1518/J XXVII. GP
Eingelangt am 15.04.2020
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ANFRAGE
der Abgeordneten Lausch
und weiterer Abgeordneter
an den Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport
betreffend „Stopp Corona“-App
Am 09. April 2020 lud der Bundesminister für Gesundheit ein, die Verwendung von Überwachungs-Apps zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 auf parlamentarischer Ebene zu diskutieren. In einem „Expertenhearing“ wurde dabei unter anderem die von der UNIQA Privatstiftung finanzierte „Stopp Corona“-App, welche von Accenture Österreich für das österreichische Rote Kreuz umgesetzt wurde, präsentiert.
Der ÖRK-Bundesrettungskommandant Mag. Gerry Foitik bezeichnete in diesem Hearing die von ihm beworbene Überwachungs-App als „wichtige Stellschraube in der Steuerung des epidemiologischen Verlaufs“. Bundesminister Anschober äußerte sich im Hinblick auf die Nutzung von „wichtigen Stellschrauben“ nur verhalten – er wolle das Projekt „in eine Gesamtstrategie einbinden“.
Für den Fall eines Kontakts mit einem eventuell COVID-19-Infizierten empfahl der Bundesrettungskommandant eine vorsorgliche Selbstisolation, bis das Testergebnis des Infizierten vorliegt. Die Wartezeit auf ein Testergebnis beträgt derzeit jedoch bis zu 10 Tage, in denen man selbst nur dann getestet wird, wenn man Symptome entwickelt.
Offen blieb die Frage welche Rechtsfolgen diese Empfehlung, die auch in der App abgegeben wird, nach sich zieht. Muss man sich an die Anweisungen der von Bundesminister Anschober empfohlenen Überwachungs-App halten, oder handelt es sich um unverbindliche Empfehlungen? Drohen Konsequenzen, wenn man sich nicht an die Anweisungen der Überwachungs-App hält? Wird man vom Dienst freigestellt, wenn man durch die App über einen Kontakt mit einem möglicherweise Infizierten informiert wird? Welche Kosten entstehen bei Nutzung des Systems und wer kommt für diese auf?
Unter der Annahme, dass von den aktuell 13.000 Infizierten jeder nur 20 Kontakte hatte, wobei wohl bei jedem Einkauf mehr Kontakte entstehen, müssten sich schon jetzt zumindest 260.000 Österreicher in Selbstquarantäne begeben, wenn alle infizierten Personen die App genutzt hätten.
Die Verwendung dieser Überwachungs-App impliziert auch eine Unzahl von dienstrechtlichen Fragen. So stellt sich die Frage, wie sich eine Person, die über eine solche App informiert wird, mit einem tatsächlich Infizierten oder einem Verdachtsfall Kontakt gehabt zu haben, sich dienstrechtlich zu verhalten hat und welche Konsequenzen sich daraus für sie ergeben. Auch eine Anordnung zur Verwendung einer solchen App ist diskussionswürdig, können sich doch daraus Wiedersprüche zur Freiwilligkeit ergeben.
In diesem Zusammenhang stellen die nachstehenden unterfertigten Abgeordneten an den Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport folgende
Anfrage
1. Ist die verpflichtende Verwendung von Überwachungs-Apps zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 im Öffentlichen Dienst vorgesehen?
a. Wenn ja, in welchem Umfang ist der Einsatz dieser Überwachungs-App geplant?
b. Wenn ja, aufgrund welcher rechtlichen Grundlage soll diese Verpflichtung der Bediensteten zur Verwendung dieser Überwachungs-App bestehen?
c. Wenn ja, muss der Öffentlich Bedienstete die Installation der App nachweisen?
d. Wenn ja, wie muss der Öffentlich Bedienstete die Installation der App nachweisen?
2. Ist die Installation von Überwachungs-Apps zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 auf technischen Geräten (Diensthandys, usw.) im Öffentlichen Dienst vorgesehen?
a. Wenn ja, wann?
b. Wenn ja, erfolgt die Installation automatisch?
c. Wenn ja, erfolgt die Installation manuell?
d. Wenn ja, wie und in welchem technischen Umfang werden die von dieser Überwachungs-App erfassten und besonders schützenswerten Daten (Gesundheitsdaten im Sinne des Art. 9 DSGVO) gespeichert?
e. Wenn ja, wie wird dabei ein größtmöglicher Schutz der Persönlichkeitsrechte der Betroffenen gewährleistet?
f. Wenn ja, wer hat Zugriff auf diese Daten bzw. wer kann in den Datenspeicher Einsicht nehmen?
g. Wenn ja, wer und zu welchem Zweck darf diese Daten verarbeiten?
h. Wenn ja, welche Prozesse sind von dieser Datenverarbeitung umfasst?
i. Wenn ja, welche vorbeugenden Maßnahmen hinsichtlich der Verhinderung einer missbräuchlichen Verwendung dieser Daten werden seitens des Ministeriums getroffen?
j. Wenn ja, wann und durch wen werden diese Daten wieder gelöscht?
3. Soll eine etwaige Verpflichtung zur Verwendung dieser Überwachungs-App auch private Endgeräte (z.B. privates Mobiltelefon) umfassen?
4. Wenn ja, aufgrund welcher gesetzlichen Grundlage?
5. Planen Sie Regelungen für den Umgang mit Überwachungs-Apps zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19?
a. Wenn ja, welche?
b. Wenn ja, wann?
c. Wenn ja, auf welcher Rechtsgrundlage?
6. Planen Sie die Einbindung der Personalvertretung bei Verpflichtungen zur Verwendung von Überwachungs-Apps?
7. Mit wie vielen dienstrechtlichen Verfahren rechnen Sie auf Grundlage der Anwendung von Überwachungs-Apps zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 im Öffentlichen Dienst?
8. Wie hat sich ein Bediensteter im öffentlichen Dienst, der über eine Überwachungs-App zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 von einem Drittanbieter informiert wurde, mit einem tatsächlich Infizierten oder einem Verdachtsfall Kontakt gehabt zu haben, zu verhalten? (Bitte aufgliedern nach Tätigkeit)
9. Wie lange soll, darf oder muss man sich in diesem Fall in Selbstisolation begeben?
10. Gibt es eine Obergrenze für die Dauer der Selbstisolation?
11. Welche Auswirkungen auf das Entgelt ergeben sich durch eine freiwillige Selbstisolation?
12. Wie und in welchen finanziellen Umfang werden etwaige Einkommensverluste ausgeglichen?
13. Binnen welcher Frist muss eine Dienstverhinderung nach der Aufforderung zur Selbstisolation bekanntgegeben werden?
14. Wie haben sich Bedienstete im Öffentlichen Dienst zu verhalten, um eine Dienstverhinderung zu vermeiden?
15. Wie haben sich Bedienstete im Öffentlichen Dienst zu verhalten, um eine Dienstverhinderung zeitlich möglichst einzugrenzen?
16. Welche dienstrechtlichen Konsequenzen ergeben sich für einen Bediensteten im öffentlichen Dienst, der über eine Überwachungs-App zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 von einem Drittanbieter informiert wurde, mit einem tatsächlich Infizierten oder einem Verdachtsfall Kontakt gehabt zu haben? (Bitte aufgliedern nach Tätigkeit)
17. Soll es im Zusammenhang mit den dienstrechtlichen Fragen zur (verpflichtenden) Verwendung von entsprechenden Überwachungs-Apps zu einem weiteren COVID-19-Gesetzespaketes kommen und wenn ja, wann?