15219/J XXVII. GP

Eingelangt am 01.06.2023
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Anfrage

der Abgeordneten Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Kolleginnen und Kollegen

an den Bundesminister für Finanzen

betreffend Die energiepolitischen Irrfahrten der Bundesregierung: Wo steckt das angekündigte LNG-Schiff aus Abu Dhabi?

Im Oktober 2022 bereisten Bundeskanzler Nehammer, Finanzminister Brunner und Energieministerin Gewessler Abu Dhabi, um sich dort nach Alternativen zu russischen Gaslieferungen umzusehen. Teil dieser arabischen Delegationsreise war auch Alfred Stern, der als Vertreter der OMV für konkrete Verhandlungen mit der ADNOC zuständig war. Das Ergebnis dieser energiepolitischen Anbahnung bestand in einer unterzeichneten Absichtserklärung, in der sich die OMV und ADNOC dafür aussprachen, zukünftig verstärkt zusammen arbeiten zu wollen, um die österreichische Gasversorgung zu sichern (1). Als Zeichen des guten Willens hat sich Abu Dhabi auch prompt dazu bereit erklärt, eine erste Schiffsladung LNG Gas für Österreich auf See zu schicken. Ausgehend von LNG-Verflüssigungsanlagen sollen schließlich 1 TWh Gas nach Österreich gepumpt werden. 

Obwohl diese Menge gerade einmal 1% des heimischen Jahresbedarfs ausmacht, wurde dieser Deal von der Regierung medial als großer Erfolg gefeiert. Kanzler Nehammer verkündete gar, die Schiffsladung sei "eine gute Menge, mit der wir jetzt beginnen können, die Versorgungssicherheit für nächstes Jahr vorzubereiten". Und es wurde nicht verabsäumt zu erwähnen, dass Österreich damit einen sehr viel besseren Deal als Deutschland verhandelt hat, denn der deutsche Nachbar bekommt lediglich dieselbe Menge wie Österreich. Doch gab es einen wesentlichen Unterschied: Im Gegensatz zu Österreich hat Deutschland dieses Gas auch bereits tatsächlich erhalten, wohingegen Österreich nach wie vor auf seine Schiffsladung wartet (2). Insofern wurde es in den letzten Monaten sehr ruhig um das segensreiche Schiff aus Abu Dhabi. 

Darüber hinaus bleibt weiterhin fraglich, ob und inwiefern Österreich in seiner zukünftigen Gasbeschaffungsstrategie langfristig auf eine absolutistische Monarchie setzen will, die für teilweise eklatante Menschenrechtsverletzungen und Repression bekannt ist (3). Ministerin Gewessler hat hier bereits erste Bedenken geäußert: "Wir führen diese Gespräche natürlich im vollen Bewusstsein, dass wir hier nicht in einer Demokratie sind", und dass damit einhergehend die "richtigen Lehren aus der Vergangenheit" zu ziehen seien (2). Nach dem selbstverschuldeten Desaster mit Russland, stellt sich daher erneut die Frage, ob es sich hierbei nicht womöglich um eine erneute energiepolitische Fehleinschätzung der österreichischen Bundesregierung handelt. 

 

(1) https://www.omv.com/de/news/221027-omv-und-adnoc-unterzeichnen-absichtserklaerung-im-beisein-von-vae-praesident-h-h-sheikh-mohamed-bin-zayed-al-nahyan-und-oesterreichs-bundeskanzler-karl-nehammer  

(2) https://www.derstandard.at/story/2000140345726/bundeskanzleramt-oesterreich-bekommt-202324-eine-schiffsladung-lng-aus-abu-dhabi

(3) https://www.amnesty.org/en/location/middle-east-and-north-africa/united-arab-emirates/report-united-arab-emirates/

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage:

 

  1. Die Reise der Bundesregierung nach Abu Dhabi und die anschließende mediale Ankündigung einer Schiffsladung LNG-Gases erfolgte bereits im Oktober 2022. Seitdem wurde es ruhig um den Verbleib dieses Schiffes. Welche Informationen hat das Ministerium bzw. die ÖBAG über den aktuellen Stand der Lieferung?
    1. Hat das besagte Schiff den Hafen bereits verlassen?
    2. Wenn ja: Wo befindet sich das Schiff derzeit? 
    3. Wenn nein: Wann wird das Schiff ablegen?
  1. Gibt es einen konkreten Zeitplan bis wann das Gas aus Abu Dhabi physisch in Österreich ankommen wird?
  2. Wie soll das Gas nach Österreich transportiert werden?
    1. Über welchen LNG Terminal soll das Gas regasifiziert werden? 

                                          i.    Wurden diese Regasifizierungskapazitäten bereits gebucht?

                                        ii.    Wie hoch sind die Kosten für diese Buchungen und wer trägt sie? 

    1. Wurden bereits ausreichend Leitungskapazitäten gebucht, um das Gas nach Österreich zu transportieren?

                                          i.    Wie hoch sind die Kosten dieser Buchung und wer trägt sie?

    1. Wer ist für die Buchung der Leitungskapazitäten und den Gasfluss nach Österreich zuständig?
  1. Wem fällt das Verfügungsrecht über das Gas zu, wenn es sich in Österreich befindet?
    1. Wie soll sichergestellt werden, dass das Gas tatsächlich für den heimischen Markt Verwendung findet?
  1. Welche Kosten fallen für die Gaslieferung insgesamt an und wer übernimmt diese?
  2. Wurde die ÖBAG bereits darüber informiert, ob die OMV weitere LNG-Lieferungen aus Abu Dhabi plant?
    1. Entsprechen solche langfristigen Lieferungen aus Abu Dhabi den strategischen Eigentümerinteressen der ÖBAG?
  1. Entspricht die von Alfred Stern und Sultan Ahmed Al Jaber unterzeichnete Absichtserklärung für weitere LNG-Lieferungen der offiziellen Position Österreichs, langfristig LNG aus Abu Dhabi zu beziehen?
    1. Gibt es eine akkordierte Position zwischen dem Finanzminister, als Eigentümervertreter der ÖBAG, und der Energieministerin Gewessler über die weitere Gasbeschaffungsstrategie und ob Österreich langfristig auf Abu Dhabi (ADNOC) als Gaslieferanten setzen will?
    2. Gibt es vonseiten des Finanzministers politische Bedenken, ob das Emirat Abu Dhabi mit seinem politischen System einer absolutistischen Monarchie dazu geeignet ist, ein langfristiger und verlässlicher Partner für die Gasversorgung Österreichs zu sein? 
    3. Gibt es über diese Absichtserklärung hinausgehend bereits konkrete Vereinbarungen und Pläne über weitere LNG-Lieferungen aus Abu Dhabi?

                                          i.    Wenn ja: Wie viele TWh LNG sollen zukünftig aus Abu Dhabi importiert werden? Wie hoch soll der Anteil an LNG Gas aus Abu Dhabi am gesamten österreichischen Jahresbedarf sein?

    1. Wurde die ÖBAG über weitere Lieferungen informiert?