15087/J XXVII. GP

Eingelangt am 24.05.2023
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Anfrage

der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen

an den Bundesminister für Inneres

betreffend Ehrenstaatsbürgerschaft für Polizeiretter der Terrornacht am 2.11.2020 wegen Gefährlichkeit verweigert?

 

Gemäß §10 Abs. 6 StbG können Staatsbürgerschaften im besonderen Interesse der Republik vergeben werden. Es handelt sich dabei um eine im Staatsbürgerschaftsrecht verankerte Bestimmung, welche für jene Personen, die sich im besonderen Maß um die Republik Österreich verdient gemacht haben und machen werden, einen erleichterten Zugang zur Staatsbürgerschaft ermöglicht. Über das Interesse des Einzelnen an der Verleihung der Staatsbürgerschaft hinausgehend, dient diese Bestimmung daher auch dem Interesse der Republik.1

Osama Abu El Hosna flüchtete 2011 aus dem Gaza-Streifen nach Österreich und wurde der österreichischen Bevölkerung breit bekannt, als er in der Terrornacht vom 2.11.2020 einem verletzten Polizisten half und diesen aus der Gefahrenzone bringen konnte. Seit seiner Ankunft in Österreich im Jahr 2013 konnte er den Schulabschluss und zwei Ausbildungen als Elektrotechniker und bei McDonald´s machen.2

Als gebürtiger Palästinenser ist er jedoch staatenlos. Im September 2020 beantragte er die österreichische Staatsbürgerschaft. Doch die für Einwanderung und Staatsbürgerschaft zuständige Wiener Magistratsabteilung 35 (MA 35) teilte ihm am 21. Dezember 2022 mit, seine Einbürgerung sei „derzeit nicht möglich“. Ein schriftlicher Widerspruch seiner Anwältin vom 31. Jänner 2023 blieb erfolglos. Am 16. Februar wies die MA 35 seinen Antrag erneut ab.

Hintergrund der ersten Ablehnung ist ein mit 14. Dezember 2022 datierter Bericht des Wiener Landesamts für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (LVT) an die MA 35. Darin wurde festgehalten, dass er „nach wie vor im Umfeld der terroristischen Gruppierung Hamas in Erscheinung“ treten würde und eine Verleihung der Staatsbürgerschaft daher „eine erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit der Republik Österreich“ darstelle. Der Verdacht ließ sich allerdings nicht bestätigen: Im Zuge der "Operation Luxor" im November 2020, ist Osama Abu El Hosna von der Staatsanwaltschaft Graz verdächtigt worden, Spendengelder zur Hamas weitergeleitet zu haben. Das Landesgericht für Strafsachen Graz stellte das Verfahren ein. Seine Anwältin sah den LVT-Bericht als willkürlich an und forderte in ihrer Stellungnahme gegenüber der MA 35 vom 31. Jänner 2023, das LVT möge seine Ermittlungsergebnisse konkretisieren. Die MA 35 stellte daraufhin eine weitere Anfrage an das LVT Wien. Der zweite Bericht des Wiener Verfassungsschutzes vom 3. Februar 2023 enthielt im Wesentlichen dieselbe Aussage: Es bestehe weiterhin der Verdacht, „dass der Staatsbürgerschaftswerber – wenn auch im Augenblick nicht strafrechtlich relevant – ein Naheverhältnis zu einer extremistischen oder terroristischen Gruppierung“ habe. Nach Meinung der Anwältin legt das LVT - nach wie vor - keine neuen Tatsachen, entgegen der bisherigen Behauptung, über eigene Ermittlungsergebnisse, vor und zudem findet sie, würden gerichtliche Entscheidungen seitens der Behörden ignoriert werden.3

Für die Sitzung des Ständigen Unterausschuss des Ausschusses für innere Angelegenheiten am 16.03.2023 wollte ich die Angelegenheit behandelt wissen und habe deswegen Fragen dazu im Vorhinein übermittelt, auf die es aber in der Sitzung keine inhaltlichen Antworten gab. Die Fragen lauteten:

"1) Welche konkreten Erkenntnisse aufgrund welcher Information durch wen (über den Bericht des LVT Wien hinaus) liegen vor, die der Einbürgerung von Osama Abu El Hosna gem. §10 Abs. 6 StbG entgegenstehen?

