15081/J XXVII. GP

Eingelangt am 24.05.2023
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten Dr. Helmut Brandstätter, Kolleginnen und Kollegen

an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten

betreffend Österreichs Beitrag zur Entminung in der Ukraine

 

Im Gegensatz zu Präsident Alexander Van der Bellen (und auch dem Grünen Wehrsprecher David Stögmüller) haben sich Bundeskanzler Karl Nehammer und Verteidigungsministerin Klaudia Tanner mehrmals strikt gegen eine Beteiligung an der Entminung der Ukraine – selbst in nicht mehr vom Krieg betroffenen Regionen – ausgesprochen. Für den Bundeskanzler stellt ein Entminungseinsatz in einem in einen Konflikt verwickelten Land ein Problem mit der österreichischen Neutralität dar.

Verteidigungsministerin Tanner fügte hinzu, es sei in der Ukraine nicht zwischen einer militärischen und einer humanitären Entminung zu unterscheiden. Sie konnte sich aber dennoch vorstellen, dass sich Österreich an einer Entminungsoperation der Europäischen Union finanziell beteiligt. Ein derartiges Vorgehen würde im krassen Gegensatz zum österreichischen Ansatz zu EU-Militärhilfe stehen, wo Österreich klarstellt, dass österreichische Finanzmittel an die Friedensfazilität nicht für militärische, sondern ausschließlich für zivile Hilfe verwendet werden dürfen, und folglich zivile und militärische Verwendung streng trennbar sein müssen.

Außenminister Alexander Schallenberg merkte beim Außenministertreffens am 22. Mai an, dass man sehr wohl militärische und zivile Entminung trennen könne, und Österreich sich ohnehin bereits an der Entminung in der Ukraine im Rahmen der OSZE beteilige. Damit widerspricht der Außenminister seiner Kollegin im Verteidigungsministerium hinsichtlich der Trennbarkeit von militärischer und humanitärer Entminung, und dem Bundeskanzler hinsichtlich der neutralitätsrechtlichen Implikationen einer österreichischen Teilnahme. 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage:

 

  1. An welchen Entminungsprojekten beteiligt sich Österreich innerhalb der OSZE?
    1. Um welche Art der Beteiligung – finanziell, technologisch, Einbringung von Expertise – handelt es sich?
    2. Seit wann finden diese Projekte statt? 
    3. Waren an diesen OSZE Projekten Österreicher:innen in der Ukraine beteiligt?

                                          i.    Wenn ja, wie viele?

                                        ii.    Wenn ja, von wann bis wann?

                                       iii.    Wenn ja, aus welchen Ministerien und in welchen Funktionen?

                                       iv.    Wenn ja, aus welchen Budgets wurden diese Personen bezahlt?

    1. Wie viel Geld hat Österreich für Entminung in der Ukraine aufgewendet?

                                          i.    In welchen Jahren wurden Beiträge geleistet? 

                                        ii.    Aus welchen Budgets stammen diese Mittel?

    1. Hat Österreich Sachleistungen für OSZE-Programme zur Entminung in der Ukraine beigestellt?

                                          i.    In welchen Jahren wurden diese Sachleistungen zur Verfügung gestellt?

                                        ii.    Aus welchen Beständen bzw. Budgets stammen diese Sachleistungen?

  1. Minister Schallenberg hat mehrmals erklärt, dass österreichische Beiträge an die EU-Friedensfazilität nur für zivile Hilfe verwendet werden dürfen, und dass eine strenge Trennung zwischen zivilen und militärischen Projekten möglich ist. Ministerin Tanner widerspricht dieser Auffassung bei der Entminung. Wie kann Österreich sicherstellen bzw. wie hat Österreich bislang sichergestellt, dass die Entminungsarbeit, die über die OSZE von Österreich unterstützt wird, rein ziviler bzw. humanitärer und nicht militärischer Natur ist?
  2. Wie verhält sich Österreichs Beitrag zu Entminung in der Ukraine zur vom Bundeskanzler angesprochenen Neutralität?
  3. Wenn ein Beitrag zur Entminung im Rahmen der OSZE neutralitätsrechtlich möglich ist, aufgrund welcher neutralitätsrechtlicher Bestimmungen wäre eine Entminung durch ein Projekt der Europäischen Union nicht möglich? 
  4. Österreich ist der GASP und der GSVP vollinhaltlich beigetreten und kann daher an allen europäischen außenpolitischen und verteidigungspolitischen Unterfangen teilnehmen. Welche Einschränkungen macht die Bundesregierung geltend, wenn sie europäische Entminungsprojekte als verfassungswidrig ablehnt?
    1. Sollte Entminung im Rahmen eines EU-Projekts aufgrund Österreichs Teilhabe an der GASP und der GSVP doch möglich sein, aufgrund welcher Bestimmungen trennt Österreich seine Beiträge an die Europäische Friedensfazilität streng nach militärischen und zivilen Anwendungen? Welche Unterschiede gibt es rechtlich zwischen Entminung und anderen Hilfen unter der GASP bzw. der GSVP?
  1. In der medialen Debatte um Österreichs Mithilfe bei der humanitären Entminung der Ukraine wird nun verlautbart, dass Entsendungen von Österreicher:innen unmöglich seien, finanzielle Teilnahme an einem Projekt aber geprüft würden. Gibt es eine neutralitätsrechtliche Unterscheidung zwischen personeller und finanzieller Unterstützung durch Österreich in einem kriegerischen Konflikt?