15049/J XXVII. GP
Eingelangt am 12.05.2023
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ANFRAGE
des Abgeordneten Mag. Harald Stefan
an die Bundesministerin für Justiz
betreffend Covid-19-Impfstoff – Ermittlungen und „Klagen“ auf EU- und nationaler Ebene
Seit Monaten reißen Meldungen über die mutmaßlich strafrechtlich relevante Beschaffung von Covid-19-Impfstoffen auf EU-Ebene nicht ab.
So berichtete die „Berliner Zeitung“ bereits im Oktober 2022:[1]
In einer lapidaren Mitteilung heißt es dazu von der Behörde: „Die Europäische Staatsanwaltschaft (EPPO) bestätigt, dass sie eine laufende Untersuchung zum Erwerb von Covid-19-Impfstoffen in der Europäischen Union führt. Diese außergewöhnliche Bestätigung erfolgt wegen des extrem hohen öffentlichen Interesses. Zu diesem Zeitpunkt werden keine weiteren Details veröffentlicht.
In der Chefetage der EU-Kommission herrscht wegen der Ermittlungen große Nervosität, berichtet das gewöhnlich sehr gut informierte Magazin Politico. Denn die Vertragsverhandlungen mit den Impfherstellern waren „Chefsache“. Die Präsidentin der EU-Kommission, Ursula von der Leyen, hatte den Deal mit Pfizer-Chef Albert Bourla an sich gezogen. Das Volumen soll laut MDR etwa 35 Milliarden Euro betragen haben.
Anfang 2023 wurde bekannt, dass auch die US-amerikanische „New York Times“ in derselben Sache „Klage gegen die EU-Kommission eingereicht hat“: [2]
Die "New York Times" hat Klage gegen die Europäische Kommission eingereicht. Das geht aus einem offiziellen Eintrag im öffentlichen Register des EU-Gerichtshofs hervor, der jedoch keine näheren Details zu den Hintergründen enthält. Einzig der Zeitpunkt, an dem die Klageschrift eingereicht wurde, ist dort hinterlegt: der 25. Januar.
Hintergrund ist offenbar das Interesse der "New York Times" an Textnachrichten zwischen EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und Pfizer-CEO Albert Bourla, die Informationen zum europäischen Ankauf von Covid-19-Impfstoffen bei dem Pharmaunternehmen enthalten können.
Und zu guter Letzt sieht sich auch Kommissionspräsidentin von der Leyen persönlich mit den Strafverfolgungsbehörden konfrontiert, wie die „Berliner Zeitung“ im April 2023 meldete:[3]
Der belgische Lobbyist Frédéric Baldan hat am 5. April beim erstinstanzlichen Gericht in Lüttich Klage eingereicht. Das melden Le Vif, Politicio und Euractiv sowie France Soir. Euractiv schreibt, Baldan sei der Ansicht, dass die mutmaßlichen Verstöße von der Leyens „die öffentlichen Finanzen seines Landes und das öffentliche Vertrauen untergraben haben“.
In der Beschwerdeschrift wird dieses als „kollektives Vertrauen in den Staat als institutionelle Macht, die für das Gemeinwohl arbeitet“ definiert. Baldan wirft von der Leyen die Straftatbestände der Aneignung von Funktionen, der Vernichtung öffentlicher Urkunden und der Korruption vor. Ursula von der Leyen sei gar nicht autorisiert gewesen, mit Pfizer zu verhandeln, weil sie nicht Mitglied der dafür zuständigen Steuerungsgruppe gewesen sei.
In Österreich hingegen steht abermals das mehr als fragwürdige Bestell-Management hinter den Covid-19-Impfstoffen im Fokus der Berichterstattung. Denn: „13,6 Millionen Impfdosen landen auf dem Müll“.[4]
Laut einem ORF-Bericht wurden bis Anfang Mai seit Beginn der Pandemie 20,1 Millionen Dosen verimpft. 13,2 Millionen Dosen liegen aber noch immer auf Lager. Besonders drastisch ist die Höhe der bereits abgelaufenen Vakzine: Bis Anfang Mai wurden bereits fünf Millionen vernichtet, 8,6 Millionen sind abgelaufen. Das bedeutet: Mehr als 13 Millionen Impfdosen wurden sinnlos bestellt, wir Steuerzahler hatten davon nie einen Nutzen.
Steuergeldvernichtung um hunderte Millionen Euro
Wie tief die Österreicher für das verfehlte Bestell-Management tatsächlich in die Tasche greifen müssen, ist nur ungefähr abzuschätzen. Das Gesundheitsministerium verschweigt bis heute die genaue Höhe des Einkaufspreises und beruft sich auf das Vertragsgeheimnis.
In diesem Zusammenhang stellt der unterfertigte Abgeordnete an die Bundesministerin für Justiz folgende
Anfrage
1. Welchen Kenntnisstand haben Sie in den Fällen „Ermittlungen der EU-Staatsanwaltschaft“, „New York Times gegen die EU-Kommission“ und „Strafverfolgung von der Leyens in Belgien“ im Zusammenhang mit der Beschaffung von Covid-19-Impfstoffen durch die EU?
