15025/J XXVII. GP
Eingelangt am 12.05.2023
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Anfrage
der Abgeordneten Rainer Wimmer, Genossinnen und Genossen
an den Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft
betreffend
Geplante Verschlechterung bei den Kündigungsfristen für Arbeiter:innen
Die Gleichstellung von
Arbeiter:innen und Angestellten im Bereich der Kündigungsbestimmungen wurde
2017 im Nationalrat beschlossen und sollte ursprünglich mit 1. Jänner
2021 in Kraft treten. Zwei Mal wurde das Inkrafttreten auf Betreiben der
Arbeitgeber:innenseite noch hinausgezögert, bis es dann mit
1. Oktober 2021 endlich zu dieser Angleichung kam.
Um sich die Auswirkungen dieser Ungleichbehandlung zu vergegenwärtigen: Während die Kündigungsfrist für Angestellte (bei Arbeitgeberkündigung) seit dem 1921 in Kraft getretenen Angestelltengesetz mindestens sechs Wochen (und bis zu fünf Monate) beträgt, waren im Arbeiter:innenbereich die Kündigungsfristen je nach Branche deutlich kürzer; im Extremfall der Bäcker:innen war es sogar nur ein (!) Tag.
Seit 1. Oktober 2021 gelten nun – mit kollektivvertraglichen Ausnahmen in manchen Saisonbranchen – nach 100 Jahren auch für Arbeiter:innen die gleichen Kündigungsfristen wie für Angestellte. Ein sozialpolitischer Meilenstein!
Umso mehr verwunderte es, als
in einer themenfremden Regierungsvorlage plötzlich eine Aufweichung
der Kündigungsfristen zu finden war. In der von Ihnen eingebrachten
Regierungsvorlage 2031 d.B. (zur Umsetzung einer EU-Richtlinie in Bezug auf
grenzüberschreitende Umwandlungen, Verschmelzungen und Spaltungen) sollte
§ 1159 ABGB, der die Kündigungsfristen für Arbeiter:innen
regelt, an entscheidender Stelle um folgenden Satz ergänzt werden:
„Darüber hinaus können abweichende [=schlechtere, Anm.] Regelungen durch Kollektivvertrag festgelegt werden, wenn sie nach dem 1. Jänner 2018 getroffen wurden.“
Im vorangegangenen Ministerialentwurf 246/ME gab es den betreffenden Artikel 4 zur Änderung des § 1159 ABGB noch nicht; tatsächlich stellt er die einzige Änderung zwischen beiden Dokumenten dar.
Auf die in Folge geäußerte Kritik und den öffentlichen Aufschrei hieß es dann Ihrerseits, es würde sich beim selbst eingebrachten Gesetzesvorschlag um ein „Missverständnis“ handeln.
Letzten Endes wurde der betreffende Artikel 4 per Abänderungsantrag wieder aus der Regierungsvorlage entfernt, mit der Begründung, dass diese Maßnahme zurückgezogen werde.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende
ANFRAGE
1. Im Ministerialentwurf 246/ME war der Gesetzesvorschlag zur Aufweichung der Kündigungsfristen für Arbeiter:innen noch nicht zu finden, er taucht erst in der Regierungsvorlage auf.
a. Wie und auf wessen Wunsch bzw. Betreiben hat der Gesetzesvorschlag in Artikel 4 Eingang in die Regierungsvorlage 2031 d.B. gefunden?
2. Auf die Kritik an der Aufweichung der Kündigungsfristen angesprochen meinten Sie, es würde sich dabei um ein Missverständnis handeln.
a. Worin besteht dieses Missverständnis konkret?
b. Auf welcher Basis ist dieses Missverständnis entstanden?
3. Wie erfolgt die interne Qualitätskontrolle in Ihrem Kabinett in Bezug auf die Erstellung von Regierungsvorlagen und anderen Gesetzesvorhaben?
a. Werden Regierungsvorlagen von Ihnen persönlich freigegeben, bevor sie im Ministerrat eingebracht werden?
i. Wenn nein, warum nicht?
ii. Wenn nein, durch wen erfolgt die Freigabe?
4. In meiner am 15.12.2022 eingebrachten Anfrage 13435/J stellte ich Ihnen die Frage, ob zum damaligen Zeitpunkt „weitere Verschlechterungen für ArbeitnehmerInnen wie beispielsweise die Ausdehnung der maximalen Arbeitszeit oder eine Verkürzung der Ruhe- und Erholungszeiten“ geplant waren. In Ihrer Anfragebeantwortung 13044/AB vom 15.2.2023 schreiben Sie, dass das nicht der Fall sei. Die Möglichkeit der Verkürzung von Kündigungsfristen bei Arbeitgeberkündigung ist jedoch unzweifelhaft eine Verschlechterung für Arbeitnehmer:innen. Daraus ergeben sich folgende Fragen:
a.
Seit
wann gibt es den Textvorschlag, der in der Regierungsvorlage
2031 d.B. in Artikel 4 zu finden war?
b.
Seit
wann gibt es dazu Vorgespräche und Vorarbeiten in Ihrem Bundesministerium?
5. Sind Ihrerseits aktuell weitere Verschlechterungen für ArbeitnehmerInnen wie beispielweise Ausdehnung der maximalen Arbeitszeit, eine Verkürzung der Ruhe- und Erholungszeiten, Verschlechterungen bei den Kündigungsbestimmungen, Benachteiligungen für Teilzeitbeschäftigte etc. geplant?
a. Wenn ja, welche?
b.
Gibt
es zu diesen Vorhaben bereits legistische Vorarbeiten in Ihrem
Bundesministerium?
i. Wenn ja, welchen Inhalt haben diese?
ii. Wenn nein, planen Sie solche in Auftrag zu geben?
c.
Gab
es zu diesen Vorhaben bereits Vorgespräche in Ihrem Bundesministerium?
i. Wenn ja, wer hat an diesen Gesprächsrunden teilgenommen?
ii. Wenn
ja, welchen Inhalt und welches Ergebnis hatten diese Gespräche?