15198/J XXVII. GP
Eingelangt am 30.05.2023
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Anfrage
des Abgeordneten David Stögmüller, Süleyman Zorba, Freundinnen und Freunde
an die Bundesministerin für Landesverteidigung
betreffend Palantir - Künstliche Intelligenz für Überwachung in Österreich?
Vor wenigen Wochen stellte das US-Softwareunternehmen Palantir eine „Artificial Intelligence Platform“ vor, die militärische Einsätze unterstützen soll.[1] Die künstliche Intelligenz soll demnach verdächtige Aktivitäten beobachten, selbstständig Aufklärungsdrohnen losschicken, aber auch Vorschläge für mögliche Reaktionen, wie etwa ein Angriff auf feindliche Truppen, unterbreiten können. Wie der Standard kritisch bemerkte, wurden die zahlreichen Probleme, die mit der Verwendung von Künstlicher Intelligenz im Kriegsfall einhergehen, nicht erwähnt. Jeder Fehler im System könnte nicht nur fatale Folgen für den weiteren Kriegsverlauf, sondern auch für unbeabsichtigt ins Visier genommene Zivilist*innen bedeuten. Ganz zu schweigen von der moralischen Dimension der Verwendung derartiger Software, die nach dem stetigen Anstieg von Drohneneinsätzen zu einer weiteren Gamifizierung des Krieges beiträgt.
Dass ausgerechnet Palantir eine derartige Software anbietet, ist nicht überraschend. Wie in den letzten Jahren von unzähligen Medien berichtet wurde, verwenden amerikanische, aber auch deutsche Sicherheitsbehörden Überwachungssoftware des Unternehmens. In den USA die CIA, das FBI, die NSA und das Pentagon.[2] In Deutschland beispielsweise die Polizei in Hessen und Hamburg (in der aktuellen Form wurde die eingesetzte Software in Deutschland kürzlich für verfassungswidrig erklärt, Anm.).[3] Dem Unternehmen wird seit je her vorgeworfen, Menschenrechte zu verletzen. Die US-Bürgerrechtsvereinigung ACLU bezeichnete Palantir sogar als „Schlüsselfirma in der Überwachungsindustrie“.[4]
Hinter Palantir steht der Multi-Milliardär Peter Thiel. In einem Essay aus dem Jahr 2009 meinte dieser, dass „Freiheit und Demokratie […] nicht länger vereinbar“ wären.[5] Dass er 2016 einer der größten Spender von der Wahlkampfkampagne für Donald J. Trump gewesen ist und nach dem Sturm des Kapitols am 6. Jänner 2021 und dem resultierenden Amtsenthebungsverfahren gegen den damaligen US-Präsidenten die Republikaner*innen (Thiel bezeichnete sie angeblich als Verräter) ersetzten wollte, die für die Amtsenthebung gestimmt hatten, passt daher ins Bild.[6]
Geschäfte mit dem Unternehmen Palantir und Peter Thiel sind nach dem eben Gesagten bestenfalls keine gute und schlimmstenfalls eine moralisch zutiefst abzulehnende Idee. Dass sich Thiel auch im Bericht des Europaparlaments zur Spyware Pegasus wiederfindet, in der seine Verbindung mit Ex-Bundeskanzler Sebastian Kurz kritisch beäugt wird, spricht weiters dagegen. Dass die Europäische Volkspartei jene Passagen streichen wollte, ebenfalls.
Das aktuell Brisante, den Verfassern dieser Anfrage liegt ein
E-Mail-Verlauf der LPD Wien vor, in dem festgestellt wird, dass das BMLV
insbesondere das Jagkommando „als Einheit“ das Produkt von Palantir
benutzt hat.
Anlassbezogen stellen die unterfertigenden Abgeordneten folgende
1. Benützt(e) das Jagdkommando die Software bzw. die Teststellung der Applikation von Palantir?
a. Zu welchem konkreten Zeitpunkt?
b. Welche Bestandteile der angebotenen Applikationen?
c. Geben Sie die Kosten dafür an? Unterteilt in Anschaffung und Schulungskosten.
d. Welche Abteilung bzw. Einheit?
2. Wer hatte außer der in 1 d. angegebenen Einheit noch Zugriff auf die Teststellung?
3. Laut Medienberichten wurde das Analysetool „Conan“ getestet. Welche konkreten Analysen konnte dieses Tool erledigen?
4. Mit welchem Beratungsunternehmen ist dieser Kontakt zustande gekommen?
5. Welche Datensätze und Datenbanken wurden bei der Verwendung der Teststellung verwendet?
a. Wurde dabei die Datenschutzgrundverordnung beachtet?
6. Aufgrund welcher Rechtsgrundlage hat die Einheit Jagdkommando diese Software eingesetzt?
7. Welche Abteilung im Ministerium hat eine entsprechende Freigabe erteilt?
a. War die zuständige Minister:in in Kenntnis?
b. War das zuständige Kabinett in Kenntnis?
c. Hat der Generalsekretär eine entsprechende Freigabe dieser Software gegeben?
8. Liegen Ihnen Aktenvermerke in Bezug auf die Teststellung und Verwendung von Applikationen des Unternehmens Palantir vor?
a. Welche sind das? Wer sind die involvierten Abteilungen? Welche Personen?
9. Gibt es eine Datenschutz- bzw. Technologiefolgeabschätzung?
10. Ab welchem Zeitpunkt hatten Sie als Ministerin bzw ihr Kabinett Kenntnis davon, dass eine Applikation bzw. Teststellung von Palantir im Einsatz war?
11. Können Sie sicherstellen, dass diese Software nicht gesetzeswidrig, insbesondere gegen österreichische Personen, oder unter Verstoß gegen die Datenschutzgrundverordnung verwendet wurde?
a. Wenn ja, aufgrund welcher Information und Grundlage?
12. Haben Sie die interne Revision darüber in Kenntnis gesetzt bzw. die Staatsanwaltschaft?
a. Wenn ja, wann?
b. Wenn nein, warum nicht?
Sollte eine detaillierte Beantwortung einzelner Fragen oder Unterfragen aus Geheimhaltungsgründen nicht möglich sein, so wird dennoch um eine Beantwortung mit möglichst hohem Informationsgehalt im Sinne des parlamentarischen Interpellationsrechts ersucht. Allenfalls ersuchen die Abgeordneten um eine Beantwortung in klassifizierter Weise nach dem Bundesgesetz über die Informationsordnung des Nationalrates und des Bundesrates (InfOG).
[1] https://www.derstandard.at/story/2000145960018/softwarefirma-palantir-praesentiert-die-erste-ki-fuer-den-kriegseinsatz, siehe auch: https://www.derstandard.at/story/2000146426414/palantir-verkuendet-beispiellose-nachfrage-nach-ki-fuer-den-kriegseinsatz
[2] https://futurezone.at/netzpolitik/wie-peter-thiel-der-nsa-beim-spionieren-half/248.157.738
[3] https://www.bild.de/regional/frankfurt/frankfurt-aktuell/umstrittene-software-verfassungsgerichts-urteil-gegen-polizei-google-82919992.bild.html
[4] https://www.derstandard.at/story/2000145960018/softwarefirma-palantir-praesentiert-die-erste-ki-fuer-den-kriegseinsatz
[5] https://www.news.at/a/peter-thiel, siehe auch: https://www.trend.at/leaders/peter-thiel
[6] https://www.nytimes.com/2022/02/14/technology/republican-trump-peter-thiel.html