1520/J XXVII. GP

Eingelangt am 15.04.2020
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

 

der Abgeordneten Dr. Fürst

und weiterer Abgeordneter

an die Bundesministerin für Justiz

betreffend „Stopp Corona“-App

 

Am 09.April 2020 lud der Bundesminister für Gesundheit ein, die Verwendung von Überwachungs-Apps zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 auf parlamentarischer Ebene zu diskutieren. In einem „Expertenhearing“ wurde dabei unter anderem die von der UNIQA Privatstiftung finanzierte „Stopp Corona“-App, welche von Accenture Österreich für das österreichische Rote Kreuz umgesetzt wurde, präsentiert.

 

Der ÖRK-Bundesrettungskommandant Mag. Gerry Foitik bezeichnete in diesem Hearing die von ihm beworbene Überwachungs-App als „wichtige Stellschraube in der Steuerung des epidemiologischen Verlaufs“. Bundesminister Anschober äußerte sich im Hinblick auf die Nutzung von „wichtigen Stellschrauben“ nur verhalten – er wolle das Projekt „in eine Gesamtstrategie einbinden“.

 

Die Funktionsweise der App stellt darauf ab, dass Personen, bei denen das Coronavirus festgestellt wird oder die als Verdachtsfall eingestuft werden, dies über die App bekanntmachen und daraufhin die gespeicherten Kontakte dieser Personen gewarnt werden. Für den Fall eines Kontakts mit einem eventuell COVID-19-Infizierten empfahl der Bundesrettungskommandant eine vorsorgliche Selbstisolation, bis das Testergebnis des Infizierten vorliegt. Die Wartezeit auf ein Testergebnis beträgt derzeit jedoch bis zu 10 Tage, in denen man selbst nur getestet wird, wenn man selbst Symptome entwickelt.

 

Offen blieb die Frage welche Rechtsfolgen diese Empfehlung, die auch in der App abgegeben wird, nach sich zieht. Muss man sich an die Anweisungen der von Bundesminister Anschober empfohlenen Überwachungs-App halten, oder handelt es sich um unverbindliche Empfehlungen? Drohen Konsequenzen, wenn man sich nicht an die Anweisungen der Überwachungs-App hält? Wird man von der Arbeit freigestellt, wenn man durch die App über einen Kontakt mit einem möglicherweise Infizierten informiert wird? Welche Kosten entstehen bei Nutzung des Systems und wer kommt für diese auf?

 

Zwar wurde – abweichend von der Forderung von Nationalratspräsident Sobotka und Bundeskanzler Kurz – die Freiwilligkeit der Nutzung der App betont. Allerdings könne nicht ausgeschlossen werden, dass Betriebe als Voraussetzung für den Zutritt zu ihren Räumlichkeiten die Nutzung der App in ihren Hausordnungen festschreiben.

 

In diesem Zusammenhang stellen die nachstehenden unterfertigten Abgeordneten an die Bundesministerin für Justiz folgende

 

 

                                                                    Anfrage                                     

 

 

1.    Liegt eine Strafbarkeit nach den §§ 178, 179 StGB (Vorsätzliche bzw. fahrlässige Gefährdung von Menschen durch übertragbare Krankheiten) vor, wenn ein Nutzer der App es unterlässt, den Umstand seiner Infektion oder des Verdachts seiner Infektion mit COVID-19 via App bekanntzugeben?

 

2.    Sind schon strafgerichtliche Verfahren anhängig, weil ein Nutzer der App es unterlassen hat, den Umstand seiner Infektion oder des Verdachts seiner Infektion mit COVID-19 via App bekanntzugeben?

 

a. Wenn ja, wie viele?

b. Wenn ja, wegen welcher strafrechtsrelevanten Handlungen und des

Verdachts der Begehung welcher Straftatbestände?

c. Wenn ja, bei welchem Gericht?

3.   Liegt eine Strafbarkeit nach den §§ 178, 179 StGB (Vorsätzliche bzw. fahrlässige Gefährdung von Menschen durch übertragbare Krankheiten) vor, wenn ein Nutzer der App es unterlässt, sich aufgrund einer Information durch die App über einen Kontakt mit einer infizierten Person bzw. einer mutmaßlich infizierten Person in die vom Betreiber der App empfohlene Selbstisolation zu begeben und/oder sein familiäres und berufliches Umfeld über diesen Kontakt zu informieren?

4.  Sind schon strafgerichtliche Verfahren anhängig, weil ein Nutzer der App es unterlassen hat, sich aufgrund einer Information durch die App über einen Kontakt mit einer infizierten Person bzw. einer mutmaßlich infizierten Person in die vom Betreiber der App empfohlene Selbstisolation zu begeben und/oder sein familiäres und berufliches Umfeld über diesen Kontakt zu informieren?

a. Wenn ja, wie viele?

b. Wenn ja, wegen welcher strafrechtsrelevanten Handlungen und des

     Verdachts der Begehung welcher Straftatbestände?

c. Wenn ja, bei welchem Gericht?

5. Welche rechtliche Handhabe besteht, wenn Unternehmen Personen, welche die "Stopp Corona"-App nicht nutzen, das Betreten ihrer Betriebs- bzw. Geschäftsräume verweigern?

a. Sind deshalb schon Verfahren gerichtlich anhängig?

b. Wenn ja, in welchem Bundeland?

c. Wenn ja, vor welchem Gericht?

d. Wenn ja, gegen welches Unternehmen wurde bei Gericht eine Aufhebung des wegen Nicht-Nutzung der App verhängten Betretungsverbotes eingeklagt?

e. Wenn ja, hat ein Organ/Besitzer/Eigentümer eines Unternehmens eine Anzeige ersttatet, die zu einem gerichtlichen Verfahren führte, weil eine Person, ohne zuvor nachgewiesen zu haben, die App zu nutzen, die Betriebs- und Geschäftsräume betreten hat oder betreten wollte?

 

6. Welche rechtliche Handhabe besteht, wenn Unternehmen Mitarbeitern, welche die "Stopp Corona"-App nicht nutzen, das Betreten ihrer Betriebs- bzw. Geschäftsräume verweigern?

 

a. Sind schon Verfahren gerichtlich anhängig?

b. Wenn ja, in welchem Bundeland?

c. Wenn ja, vor welchem Gericht?

d. Wenn ja, gegen welches Unternehmen wurde bei Gericht eine Aufhebung des wegen Nicht-Nutzung der App verhängten Betretungsverbotes eingeklagt?

e. Wenn ja, hat ein Organ/Besitzer/Eigentümer eines Unternehmens eine Anzeige ersttatet, die zu einem gerichtlichen Verfahren führte, weil eine Mitarbeiterin oder ein Mitarbeiter, ohne zuvor nachgewiesen zu haben, die App zu nutzen, die Betriebs- und Geschäftsräume betreten hat oder betreten wollte?

7. Welche rechtliche Handhabe besteht, wenn Unternehmen Mitarbeiter, welche die "Stopp Corona"-App nicht nutzen, kündigen oder entlassen?

8. Wie viele Verfahren sind wegen Kündigungen und Entlassungen schon beim Arbeits- und Sozialgericht anhängig? (Aufgelistet nach Bundesland und Unternehmen)