15238/J XXVII. GP
Eingelangt am 01.06.2023
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Anfrage
der Abgeordneten Sabine Schatz, Genossinnen und Genossen
an die Bundesministerin für Justiz
betreffend geplanter rechtsterroristischer Anschlag auf Veranstaltung der KPÖ
Laut Europol-Bericht “European Union – Terrorism Situation and Trend Report 2022[1]” konnte im Juli 2021 ein rechtsterroristischer Anschlag mit selbstgebastelten Bomben gegen eine linke Veranstaltung verhindert werden. Der Verdächtige soll auch finanzielle Zuwendungen an die Identitären überwiesen haben. Laut Europol-Bericht haben sich die Verhaftungen von des Rechtsterrorismus Verdächtigen gegenüber dem Vorjahr fast verdoppelt, von 34 Verhaftungen in 2020 auf 64 Verhaftungen im Jahr 2021. Die meisten Verdächtigen wurden aufgrund der Mitgliedschaft in terroristischen Gruppierungen und der damit verbundenen terroristischen Aktivitäten verhaftet.
In der Anfragebeantwortung 11990/AB vom 21.11.2022 zu 12360/J (XXVII. GP)[2] teilte der Bundesminister für Inneres mit, dass bei der Hausdurchsuchung im Juli 2021 „neben Suchtmitteln zahlreiche Schusswaffen, Munition, Kriegsmaterial, Bestandteile für die Herstellung von Rohrbomben, Fanartikel der rechtsextremen „Identitären Bewegung Österreich“ (IBÖ) und „Die Österreicher“ (DO5), NS-Devotionalien sowie eingerahmte Portraitbilder von Rechtsextremisten sichergestellt werden. Zudem wurden handschriftliche Skizzen mit maßstabsgetreuen Bauanleitungen für Rohrbomben und weitere für die Vorbereitung einer rechtsterroristischen Straftat notwendige Mittel beschlagnahmt“ . Über eine mögliche Vernetzung mit rechtsextremen Gruppierungen gab es keine Auskunft. Des Weiteren gab es keine Auskunft darüber, welche Veranstaltung konkret bedroht wurde.
Aus dem Verfassungsschutzbericht 2022, der im Mai 2023, also fast zwei Jahre nach dem geplanten Anschlag, präsentiert wurde, gehen nun Details über den geplanten Anschlag des mutmaßlichen Rechtsextremisten und langjährigen Identitären-Anhänger hervor: Nach langen und intensiven Internetrecherchen kam man demnach auf die Spur des Burgenländers, der im Verdacht stand, Tatbestände nach dem Verbotsgesetz und der Verhetzung zu erfüllen. Ferner gab es Hinweise auf unbefugten Waffenbesitz. Die daraufhin angeordnete Hausdurchsuchung brachte neben den in 11990/AB angeführten Gegenständen noch detaillierte Freundes- und Feindeslisten zutage, ebenso Listen linksgerichteter Organisationen und potentielle Ziele hervor. Des Weiteren stellte sich heraus, dass der Rechtsextreme einen Anschlag auf das „Volksstimmefest“ der Kommunistischen Partei Österreich (KPÖ) auf der Jesuitenwiese im Wiener Prater geplant hatte. Es wurde unter anderem auch ein Video gefunden, auf denen der Rechtsextreme bereits erfolgreich Sprengungen mit selbstgebauten Sprengkörpern durchgeführt hatte. Im Verfassungsschutzbericht wird betont, dass der Verdächtige aufgrund der Festnahme an seinen Anschlagsplänen gehindert werden konnte. Im Oktober 2022 wurde das Strafmaß für die Tat auf fünf Jahre unbedingte Freiheitsstrafe erhöht.
Trotz der Funde bei der Hausdurchsuchung wurden die Veranstalter:innen des „Volksstimmefests“ nicht über die Bedrohungslage informiert.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende
Anfrage
Hausdurchsuchung
1. Wie viele Beschuldigte gibt es in der oben genannten Causa aktuell? (aufgeschlüsselt nach Bundesländern, Staatsbürgerschaft, Geschlecht)?
2. Welchen (digitalen) Netzwerke, Organisationen oder Initiativen der extremen Rechten sind jenen Personen zuzuordnen, bei denen die Hausdurchsuchung/en durchgeführt wurden? (Bitte um konkrete Nennung)
3. Wurden bei allen Verdächtigen Hausdurchsuchungen durchgeführt?
a. Wenn nein, warum nicht?
4. Wie viele Hausdurchsuchungen fanden im Zusammenhang mit der Causa konkret statt?
a. Fanden Hausdurchsuchungen in diesem Zusammenhang bei Mitgliedern/AktivistInnen der Identitären Bewegung statt?
i. Wenn ja, bei wie vielen?
b. Fanden Hausdurchsuchungen in diesem Zusammenhang bei Mitgliedern deutschnationaler Burschenschaften statt?
i. Wenn ja, bei wie vielen?
c. Ist bei den Beschuldigten jeweils bekannt, ob diese einschlägig bekannten Gruppen/Organisationen/Netzwerken angehören?
i. Wenn ja, bei welchen und wie viele?
5. Lag gegen einen oder mehrere Beschuldigte ein dringender Tatverdacht vor?
a. Wenn ja, gegen wie viele Beschuldigte lag ein dringender Tatverdacht vor?
