15217/J XXVII. GP

Eingelangt am 01.06.2023
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Anfrage

 

der Abgeordneten Dr. Susanne Fürst

an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten

betreffend „Inoffizielle Gesprächskanäle nach Moskau“

 

 

Außenminister Alexander Schallenberg sorgte für einen neuerlichen diplomatischen Fauxpas gegenüber Russland. In einem Interview mit der deutschen Tageszeitung „Die Welt“ behauptete er, es gäbe von Seiten der Bundesregierung „informelle Kanäle zur russischen Regierung“, da der „Westen weiterhin mit Russland sprechen müsse“. Doch diese Aussage dürfte sich als plumpe Falschinformation herausstellen, wie das umgehende Dementi der Sprecherin des russischen Außenministeriums, Maria Sacharowa, gegenüber der staatlichen russischen Nachrichtenagentur TASS zeigt. Sacharowa betonte, „Moskau habe keine Informationen über die angebliche Aufrechterhaltung informeller Kommunikationskanäle mit der österreichischen Regierung“.[1] Man betonte zudem, dass es keine Themen gebe, über die Russland mit Österreich einen „informellen Dialog“ führen könnte. 

 

Es genügt offenbar nicht, im Zuge des Ukraine-Konflikts die verfassungsmäßig vorgesehene neutrale Position Österreichs gänzlich über Bord zu werfen, indem man Waffenlieferungen an die Ukraine durch österreichisches Staatsgebiet toleriert, Wirtschaftssanktionen willfährig mitträgt und generell einseitig Position für einen der beiden kriegsführenden Staaten ergreift. Es kommt erschwerend für Österreichs internationale Reputation hinzu, dass Außenminister Schallenberg keine Gelegenheit auslässt, seine persönlichen Befindlichkeiten und Meinungen mit diplomatischen Gepflogenheiten zu vermischen bzw. gänzlich zu verwechseln. Wenn Schallenberg meint, er müsse in Interviews proaktiv betonen, dass der russische Präsident  Wladimir Putin bei einer Einreise nach Österreich (einen neutralen Staat, der sich theoretisch als Ort für Friedensverhandlungen anbieten würde) „selbstverständlich verhaftet wird“ und er keine „Rückkehr zum Status quo“ mit Russland möchte[2], und sogar in peinlicher Manier hervorhebt, dass er dem russischen Amtskollegen nur „widerwillig“ die Hand zur Begrüßung bei einem möglichen Treffen geben würde, stellt sich die Frage, ob Schallenberg tatsächlich im Interesse des österreichischen Volkes handelt, ja ob er angesichts dieses Verhaltens überhaupt in so einer Position weiterhin tragbar ist.

 

Denn Schallenberg konterkariert damit nicht nur sämtliche Friedensbemühungen und unterminiert unsere Neutralität als Bollwerk für Frieden und Stabilität, er führt damit auch unserer Bevölkerung direkten Schaden zu. Nicht zuletzt durch die Behauptung, es gebe (imaginäre) Gesprächskanäle nach Russland, um den letzten Schein von Neutralität zu heucheln, gibt uns der Außenminister der internationalen Lächerlichkeit preis.

 

 

In diesem Zusammenhang stellt die unterfertigte Abgeordnete an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten folgende

 

 

Anfrage

 

1.    Welche Gesprächskanäle existieren derzeit von Seiten der österreichischen Bundesregierung, und konkret Ihrem Ressort zur russischen Regierung?

a.    Welche Themen und Inhalte werden mit der russischen Seite besprochen?

2.    Setzt sich Ihr Ressort aktiv für eine Vermittlerrolle Österreichs im Ukraine-Konflikt ein?

a.    Wenn ja, auf welche Weise?

3.    Wurde Österreich als Ort für mögliche Friedensverhandlungen vorgeschlagen?

4.    Wie erklären Sie sich, dass das russische Außenministerium Ihre Behauptungen über „inoffizielle Gesprächskanälen“ Ihres Ressorts mit Moskau dementierte?

5.    Wie sieht der derzeitige Austausch (seit Beginn des Ukraine-Konflikts) auf diplomatischer Ebene zwischen Österreich und Russland aus?

6.    Wie oft und mit welchen Begründungen wurde der russische Botschafter seit Ausbruch des Ukraine-Konflikts ins Außenministerium zitiert?

7.    Wie oft und mit welchen Begründungen wurde der ukrainische Botschafter seit Ausbruch des Ukraine-Konflikts ins Außenministerium zitiert?

8.    Wie oft und mit welchen Begründungen wurde der iranische Botschafter seit Ausbruch des Ukraine-Konflikts ins Außenministerium zitiert?

9.    Wie oft und mit welchen Begründungen wurde die chinesische Botschafterin seit Ausbruch des Ukraine-Konflikts ins Außenministerium zitiert?

10. Erhält das Außenministerium inhaltliche Vorgaben oder Empfehlungen (Themen, Wordings, Forderungen, etc.) von Seiten der EU und/oder der NATO im Umgang mit Russland?

a.    Wenn ja, mit welchem Inhalt?

11. Welche diplomatischen Auswirkungen (Verbesserungen/ Verschlechterungen) auf Österreichs Beziehungen mit Russland und auch den Ukraine-Konflikt hatte der Besuch von Bundeskanzler Karl Nehammer im April 2022 bei Wladimir Putin in Moskau?



[1] Moskau über Schallenberg-Aussage verwundert - news.ORF.at

[2] (2) Krieg in der Ukraine - Schallenberg ist Putin "in gewisser Weise dankbar" - Wiener Zeitung Online