15085/J XXVII. GP

Eingelangt am 24.05.2023
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Anfrage

der Abgeordneten Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen

an die Bundesministerin für Frauen‚ Familie‚ Integration und Medien

betreffend Missstände beim Kinderbetreuungsgeld

 

Die ersten Lebensmonate sind eine ganz besondere Zeit für frische Eltern und ihr Neugeborenes. In dieser Phase ist es besonders wichtig, dass Familien sich auf das Wesentliche konzentrieren - die Bedürfnisse des Kindes und das Wohlergehen der Obsorgeberechtigten. Inakzeptabl sind unnötige bürokratischen Hürden. Genau zu solchen kommt es jedoch bei unzähligen Anträgen auf Bezug des Kinderbetreuungsgelds. Betroffene Familien berichten von monatelangen Wartezeiten und komplizierten Regelungen (1). Für die Abwicklung des Kinderbetreuungsgelds ist der Versicherungsträger ÖGK zuständig und an die Weisungen des Familienministeriums gebunden. Diese gibt vor, dass zum Beispiel Eltern mit einem grenzüberschreitenden Einkommensverhältnis nicht unterstütz werden sollen und auch, dass die ÖGK nicht mit der Arbeiterkammer oder Volksanwaltschaft zu kooperieren hat (2). Die strikten Weisungen an die ÖGK sind nicht nachvollziehbar oder öffentlich auffindbar, wodurch ein konkreter Einblick in diese Auflistung erforderlich ist.

Außer den Weisungen an die ÖGK berichten betroffenen Familien vor allem von monatelangen Verzögerungen bei den Auszahlungen, ungerechtfertigten Rückforderungen ohne Selbstverschulden (wenn z. B. der Kinderarzt vergessen hat eine Untersuchung im Mutter-Kind-Pass einzutragen) oder Gegenwehr bei der Auszahlung an Eltern mit grenzüberschreitenden Einkommensverhältnissen. Dies ist zum Beispiel der Fall bei einer Familie mit einem Einkommen aus den Niederlanden, welcher durch zwei Instanzen sogar recht gegeben wurde, Anspruch auf Kinderbetreuungsgeld zu haben, dieses aber immer noch nicht ausbezahlt wird, weil erneut Rechtsmittel erhoben wurden (3). Allein im letzten Jahr berichtet die Arbeiterkammer von 15.000 telefonischen Anfragen zum Kinderbetreuungsgeld, dieses Jahr sind es schon 4.000 (3). Auch bei uns NEOS melden sich immer wieder verzweifelte Jungfamilie, die mit Problemen beim Kinderbetreuungsgeld konfrontiert sind.

Trotz mehrfacher Thematisierung der Auszahlungsverzögerungen bei Familienleistungen, scheint sich das Problem nicht zu lösen. Die Verfahren zu Familienleistungen sind durch FABIAN vereinfacht, allerdings dürfte das gerade bei der Auszahlung des Kinderbetreuungsgeldes keine Verbesserung gebracht haben - wie man auch an medialen Berichten sieht (4). So ist das Kinderbetreuungsgeld als Stütze des Staates gedacht für die Zeit, während derer man für die Zeit mit einem neugeborenen Kind seine Berufstätigkeit aufgibt. Eltern brauchen dieses Geld also, damit sie überhaupt ein "Einkommen" während der Karenz haben. Wie in der Vergangenheit angeführt, gibt es hier nicht nur medial berichtete "Einzelfälle", sondern auch der Rechnungshof(5) oder die Volksanwaltschaft(6) kritisierten bereits vor einiger Zeit die oft langen Wartezeiten für das Kinderbetreuungsgeld - es liegt also scheinbar ein systematisches Versagen zulasten der Familien vor.

