1508/J XXVII. GP
Eingelangt am 14.04.2020
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind
möglich.
Anfrage
der Abgeordneten Yannick Shetty, Kolleginnen und Kollegen
an die Bundesministerin im Bundeskanzleramt MMag. Dr. Susanne RAAB
betreffend
ÖIF versendet unvollständige COVID-19-lnformationen an Menschen aus-
ländischer Herkunft
Am 09. April 2020 wurde uns eine WhatsApp-Nachricht zugesandt, die am Vortag, den 08. April, an eine Person ausländischer Herkunft scheinbar vom ÖIF versandt wurde und bei dieser Person zu einiger Verunsicherung führte. Den Inhalt der Nachricht können Sie folgendem Screenshot entnehmen:

Selbst wenn der zugrundeliegende Gedanke der Informationsverbreitung grundsätzlich be-grüßenswert sein mag, so ist der Inhalt jedoch hinterfragenswürdig, insbesondere jener Satz:
"Sie dürfen das Haus nur verlassen, um arbeiten zu gehen oder für dringende Einkäufe oder Arztbesuche. Bei Verstößen drohen hohe Strafen!"
Hierbei handelt es sich nachweislich um lediglich einen Teil der offiziell erlaubten Gründe, das Haus zu verlassen - es handelt sich also um Halbinformation von Seiten einer offziellen Stelle, nämlich des ÖIF, in Kombination mit der Androhung "hoher Strafen!“. Sie selbst haben laut APA-Meldung vom 27. März 2020 eine "Offensive gegen Fake News für Migranten" gestartet, die die Verbreitung von Falsch-Nachrichten und sog. Corona-Mythen unter Migrant_innen verhindern soll. Im Zuge dieser Kampagne seien laut Ihren Angaben am 27. März 2020 "bereits mehr als 260.000 Menschen via SMS, Mail und online kontaktiert" worden.1 Es stellt sich nun die Frage, ob diese Nachricht Teil der sog. Informationskampagne ist.
Zum Vergleich - das BMSGPK schreibt zu den Ausnahmen des Betretungsverbotes öffentlicher Plätze auf seiner Homepage (Stand 09.04.2020) folgendes:
"Es gibt derzeit nur wenige Gründe, das Haus zu verlassen - die Ausnahmen vom Betretungsverbot öffentlicher Orte sind:
· Um eine unmittelbare Gefahr für Leib, Leben und Eigentum abzuwenden.
· Berufliche Tätigkeit, wobei ein Abstand zwischen einzelnen MitarbeiterInnen von mindestens einem Meter einzuhalten ist, sofern nicht durch entsprechende Schutzmaßnahmen das Infektionsrisiko minimiert werden kann.
· Besorgungen zur Deckung der notwendigen Grundbedürfnisse des täglichen Lebens (z.B.: Lebensmitteleinkauf, Gang zur Apotheke oder zum Geldautomat, Arztbesuch, medizinische Behandlungen, Therapie, Versorgung von Tieren). Es ist dabei ein Abstand von mindestens einem Meter von anderen Personen einzuhalten.
· Betreuung und Hilfeleistung von unterstützungsbedürftigen Personen.
· Um ins Freie zu gehen (z.B. zum Spazieren oder Laufen) - aber nur alleine, mit Personen, die im gemeinsamen Haushalt leben, oder mit Haustieren."
Die Punkte 1, 4 und 5 wurden in der Nachricht des ÖIF gar nicht, Punkt 3 nur unvollständig erwähnt. Das ist besonders deswegen kritisch zu bewerten, da es sich hierbei um eine Zielgruppe handelt, die möglicherweise der deutschen Sprache nicht volkommen mächtig ist, kein vergleichbares soziales Netzwerk hat wie z.B. die einheimische Bevölkerung, das zur Aufklärung bei Verunsicherungen beitragen und weitere Informationen bieten könnte, die möglicherweise nicht weiß, wie sie selbst an entsprechende Informationen kommen kann und die mit dem österreichischen Rechtssystem im Ganzen nicht vertraut ist. Zudem befinden sich viele Personen dieser Zielgruppe in keiner geregelten oder schwierigen Lebens- bzw. Wohnsituation, leiden häufig unter psychischen Belastungen als Resultat traumatischer Erfahrungen und haben daher möglicherweise auch besonders unter den Ausgangsbeschränkungen zu leiden. Umso wichtiger wäre die Information, dass es selbstverständlich weiterhin erlaubt ist, einen Spaziergang im Freien zu machen oder sportlichen Betätigungen wie Laufen etc. nachzugehen - selbstverständlich unter Einhaltung der notwendigen Sicherheits- und Hygienebestimmungen. Selbst das Argument, der in der WhatsApp-Nachricht angegebene Link würde zu weiterführenden Informationen führen, ist unzureichend. Denn auch auf der Homepage des ÖIF "www.integrationsfonds.at/coronainfo" sind die Gründe, das Haus zu verlassen, nur unvollständig aufgelistet, wie dieser Screenshot vom 09. April 2020 zeigt:

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende
Anfrage:
1. Ist obenstehende WhatsApp-Nachricht vom ÖIF oder mit ihm oder dem BMFI im Zusammenhang stehenden Organisationen oder Institutionen versendet worden?