2. Sind in diesen Fällen österreichische Staatsbürger involviert?
a. Wenn ja, wer ist in welchem Fall wie genau involviert?
b. Wenn ja, wird in diesen Fällen gegen österreichische Staatsbürger vonseiten der (nationalen und internationalen) Strafverfolgungsbehörden ermittelt?
c. Wenn ja, gegen wen wird aufgrund welchen Verdachts in welchem Fall ermittelt?
3. Sind in diesen Fällen in Österreich aufhältige Personen involviert?
a. Wenn ja, wer ist in welchem Fall wie involviert?
b. Wenn ja, wird in diesen Fällen gegen in Österreich aufhältige Personen vonseiten der (nationalen und internationalen) Strafverfolgungsbehörden ermittelt?
c. Wenn ja, gegen wen wird aufgrund welchen Verdachts in welchem Fall ermittelt?
4. Sind in diesen Fällen juristische Personen mit Sitz in Österreich involviert?
a. Wenn ja, welche juristischen Personen sind in welchem Fall wie genau involviert?
b. Wenn ja, wird in diesen Fällen gegen juristische Personen mit Sitz in Österreich vonseiten der (nationalen und internationalen) Strafverfolgungsbehörden ermittelt?
c. Wenn ja, gegen welche juristischen Personen wird aufgrund welchen Verdachts in welchem Fall ermittelt?
5. Wurden Sie und Ihr Ministerium in diesen Fällen bereits um Amtshilfe ersucht?
a. Wenn ja, welche Behörden ersuchte um Amtshilfe? (Bitte aufgeschlüsselt nach jeweiligem Fall)
b. Wenn ja, um welche Amtshandlungen handelte es sich? (Bitte aufgeschlüsselt nach jeweiligem Fall)
c. Wenn ja, welche Amtshandlungen haben Sie und Ihr Ministerium in diesem Zusammenhang gesetzt? (Bitte aufgeschlüsselt nach jeweiligem Fall)
6. Arbeiten Sie und Ihr Ministerium in diesen Fällen mit anderen Mitgliedstaaten der EU zusammen?
a. Wenn ja, in welchen Fällen?
b. Wenn ja, inwiefern? (Bitte aufgeschlüsselt nach jeweiligem Fall)
c. Wenn ja, welche Amtshandlungen haben Sie und Ihr Ministerium in diesem Zusammenhang bereits gesetzt? (Bitte aufgeschlüsselt nach jeweiligem Fall)
7. Ermitteln bzw. ermittelten österreichische Behörden im Zusammenhang mit der Beschaffung von Covid-19-lmpfstoffen durch die EU?
a. Wenn nein, warum nicht?
b. Wenn ja, gegen wen konkret?
c. Wenn ja, seit wann bzw. in welchem Zeitraum?
d. Wenn ja, aufgrund welcher Verdachtslage?
e. Wenn ja, zu welchem Ergebnis führten die Ermittlungen bzw. welcher Ermittlungsstand liegt vor?
8. Wird im Zusammenhang mit dem Bestell-Management hinter den Covid-19-Impfstoffen bzw. der Vernichtung von abgelaufenen Vakzinen gegen BM Rauch ermittelt?
a. Wenn nein, warum nicht?
b. Wenn ja, aufgrund welchen Verdachts wird ermittelt?
9. Wird im Zusammenhang mit dem Bestell-Management zu den Covid-19-Impfstoffen bzw. der Vernichtung von abgelaufenen Vakzinen gegen andere Personen ermittelt?
a. Wenn nein, warum nicht?
b. Wenn ja, gegen wen wird aufgrund welchen Verdachts ermittelt?
[1] Berliner Zeitung, Von der Leyen nervös: EU-Staatsanwaltschaft ermittelt wegen Pfizer-Deal, https://www.berliner-zeitung.de/wirtschaft-verantwortung/von-der-leyen-nervoes-eu-staatsanwalt-ermittelt-wegen-pfizer-deal-li.281403
[2] stern, "New York Times" reicht Klage gegen die EU-Kommission ein, https://www.stern.de/politik/ausland/-new-york-times--reicht-klage-gegen-die-eu-kommission-ein-33194748.html
[3] Berliner Zeitung, Impfstoff-Deal mit Pfizer: Erste Klage gegen Ursula von der Leyen, https://www.berliner-zeitung.de/wirtschaft-verantwortung/pfizer-deals-erste-klage-gegen-ursula-von-der-leyen-li.340127
[4] exxpres, Skandal: 13,6 Millionen Impfdosen abgelaufen - unser Steuergeld landet auf dem Müll, https://exxpress.at/skandal-136-millionen-impfdosen-abgelaufen-unser-steuergeld-landet-auf-dem-muell/