6. Wie viele BeamtInnen waren jeweils und insgesamt bei der/den Hausdurchsuchungen im Einsatz?
7. Wo fanden Hausdurchsuchungen jeweils statt?
8. Wegen des Verstoßes gegen welche Rechtsnormen wurden die Hausdurchsuchung/en durchgeführt? (Bitte um konkrete Ausführungen)
9. Wie viele personelle Ressourcen stehen den Ermittelnden in der Causa zur Verfügung?
10. Welche Einheiten führten die Hausdurchsuchung/en (jeweils) aus?
11. Was wurde bei der/n Hausdurchsuchung/en konkret sichergestellt? (Bitte um konkrete Auflistung)
12. Wie viele Waffen wurden bei der/n Hausdurchsuchung/en beschlagnahmt?
a. Bei wie vielen Beschuldigten wurden Waffen gefunden? (Bitte um detaillierte Auflistung)
b. Liegen bei allen gefunden Waffen alle Berechtigungen vor? (Bitte um detaillierte Auflistung)
c. Bei wie vielen Beschuldigten wurden illegale Waffen gefunden? (Bitte um detaillierte Auflistung)
d. Welche Arten von Waffen wurden bei den Beschuldigten gefunden?
e. Wie viele der gefunden Waffen können als Kriegsmaterial klassifiziert werden?
i. Was ergaben die kriminaltechnischen Untersuchungen hinsichtlich der Einsatzfähigkeit der Waffen ergeben? (Bitte um konkrete Ausführungen)
ii. Was ergaben die Kriminaltechnischen Untersuchungen hinsichtlich der Einsatzfähigkeit des Kriegsmaterials ergeben? (Bitte um konkrete Ausführungen)
13. Wie viel Sprengstoff wurden bei der/den Hausdurchsuchung/en beschlagnahmt?
a. Welche Arte/en von Sprengstoff/en wurde/n sichergestellt?
b. Was ergaben die kriminaltechnischen Untersuchungen hinsichtlich der Einsatzfähigkeit des/der Sprengstoff/s/e? (Bitte um konkrete Ausführungen)
14. Wie viele Waffenverbote wurden ausgesprochen?
a. Wurden Waffen bei Beschuldigten gefunden, gegen die es bereits ein bestehendes Waffenverbot gibt?
i. Wenn ja, bei wie vielen?
ii. Wenn ja, wie viele Waffen wurden bei jenen Beschuldigten gefunden, die bereits ein Waffenverbot erhalten hatten?
15. Waren Staatsanwälte/Staatsanwältinnen während der gesamten Dauer der jeweiligen Hausdurchsuchungen vor Ort?
16. Wurden Computer und Mobiltelefone/Smartphones auch darauf hin untersucht, ob gelöschte Inhalte wiederhergestellt werden konnten?
a. Wenn ja, durch welche Dienststelle oder welchen Drittanbieter wurde diese Analyse vorgenommen?
17. Wann wurden die richterlichen Bewilligungen eingeholt, die die Hausdurchsuchungen ermöglichte?
18. Wann langte die diesbezügliche Anordnung der Staatsanwaltschaft ein?
19. Ist es resultierend aus den Hausdurchsuchungen zu einer Erweiterung des Kreises der Verdächtigen gekommen?
Prozess
20. Wie lange dauerte es von der Sichtung verdächtiger Online-Aktivitäten des Verdächtigen bis zur U-Haft?
a. Auf welchen Social-Media Kanälen wurden die verdächtigen Online-Aktivitäten beobachtet?
21. Wann haben die Ermittlungen der StA begonnen?
22. Wann waren die Ermittlungen abgeschlossen?
23. War Ihr Ressort im Zuge der Ermittlungen im Austausch mit ungarischen Behörden?
a. Wenn ja, seit wann?
24. Wann fand der Prozess statt?
25. Wegen welcher Delikte wurde der genannte Rechtsextreme verurteilt? (Bitte um Auflistung nach §)
26. Stimmen die verhandelten Delikte mit den genannten Delikten im Verfassungsschutzbericht 2022 überein?
a. War Verbotsgesetz §3g Gegenstand der Verhandlung?
b. War §283 StGB Gegenstand der Verhandlung?
c. War §50 Waffengesetz Gegenstand der Verhandlung?
d. War §28a Abs. 1 Gegenstand der Verhandlung?
e. War §175 StGB Gegenstand der Verhandlung?
f. War §278a StGB Gegenstand der Verhandlung?
27. Im Verfassungsschutzbericht wird angeführt: „Das Oberlandesgericht Wien stellte nach neuerlicher Verhandlung mit Urteil vom Verfassungsschutzbericht 2022 21 20.Oktober 2022 fest, dass beim Beschuldigten eine besondere Gefährlichkeit vorliegt und erhöhte die Verurteilung/Strafe auf fünf Jahre unbedingte Freiheitsstrafe.“ Mit welcher Begründung wurde das Strafmaß angehoben? (Bitte um detaillierte Angaben)
28. Aus welchem Grund ist die Verhandlungsschrift zum Urteil nicht öffentlich einsichtig?
[1]“In July 2021, one right-wing attack was foiled in Austria, when a suspect attempted to use homemade explosives at a left-wing event. The suspect seemingly acted alone and had previously donated to a right-wing group, the Identitäre Bewegung Österreichs (IBÖ, ‘Identitarian Movement Austria’).”
https://www.europol.europa.eu/cms/sites/default/files/documents/Tesat_Report_2022_0.pdf , abgerufen am 15.09.2022
[2] www.parlament.gv.at/dokument/XXVII/AB/11990/imfname_1483772.pdf, abgerufen am 24.05.2023