a. Wenn ja, wann wurde diese Nachricht versendet (bitte um Angabe des genauen Datums bzw. der genauen Daten, falls die Nachricht mehrmals versendet wurde)?
b. Wenn ja, an wie viele Personen wurde diese Nachricht versendet?
c. Wenn ja, nach welchen Kriterien wurde der Personenkreis ausgewählt, an den diese Nachricht versendet wurde?
2. Wieso fällt die Informationsweitergabe an einen Teil der Bevölkerung in einer solch wichtigen Angelegenheit wie den Corona-Schutzmaßnahmen, die die gesamte Bevölkerung gleichermaßen betreffen, in den Bereich des ÖIF?
3. Wem obliegt von Seiten des ÖIF bzw. der Stelle, die diese Nachricht versendet hat, die Verantwortung für den Inhalt und die Freigabe dieser Nachricht?
4. Warum beinhaltet die Whatsapp-Nachricht nur einen Teil der Gründe, wegen denen man zurzeit offiziell das Haus verlassen darf und das, ohne auf diese Unvollständigkeit hinzuweisen?
5. Ist diese Nachricht Teil der erwähnten sog. Informationskampagne gegen Fake News und Corona-Mythen, die von Ihnen selbst initiiert wurde?
6. Welche Nachrichten wurden im Rahmen dieser Informationskampagne versendet (bitte um Angabe des Inhaltes aller versendeten Nachrichten in diesem Zusammenhang)?
7. Wem obliegt von Seiten des ÖIF die Verantwortung für den Inhalt und die Freigabe dieser Nachrichten?
8. Wann genau wurden diese Nachrichten jeweils versendet?
9. Wie viele Menschen erhielten die Informationen der Aufklärungskampagne und über weIche Kanäle (E-Mail, WhatsApp, SMS etc.)?
10. Beinhaltete die Kampagne darüber hinaus auch weiterführende Hilfestellungen für Migrant_innen und Geflüchtete bezüglich psychologischer Unterstützung in diesen herausfordernden Zeiten?
11. Sie betonen als Frauen- und Integrationsministerin immer wieder das Problem der Ungleichbehandlung von Frauen in Familien mit Migrations- und Fluchthintergrund und Gewalt gegen Frauen in diesem Zusammenhang. Die Maßnahmen zur Eindämmung des Corona-Virus verstärken diese Gewalttendenzen allgemein. Haben Sie diesbezüglich im Zuge Ihrer Informationskampagne Hilfestellungen, Hotlines oder andere AnlaufsteIlen für Betroffene angeboten?
a. Wenn ja, welche sind das genau?
b. Wenn nein, warum nicht?
12. Haben alle in Punkt 1.b und 9. betroffenen Personen ihr Einverständnis gegeben, dass ihre persönlichen Daten (Telefonnummer, E-Mail-Adresse etc.) vom ÖIF für solche Zwecke wie diese Informationskampagne verwendet werden dürfen?
a. Wenn ja, in welcher Form liegt dieses Einverständnis vor?
b. Wie kommt der ÖIF an die Daten dieser Personen?
c. Wie lautet der exakte Wortlaut der Zustimmungserklärung der Empfänger?
13. Da der ÖIF spätestens mit dieser Anfrage nun über die Unvollständigkeit der von ihm versandten Informationen und die daraus entstandene Verunsicherung auf Seiten der betroffenen Personen informiert wurde, welche konkreten Maßnahmen gedenkt der ÖIF gegen die unvollständige Informationsübermittlung zu setzen, um möglichst rasch Klarheit für die Betroffenen zu schaffen und wann soll das passieren?
1 https://www.aomweb.apa.at/portal/restricted/text.htm?txtSession=uFbSdUC611paRl247el-
CUe8jwGIDNfvxyTT8zm60&hist=0&in-
dex=0#show&key=APA_20200327_APA0053&date=20200327