und andererseits mit diesen Geschäften ökologische Zielsetzungen untergraben werden. Vor diesem Hintergrund kam auch der Rechnungshofes zum Schluss, dass für das Immobiliengeschäft der Bundesforste keine angemessene Eigentümerstrategie vorliegt, welche diese Aspekte berücksichtigen würde. Insofern bleiben viele Fragen offen, durch welche Maßnahmen der Landwirtschaftsminister einen Ausverkauf der Republik verhindern will, der noch dazu im Widerspruch zu Nachhaltigkeitszielen steht.

 

(1) https://www.bundesforste.at/die-bundesforste/unternehmensprofil.html

(2) Bericht des Rechnungshofes: Liegenschaftsverwaltung der Österreichischen Bundesforste AG

(3) https://salzburg.orf.at/stories/3185729/

(4) https://www.krone.at/2906008

(5) https://kurier.at/wirtschaft/millionendeal-um-wald-rodung-in-ooe-wer-wieviel-verdient-hat/402126314

(6) https://www.land-oberoesterreich.gv.at/Mediendateien/LK/PK_LRKaineder_24022023_Internet.pdf

(7) https://www.nachrichten.at/wirtschaft/bundesforste-chef-zu-waldverkauf-es-wird-sicher-kein-ohlsdorf-2-mehr-geben;art15,3783868

(8) https://www.hallsteinwater.com/de

(9) https://www.rechnungshof.gv.at/rh/home/home/004.973_Oesterr_Bundesforste.pdf

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage:

Liegenschaftsverkäufe und Beteiligungsmanagement

  1. Welche Maßnahmen sieht der Landwirtschaftsminister vor, um sicherzustellen, dass Liegenschaften der Republik, die von den Bundesforsten verwaltet werden, nicht unter ihrem Wert verkauft werden?
    1. Auf welcher Grundlage erfolgt die Bewertung von Immobilien?
    2. Welches Auswahlverfahren sieht das Bundesministerium für Sachverständige vor, die mit der Bewertung von Immobilien beauftragt werden?
    3. Inwiefern überprüft das Bundesministerium die von Sachverständigen ermittelten Verkehrswerte für Immobilien auf ihre adäquate Bewertung? Gibt es diesbezüglich konkrete Vorgaben vonseiten des Bundesministeriums, nach welcher Methodik diese Bewertung zu erfolgen hat?
    4. Welche Maßnahmen hat der Bundesminister bisher eingeleitet, um die vom Rechnungshof kritisierten Ausnahmen von Ausschreibungsverfahren transparenter und eindeutiger zu gestalten? 
  1. Welche Maßnahmen sieht der Bundesminister vor, um mögliche Wertveränderungen bei den von den Bundesforsten verwalteten Liegenschaften zu prüfen und gegebenenfalls Wertanpassungen vorzunehmen? 
    1. Sind solche Wertanpassungen verpflichtend vorgeschrieben? 
    2. Wie oft erfolgt eine solche Wertüberprüfung bzw. Wertanpassung? 
    3. Auf welcher Grundlage erfolgen diese Wertanpassungen?
    4. Inwiefern müssen Wertanpassungen von den Bundesforsten bei etwaigen Verkäufen berücksichtigt werden?
  1. Inwiefern hat der Aufsichtsrat der Bundesforste Einblick in Verhandlungen der Bundesforste über Immobilienverkäufe bzw. inwiefern sind die Bundesforste verpflichtet, dem Aufsichtsrat entsprechende Informationen darüber zukommen zu lassen?
    1. Welcher Ablauf ist bei Genehmigungsprozessen des Aufsichtsrates beim Verkauf von Liegenschaften vorgesehen?
    2. Wie wird der korrekte Ablauf des Genehmigungsprozesses überwacht?
  1. Welche formalen Möglichkeiten gibt es für Privatpersonen, um ihr Kauf- oder Pachtinteresse an einer Liegenschaft der Bundesforste kundzutun?
    1. In den Jahren 2016 bis 2021 wurden 1.612 Immobilienabgänge verzeichnet. Bei wie vielen dieser Abgänge kam es zu öffentlichen Ausschreibungen?
  1. Wie ist das Beteiligungsmanagement des Landwirtschaftsministeriums an der Bundesforste AG ausgestaltet?
    1. Welchen übergeordneten Zweck verfolgt das Beteiligungsmanagement des Landwirtschaftsministeriums in Bezug auf die Immobiliengeschäfte der Bundesforste AG?
    2. Welche Vorgaben sieht das Beteiligungsmanagement vor, um eine angemessene Immobilienbewertung sicherzustellen?
    3. Welche Vorgehensweise sieht das Beteiligungsmanagement beim Verkauf von Immobilien vor?  
    4. Welche ökologischen Kriterien gibt das Landwirtschaftsministerium im Rahmen des Beteiligungsmanagements vor, welche die Bundesforsten bei der Veräußerung von Liegenschaften zu beachten haben? 
    5. Sieht der Landwirtschaftsminister Verbesserungsbedarf im Beteiligungsmanagement an den Bundesforsten und wurde diesbezüglich bereits ein Reformprozess eingeleitet? 

