15202/J XXVII. GP
Eingelangt am 01.06.2023
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Anfrage
der Abgeordneten Sigrid Maurer, Ewa Ernst-Dziedzic, Meri Disoski, Michel Reimon, Freundinnen und Freunde
an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten
betreffend Versuche der Einschüchterung und der Einschränkung der Meinungsfreiheit des Grünen Parlamentsklub durch die iranische Botschaft
Am 16. September 2022 starb die 19-Jährige Jina Mahsa Amini in Iran an den Folgen von in Polizeigewahrsam erlittenen Folterungen. Seitdem richtet sich eine große Protestbewegung gegen das iranische Regime, das mit gewalttätiger Unterdrückung, Massenverhaftungen, Folterungen, Vergiftungen und Hinrichtungen darauf reagiert.
Als Zeichen des politischen Protests der Abgeordneten des Grünen Klubs im Parlament gegen diese Repressalien wurde am 2. Mai 2023 eine Werbetafel der Firma Gewista im Sichtbereich der iranischen Botschaft in der Jaurèsgasse angemietet und mit der Aufschrift „Jin Jian Azadi Women Life Freedom“, dem Slogan der Protestbewegung, und dem Logo des Grünen Klubs angebracht.
Am Freitag, dem 19. Mai 2023, wurde bemerkt, dass das Schild nicht mehr an Ort und Stelle sei.
Laut zunächst erteilter Auskunft von zwei Angehörigen des österreichischen Bundesheers, die vor der iranischen Botschaft ihren Wachdienst ausübten, sei das Schild von ihnen abgehängt und in einer Kaserne hinterlegt worden. Etwas später behaupteten sie im Widerspruch dazu, dass es eine Beschwerde an die Polizei durch die Botschaft gegeben habe und die Polizei daraufhin das Schild entfernt hätte und dieses nun auf einer Polizeistation zur Abholung bereitläge. Zwei der Wachsoldaten äußerten sich in diesem Zusammenhang abfällig über die feministische Protestbewegung im Iran und bezeichneten die iranische Botschaft als ihren eigentlichen Arbeitgeber. Sie hätten sich für diesen Einsatz freiwillig gemeldet.
Auf telefonische Nachfrage bei der LPD Wien wurde dem Grünen Klub jedoch mitgeteilt, dass es zwar eine Beschwerde durch die Botschaft und daraufhin einen Polizeieinsatz vor Ort gegeben habe, dass jedoch kein Grund für eine Sicherstellung des Schildes vorgelegen sei und eine solche durch die Polizei daher nicht durchgeführt wurde. Dies wurde auch auf Twitter öffentlich bekannt gegeben.
Auf telefonische Nachfrage beim LVT Wien am 20. Mai wurde durch einen Beamten die Auskunft erteilt, dass dieser bereits am 2. Mai von der iranischen Botschaft kontaktiert worden sei. Diese hätte sich über die Protestaktion des Grünen Klubs und das angebrachte Schild beschwert und die Entfernung des Schildes gefordert. Während diesem Telefonat sei seitens des Botschaftsmitarbeiters die Drohung gefallen: „Wir werden Gleiches mit Gleichem vergelten.“, was der Beamte in Richtung etwaiger Geschehnisse im Iran selbst deutete. Er habe daraufhin gegenüber der iranischen Botschaft die Aussage getätigt: „Dann nehmen Sie es halt runter“. Daraufhin hätten seines Wissens die Wachsoldaten des Bundesheers auf Aufforderung von Botschaftsmitarbeitern das Schild abmontiert.
In einem weiteren Telefonat am 21. Mai mit diesem LVT-Beamten wiederholte dieser den geschilderten Hergang und gab an, dass das Schild in einer Kaserne aufgefunden wurde und nun bei ihm am Schottenring zur Abholung bereitliege. Am Dienstag, dem 23. Mai, brachte der Beamte persönlich das Schild in den Grünen Klub.
Die Aussagen der involvierten Angehörigen des österreichischen Bundesheers und des LVTs Wien werfen eine Fülle von Fragen auf. Es ist schwer nachvollziehbar, warum Beamte des österreichischen Staates im Auftrag des iranischen Verbrecherregimes die Meinungsfreiheit des Grünen Klubs im Parlament durch Entfernen des Schildes verletzten. Zunächst durch die Einladung des LVT-Beamten an Angehörige einer fremden Botschaft, in privates Eigentum einzugreifen und unter Verletzung der Meinungsfreiheit eine völlig legal angebrachte Werbetafel zu entfernen. In weiterer Folge durch den Umstand, dass Angehörige des Bundesheers Weisungen einer fremden Botschaft entgegennehmen und ausführen. Auch dass der Grüne Klub über keinen dieser Vorgänge vorab informiert wurde, ist höchst irritierend.
Hinsichtlich der Wachsoldaten des Bundesheeres ist festzuhalten, dass es sich um einen Assistenzeinsatz im Auftrag der Sicherheitsbehörden handelt, so dass die Zuständigkeit beim Bundesminister für Inneres liegt.
Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende
1) Welche Informationen haben Sie darüber, wer das vom Grünen Klub im Parlament gebuchte Werbeschild der Gewista „Jin Jian Azadi Women Life Freedom“ entfernt hat?
2) Wurden Sie über die Entfernung des Schildes informiert?
a. Wenn ja, von wem und wann?
3) Besteht eine Rechtsgrundlage dafür, dass im Assistenzeinsatz für die Sicherheitsbehörden befindliche Wachsoldaten vor Botschaften Weisungen von Botschaftspersonal entgegennehmen und ausführen?
a. Falls ja: welche?
b. Falls nein: entspricht eine solche Vorgehensweise der Praxis?
c. Falls nein: dürfte die Botschaft eine solche Anweisung erteilen?
4) Ist das Vorgehen der Botschaft konform mit Art. 41 WÜD, der vorsieht, dass Botschaftspersonal die Gesetze des Empfangsstaats zu beachten hat?
5) Sind Ihnen ähnliche Vorfälle bekannt, bei denen Botschaften, insbesondere die iranische Botschaft, Anweisungen an österreichische Behörden bzw. Beamt:innen erteilen?