15095/J XXVII. GP
Eingelangt am 24.05.2023
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Anfrage
der Abgeordneten Christian Oxonitsch, Genossinnen und Genossen
an die Bundesministerin für Frauen, Familie, Jugend und Integration
betreffend 15a-BVG Vereinbarung über die Kinder- und Jugendhilfe in Österreich
Mit 1.1.2020 wurde die Gesetzgebungskompetenz für Angelegenheiten der Kinder- und Jugendhilfe (KJH) neu geregelt und zur Gänze den Ländern übertragen. In der Vereinbarung gemäß Artikel 15a B-VG über die Kinder und Jugendhilfe werden allgemeine Ziele definiert und die Verteilung von Aufgaben zwischen Bund und Ländern vorgenommen. Obwohl die gemeinsame Weiterentwicklung der Kinder- und Jugendhilfestandards in Artikel 1 der besagten Vereinbarung ausdrücklich erwähnt ist, beklagen Kinder- und Jugendhilfeeinrichtungen regelmäßig, dass genau diese gemeinsame Weiterentwicklung seit 2020 ausbleibt.[1] Die daraus resultierende Zersplitterung des Kinderschutzes kam während der Pandemie besonders zum Vorschein: Während KJH-Einrichtungen in manchen Bundesländern als „systemrelevant“ eingestuft und bei Impfungen priorisiert wurden, blieb in anderen Ländern eine entsprechende Einstufung und Priorisierung aus. Weiters beklagen Einrichtungen seit längerem, den zunehmenden Fachkräftemangel[2] und den damit verbundenen Qualitätsverlust der Kinder- und Jugendhilfe in Österreich.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende
ANFRAGE
1. In Artikel 1 der 15a-Vereinabrung über die Kinder- und Jugendhilfe in Österreich bekennt sich der Bund neben den anderen Vertragsparteien dazu, die Kinder- und Jugendhilfe in Österreich einheitlich zu gestalten und gemeinsame Standards festzulegen. Welche Maßnahmen/Initiativen wurden Ihrerseits gesetzt, um eine solche Weiterentwicklung/Vereinheitlichung voranzutreiben?
a. Welche Koordinierungsstrukturen sind zwischen Bund und Ländern vorgesehen, um eine solche Weiterentwicklung und Vereinheitlichung voranzutreiben?
2. Wie gedenken Sie auf die öffentlichen Warnungen und Appelle[3] des Dachverbands österreichischer Kinder- und Jugendhilfeeinrichtungen bezüglich der Fragmentierung der Kinder- und Jugendhilfe durch die 15a-Vereinbarung zu reagieren?
a. Welche Maßnahmen planen Sie, um einer solchen Fragmentierung und „Versteinerung“ entgegenzuwirken?
3. Wann kann mit einer Evaluierung der Auswirkungen der Verländerung der KJH gerechnet werden? Wer wird die Evaluierung durchführen?
4. Welchen Zeitplan gibt es, um wie angekündigt gemeinsam mit den Ländern die gemeinsamen Mindeststandards für die KJH auszuarbeiten?
5. Welche Schritte wurden gesetzt, um dem Personal-/Fachkräftemangel[4] in der Kinder- und Jugendhilfe in Österreich entgegenzuwirken?
a. Wird der Finanzausgleich entsprechende Mittel/Maßnahmen vorsehen?
6. Gab es bezüglich des Personal-/Fachkräftemangels in den letzten zwei Jahren Termine/Gespräche mit dem Arbeitsministerium bzw. den zuständigen Einrichtungen?
a. Falls ja: Zu welchen Zeitpunkt und mit welchen Rechtsträgern? Welche Ergebnisse brachten diese Gespräche?
b. Falls nein: Warum nicht?
7. Wurden in den Jahren 2018 oder 2019 anlässlich der Kompetenzverschiebung im Bereich der KJH bzw. der damit verbundenen 15a-Vereinbarung, Stellungnahmen im Bundeskanzleramt (insb. Sektion VI) verfasst?
a. Falls ja: Was war Inhalt der Stellungnahmen und wo wurden diese veröffentlicht?.
b. Falls nein: Warum wurde keine diesbezügliche Stellungnahme eingeholt?
8. Wurde die Kompetenzverschiebung in der Kinder- und Jugendhilfe seit dem Beschluss auf einer der entsprechenden Landesreferent*innen-Konferenzen thematisiert?
a. Falls ja, was war der Inhalt der Diskussion?
9. Wurde die Kompetenzverschiebung in einer der Zusammenkünfte der Ständigen Konferenz der Kinder- und Jugendanwaltschaft gemeinsam mit der Bundes- Kinder und Jugendanwaltschaft diskutiert und gibt es dazu eine Stellungnahme?
a. Falls ja: Was ist der Inhalt der Stellungnahme?
b. Falls nein: Warum nicht?
10. Der UN-Ausschuss für die Rechte des Kindes empfahl der Republik Österreich in seinem Bericht[5] am 6.3.2020, dringend sicherzustellen, dass die Qualitätsstandards der Kinder- und Jugendhilfe bundesweit einheitlich geregelt bleiben. Welche Maßnahmen/Initiativen haben Sie ergriffen, um dieser Forderung nachzukommen?
11. Die Übertragung der KJH-Gesetzgebungskompetenz an die Länder führte zu neun Landesgesetzen mit teils unterschiedlichen Qualifikationsanforderungen für dieselben Aufgabenbereiche. Welche Maßnahmen/Initiativen haben Sie gesetzt, um eine diesbezügliche Harmonisierung herbeizuführen?
12. Gemäß Artikel 3 Abs. 2 der 15a -Vereinbarung über die Kinder und Jugendhilfe ist der Bund verpflichtet, Kinderschutzforschung in Verbindung mit dem Gesundheitsbereich zu betreiben. Welche Forschungsaufträge wurden in den Jahren 2022 und 2023 erteilt?
a. Werden dabei auch die Auswirkungen der fortschreitenden Fragmentierung der österreichischen Kinder und Jugendhilfe untersucht bzw. berücksichtigt?
13. Gemäß Artikel 4 der 15a – Vereinbarung über die Kinder- und Jugendhilfe ist jedes Bundesland berechtigt, die Aufnahme von Verhandlungen über Änderungen der besagten Vereinbarung zu fordern. Wurden seit 2020 entsprechende Änderungs-Verhandlungen gefordert?
a. Falls Ja:
i. Von welchem Bundesland und zu welchem Zeitpunkt?
ii. Wurden entsprechende Verhandlungen aufgenommen und welches Ergebnis brachten diese?
[1] https://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20230418_OTS0063/die-versteinerung-der-kinder-und-jugendhilfe
[2] https://oesterreich.orf.at/stories/3167284/
[3] https://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20230418_OTS0063/die-versteinerung-der-kinder-und-jugendhilfe
[5] https://www.kinderhabenrechte.at/wp-content/uploads/2021/05/Empfehlungen-des-UN-Kinderrechtsausschusses-an-Oesterreich_2020.pdf