2) Gab es in der Causa von Osama Abu El Hosna (mündliche oder schriftliche) Weisungen an die MA 35 und/oder das LVT Wien seitens des BMI? Von wem, wann, mit welchem Inhalt?"

 

1https://www.bmi.gv.at/406/verleihung.aspx

2https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2021-11/osama-abu-el-hosna-gefluechteter-wien-terroranschlag-rettung-polizist-oesterreich-staatsbuergerschaft/komplettansicht

3https://www.profil.at/oesterreich/held-der-terrornacht-darf-weiterhin-nicht-oesterreicher-werden/402345624

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage:

 

  1. Welche konkreten Erkenntnisse, Sachverhalte, Beweise etc. liegen vor, die der Einbürgerung von Osama Abu El Hosna gem. §10 Abs. 6 StbG entgegenstehen?
  2. Seit wann liegen diese jeweils wem in Ihrem Ressort vor?
  3. Wer brachte jeweils wem in Ihrem Ressort diese Erkenntnisse, Sachverhalte, Beweise etc. zur Kenntnis?
  4. Welche dieser Informationen haben ihren Ursprung in Ermittlungen im Inland?
    1. In welchen Ermittlungen?
  1. Welche dieser Informationen haben ihren Ursprung in Ermittlungen im Ausland?
    1. In welchen Ermittlungen in welchem Land bzw. welchen Ländern?
  1. Gibt es noch weitere Argumente, die gegen eine Einbürgerung von Osama Abu El Hosna sprechen und nicht im Bericht des LVT Wien vorkommen?
    1. Wenn ja, welche?

 

  1. Hat sich die Beurteilung seit der Einstellung der Verfahrens durch das Landesgericht für Strafsachen Graz geändert?
    1. Wenn ja, inwiefern wann?
    2. Wenn nein, warum nicht? 
  1. Welchen Stellenwert messen Sie im Zusammenhang mit der Verweigerung der Einbürgerung dem Spendengütesiegel und der Liste spendenbegünstigter Einrichtungen des Finanzministeriums bei?
  2. Gab es in der Causa von Osama El Hosna (mündlich oder schriftliche) Weisungen an die MA 35 und/oder das LVT Wien seitens
    1. Ihnen oder wem aus Ihrem Kabinett?
    2. welcher anderen Behörde bzw. Ebene Ihres Ressort?
  1. Wenn ja, wie viele, von wem und mit welchem Inhalt? 
  2. Was sind die grundsätzlichen Faktoren für eine Gefährlichkeitsprognose nach §10 Abs. 1 Z6 StbG im Zusammenhang mit Einbürgerungen? Bitte um konkrete Aufschlüsselung.
  3. Wie vielen Personen wurde aufgrund von Spenden an Vereinen, die mutmaßlich in Verbindung mit terroristischen Vereinigungen gem. § 278b Abs 2 StGB stehen, in den letzten 10 Jahren die Einbürgerung verweigert?
    1. Welche Vereine waren darunter, die auf der Liste spendenbegünstigter Einrichtungen des Finanzministeriums standen?
    2. Welche Vereine waren darunter, die mit dem Spendengütesiegel versehen waren?
  1. Wie vielen staatenlosen Personen wurde in den letzten 10 Jahren die Einbürgerung, insbesondere auf Grundlage des §10 Abs. 1 Z6 iVm Abs. 6 StbG, verweigert?
  2. Da das LVT offensichtlich die Annahme vertritt, dass der Verein „Rahma Austria“ ein vermeintliches Naheverhältnis zur Hamas hat: Warum wurde er noch nicht gem. §29 Abs. 1 VerG von der zuständigen Vereinsbehörde mittels Bescheid aufgelöst?
  3. Gibt es für diese Mutmaßungen Belege seitens des BMI?
    1. Falls ja, welche?
    2. Falls ja, seit wann laufen diesbezüglich Ermittlungen?
    3. Falls ja, wurde seitens des BMI als oberste Vereinsbehörde diesbezüglich eine Weisung zur Auflösung erteilt?

                                          i.    Wenn ja, wann durch wen? 

  1. Planen Sie dem Ministerrat vorzuschlagen Osama Abu El Hosna aufgrund seiner Leistungen während der Terrornacht die Staatsbürgerschaft außerordentlich zu verleihen?
    1. Wenn nein, warum nicht?
    2. Wenn ja, wann?