                                          i.    Wenn ja: Welche Schritte wurden konkret gesetzt?

                                        ii.    Wenn nein: Warum betrachtet der Landwirtschaftsminister das Beteiligungsmanagement an den Bundesforsten als ausreichend, um zu verhindern, dass Immobilien der Bundesforste unter ihrem Wert veräußert werden?

  1. Arbeitet das BML derzeit an einer Eigentümerstrategie und wenn ja, wie ist hier der aktuelle Stand? Bis wann wird diese veröffentlicht?

Causa Ohlsdorf

  1. Im Falle Ohlsdorf hat der Aufsichtsrat trotz heftiger öffentlicher Kritik einstimmig für den Verkauf der Liegenschaft gestimmt. Wie wurde dieses Ergebnis begründet?
  2. Ist dem Ministerium bekannt, dass der Rodungsbescheid im Fall Ohlsdorf aufgrund gravierender Mängel laut einer Rechtsstudie möglicherweise rechtswidrig war? Wenn ja, wie bewertet der Bundesminister diese Rechtsstudie im Zusammenhang mit den entsprechenden Liegenschaftsverkäufen durch die Bundesforste AG?
  3. Wie bewertet das Bundesministerium die Veräußerung von 19ha Wald in Ohlsdorf durch die Bundesforste AG aus heutiger Perspektive? Steht diese Veräußerung aus heutiger Sicht im Einklang mit dem Beteiligungsmanagement und den Zielen des Ministeriums in Bezug auf die Bundesforste AG?
  4. Der Vorstandssprecher der Bundesforste, Georg Schöppl, hat eingestanden, dass es "sicher kein Ohlsdorf II geben wird". Dies impliziert Verfehlungen. Deckt sich diese Aussage des Vorstandssprecher der Bundesforste mit der Position des Bundesministers? 
    1. Welche Verfehlungen sind hier konkret gemeint und durch welche Maßnahmen will der Bundesminister verhindern, dass diese wiederholt werden?

Wasserexport in die USA

  1. Inwiefern lässt sich die Wasserabfüllung in Flaschen und der darauffolgende Export in die USA durch ein privates Unternehmen, das von den Bundesforsten die entsprechenden Wasserbezugsrechte eingeräumt bekommen hat (Bezirk Gmunden), mit den klimapolitischen Zielen des BML vereinbaren?

Liegenschaften im unrechtmäßigen Besitz der Bundesforste?

  1. Einige Liegenschaften der Bundesforste AG seien angeblich zu Unrecht im Besitz der Republik, die sich diese in der Vergangenheit unrechtmäßig vom Land Salzburg angeeignet haben soll. Sind dem Bundesminister diese Vorwürfe bekannt?
    1. Wenn, ja: Sieht der Bundesminister hier Handlungsbedarf, um möglicherweise unrechtmäßig erworbene Liegenschaften an die Länder zurück zu geben?
  1. Bereits im Jahr 2002 hat der Verfassungsgerichtshof festgestellt, dass die rechtmäßige Aufteilung bestimmter Vermögenswerte zwischen dem Bund und Salzburg nicht abschließend geklärt seien. Welche weiteren Schritte plant das Ministerium, um diese unbestimmten Eigentumsverhältnisse abschließend zu klären und dem Urteil des Verfassungsgerichtshofes zu entsprechen?
  2. Kann der Minister mit Sicherheit sagen, dass alle Liegenschaften, die durch die Bundesforste verwaltet werden, sich in rechtmäßigem Besitz der Republik befinden?