In den vom Rechnungshof untersuchten Beispielfällen lag die durchschnittliche Erledigungsdauer bei 45 Tagen im Inland. Zumindest in diesem Untersuchungszeitraum lag die Wartezeit auf einen positiven Bescheid also bei rund eineinhalb Monaten - eine lange Zeit, wenn sich die Abwicklung von Wochengeld und Anfang der Karenz ungünstig überschneiden. In Anfragebeantwortungen wurde darauf verwiesen, dass Bearbeitungszeiten innerhalb von knapp mehr als einem Jahr nicht final ausgewertet werden könnten. In Folge dessen konnte bisher also gar kein ordentlicher Vergleich über potenzielle Verbesserungen angestellt werden (7). Zwischenzeitlich wurde stattdessen auf mangelhafte Anträge als Ursache verwiesen und die Verantwortung bei den Eltern gesucht. Trotz aller Besserungen bleiben die Ursachen für verspätete Auszahlungen in den Berichten gleich: Probleme beim Abgleich mit anderen Registern, grenzübergreifenden Arbeitsverhältnissen oder einfach zu hoher bürokratischer Aufwand. So sehr, dass auch die Arbeiterkammer schließlich einen offenen Brief mit den wichtigsten Reformforderungen zur Abwicklung vorgelegt hat (8) und verlangt hat, das auch der Staat seine Verantwortung wahrnimmt und die Abwicklung vereinfacht.

Eine Erleichterung der Verfahren hat mit der Zusammenlegung der ÖGK und damit leichterer Abwicklung bei beispielsweise Bundesländerunterschieden zwischen Wohn- und Arbeitsstätte erfolgen sollen. Dennoch nimmt auch die Zahl der Bürger:innenmeldungen mit Anfragen um Unterstützung und Thematisierung wieder zu, sodass es ganz offensichtlich wieder nötig ist, einen neueren Dateneinblick zu erhalten. 

 

(1) https://www.derstandard.at/story/2000146611519/kritik-an-familienfeindlichen-huerden-auf-dem-weg-zum-kinderb
(2) https://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20230522_OTS0051/oegk-huss-weisungskatalog-des-familienministeriums-beim-kinderbetreuungsgeld-verursacht-probleme-fuer-versicherte
(3) https://oe1.orf.at/player/20230522/719786/1684751884000
(4) https://www.heute.at/s/wienerin-verzweifelt-seit-3-monaten-kein-karenzgeld100224085 
(5) https://www.rechnungshof.gv.at/rh/home/home/004.684_Kinderbetreuungsgel
(6) https://volksanwaltschaft.gv.at/artikel/Kinderbetreuungsgeld-IrrefuehrungVerzoegerung-Gesetzesbruch 
(7) https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXVII/AB/AB_07511/index.shtml 
(8)  https://www.arbeiterkammer.at/offener-brief 

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage:

 

  1.  Wie viele Anträge auf Kinderbetreuungsgeld wurden jeweils im Jahr 2020, 2021 und 2022 gestellt? (Bitte um Auflistung getrennt nach Jahr, Bundesland und Geschlecht der Antragsteller:in)
    1. Wie viele davon wurden bereits erledigt?
    2. Wie viele davon sind noch gänzlich unbearbeitet?
    3. Wie viele sind aktuell in Bearbeitung (d.h. es fließt noch kein Geld an Familien, weil Anträge zB unvollständig sind)?
    4. Wie viel Prozent der in Bearbeitung befindlichen KinderbetreuungsgeldAnträge haben jeweils einen Auslandsbezug (ein Elternteil lebt oder arbeitet im Ausland)?
  1. Wie lange ist die durchschnittliche Bearbeitungsdauer eines Antrags auf Kinderbetreuungsgeld in Tagen? (Bitte um Auflistung getrennt nach Jahren, Bundesland und Geschlecht der Antragsteller:in?)
  2. Wie viele Anträge auf Kinderbetreuungsgeld konnten nicht bearbeitet werden, da der Nachweis auf Bezug von Familienbeihilfe nicht vorlag?
    1. Um wie viele Tage verzögert sich die Bearbeitung der Anträge für das Kinderbetreuungsgeld, da kein Nachweis auf Bezug von Familienbeihilfe vorliegt?
    2. In wie vielen Fällen konnten die Anträge bearbeitet werden, da der Nachweis auf Bezug von Familienbeihilfe nachgereicht wurde?

                                          i.    In wie vielen Fällen war diese Verzögerung auf eine Verzögerung seitens des Finanzamtes bei der Ausstellung des Nachweises zurückzuführen?

  1. Wie lange dauert die Bearbeitung von Anträgen auf Kinderbetreuungsgeld durchschnittlich in Tagen, wenn einer der Elternteile in einem anderen EU-Staat wohnt oder arbeitet? (Bitte um Auflistung getrennt nach Jahren ab 2018, Bundesland und Geschlecht der Antragsteller:in?)
    1. Wie viele solcher Anträge wurden jeweils im Jahr 2020, 2021 und 2022 gestellt?
    2. Wie viele davon wurden bereits erledigt?
    3. Wie viele davon sind noch gänzlich unbearbeitet?
    4. Wie viele sind aktuell in Bearbeitung (d.h. es fließt noch kein Geld an Familien, weil Anträge zB unvollständig sind)?
  1. Gibt es Anträge, deren Bearbeitung schon länger als 365 Tage dauert?
    1. Wenn ja, wie viele und wann ist mit einer Erledigung zu rechnen? (Bitte um Auflistung nach Jahr der Antragstellung, bisheriger Bearbeitungsdauer in Tagen, Bundesland und Geschlecht der Antragsteller:in)
    2. Wie viele davon haben einen Auslandsbezug (ein Elternteil wohnt oder arbeitet nicht in Österreich)? (Bitte getrennt nach EU- oder nicht EUStaat) 6. Welche Schritte haben Sie jeweils 2021 und 2022 gesetzt, um die Bearbeitung der Anträge auf Kinderbetreuungsgeld zu beschleunigen? a. Welche Auswirkungen (beispielsweise auf die Bearbeitungsdauer) konnten durch die Kassenreform erzielt werden? b. Welche Auswirkungen/ Effizienzsteigerungen könnten durch eine Anbindung der Versicherungsträger als Abwicklungsstelle an FABIAN erzielt werden?
  1. Wie viele Fälle beinhalten ein oder mehrere grenzüberschreitende Einkommensverhältnisse einer oder mehrerer obsorgeberechtigten Personen? (Bitte um Auflistung nach Anzahl der Fälle und Land des Einkommensverhältnisses)
  2. Wie viele Rückforderungsbescheide wurden jeweils in den Jahren 2019 bis 2022 ausgestellt? (Bitte um Auflistung nach Rückforderungsgrundlage und Ist-Zustand des Verfahrens)
    1. Wie viele davon wurden angefochten? (Bitte um Auflistung nach Anfechtungsgrundlage und Ist-Zustand des Verfahrens)
  1. Wie viele Beschwerden bezüglich der Auszahlung und Bearbeitungsdauer sind jeweils in den Jahren 2019 bis 2022 eingelangt? (Bitte um Auflistung nach Beschwerdegegenstand und Ist-Zustand der Bearbeitung)
  2. Wie viele Anträge wurden fälschlicherweise jeweils in den Jahren 2019 bis 2022 stattgegeben und im Nachhinein zurückgezogen? (Bitte um Auflistung nach Dauer zwischen Antrags-Eingang bzw. Antrags-Gewährung und Rückzugsforderung, sowie Rückzugsgrundlage)
  3. Wie viele Anzeigen der Staatsanwaltschaft aus dem Familienministerium gegen den abwickelnden Versicherungsträger ÖKG wurden aufgegeben? (Bitte um Auflistung nach Grundlage und Ist-Zustand der Anzeigen)
  4. Welche Weisungen werden dem Versicherungsträger zur Abwicklung des Kinderbetreuungsgeldes vorgegeben? (Bitte um Auflistung aller Weisungen nach Grundlage)
  5. Welche Verbesserungen zur Kürzung der Bearbeitungsdauer sind vorgesehen?
  6. Welche Verbesserungen zur Vermeidung von Fehlentscheidungen sind vorgesehen?