Eingelangt am 14.06.2023
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Anfrage
der Abgeordneten Dr. Stephanie
Krisper, Kolleginnen und Kollegen
an den Bundesminister für
Inneres
betreffend Situation von
Geflüchteten aus der Ukraine
Das Ende des Angriffskriegs der Russischen Föderation
gegen die Ukraine ist über ein Jahr nach dessen Beginn nicht absehbar. Ob
im Falle eines zeitnahen Kriegsendes eine schnelle Rückkehr für
Geflüchtete in die Ukraine möglich ist, bleibt angesichts der
weitreichenden Zerstörung, auch ziviler Infrastruktur, unsicher. In
Österreich haben momentan rund 90.000 Ukrainer:innen einen temporären
Schutzstatus nach der Vertriebenen-Verordnung, die auf EU-Richtlinie 2001/55/EG
basiert, und nach aktuellem Stand im März 2024 ausläuft.1 Dieser
Zustand stellt ein besonderes Hemmnis in der Motivation potentieller
Arbeitgeber:innen dar. Die Arbeitssuche wird dadurch wahrlich
nicht erleichtert.
Auch bei den grundsätzlichen Lebensbedingungen sieht
es kritisch aus: Momentan haben vertriebene Ukrainer:innen wie Asylsuchende
Anspruch auf die für kurze Aufenthalte ausgelegte Grundversorgung, die
51.000 Geflüchtete aus der Ukraine beziehen (Stand April 2023).2
Laut UNHCR sind die Leistungen der Grundversorgung zur Sicherung des
Lebensunterhalts jedoch kaum ausreichend.3 Viele Ukrainer:innen sind
daher auf die Unterstützung der Zivilgesellschaft angewiesen. Das
zeigt sich beispielsweise darin, dass der überwiegende Großteil der
geflüchteten Ukrainer:innen in Privatunterkünften untergebracht sind
- obwohl die Mietzuschüsse weit unter den Preisen des Wohnungsmarkts
liegen. Eine knappe Grundversorgung, die Unterstützung durch die
Zivilgesellschaft bedingt, ist im Hinblick auf die aktuell hohe Inflation und
den starken Spenden-Rückgang an Hilfsorganisationen, äußerst
problematisch.3 Für eine Verbesserung für
Geflüchtete aus der Ukraine, haben wir NEOS im Entschließungsantrag
3332/A(E) generell gefordert, dass letztere mit
Asylberechtigten gleichgestellt werden.
Denn im EU-Vergleich fällt Österreich mit
besonders restriktiven, kurzsichtigen Regulierungen für Vertriebene aus
der Ukraine auf, schließlich haben ukrainische Flüchtlinge in
fünfzehn EU-Staaten, Deutschland eingeschlossen, Zugang zu den vollen
Sozialleistungen und werden diesbezüglich jeweiligen
Staatsbürger:innen gleichgestellt.4 Die unzureichende
Versorgung in Österreich trägt womöglich auch dazu bei, dass
mehr und mehr Ukrainer:innen ausreisen, weil sie in Österreich einfach
keine adäquaten Zustände erleben und keine Perspektive sehen.
Aufgrund der seit Anfang an unzureichenden Versorgung von Ukrainer:innen in
Österreich, stellt sich die Frage, wie es um die aktuelle Situation von
Ukrainer:innen steht und welche Unterstützungsmaßnahmen die
Regierung plant. Auch in Hinblick auf die nahende Auslauffrist des
temporären Schutzstatus und der weiterhin ungewissen Entwicklungen des
Kriegs stellt sich sowohl die Frage nach den Zukunftsperspektiven von
Ukrainer:innen als auch nach dem Beitrag Österreichs zu einer
EU-weiten Koordination der Fluchtbewegung aus der Ukraine.
- https://bmi.gv.at/magazin/2023_03_04/10_Internationale_Migrationsangelegenheiten.aspx
- https://www.bmi.gv.at/301/Statistiken/files/2023/Asylstatistik_April_2023.pdf (S.
45)
- https://www.unhcr.org/dach/at/84463-empfehlungen-zur-weiteren-unterstutzung-und-inklusion-von-fluchtlingen-aus-der-ukraine.html
- https://data.unhcr.org/en/documents/details/96266
Die unterfertigten Abgeordneten
stellen daher folgende
Anfrage:
- Wie viele Geflüchtete aus der
Ukraine haben mit Stichtag Zeitpunkt der Anfrage in Österreich einen
temporären Schutzstatus nach der Vertriebenen-Verordnung?
- Wie viele davon sind Ukrainer:innen?
- Wie viele davon sind
Drittstaatsangehörige aus der Ukraine?
- Wie viele davon sind
minderjährig?
- Wie viele davon sind unbegleitete
Minderjährige?
- Wie viele Geflüchtete aus der
Ukraine, die seit Februar 2022 nach Österreich einreisten, haben
Österreich wieder verlassen? Bitte um Aufschlüsselung nach Monat
bis zum Zeitpunkt der Anfrage.
- Wie viele von ihnen hatten einen
temporären Schutzstatus nach der Vertriebenen-Verordnung?
i. Wie viele davon waren minderjährig?
ii. Wie viele davon waren unbegleitete
Minderjährige?
- Wird erhoben, aus welchen
Gründen die Betroffenen ausreisten?
i. Wenn ja, aus welchen?
- Wie verläuft
die freiwillige Rückkehr von Geflüchteten aus der Ukraine
und welche Rolle spielt Ihr Ressort diesbezüglich?
- Wie vielen Geflüchteten aus
der Ukraine wurde der temporären Schutzstatus nach der
Vertriebenen-Verordnung verweigert? Bitte um Aufschlüsselung
nach Monat seit Kriegsbeginn bis zum Zeitpunkt der Anfrage.
- Aus welchen Gründen
jeweils?
- Wie vielen Geflüchteten aus
der Ukraine wurde der temporären Schutzstatus nach der
Vertriebenen-Verordnung entzogen? Bitte um Aufschlüsselung nach
Monat seit Kriegsbeginn bis zum Zeitpunkt der Anfrage.
- Aus welchen Gründen
jeweils?
- Wie viele Geflüchtete aus der
Ukraine beziehen mit Stichtag der Anfrage Grundversorgung?
- Wie viele davon sind in der
Grundversorgung des Bundes bzw. in Quartieren des Bundes
untergebracht?
- Wie hoch sind die aufgrund der
zahlreichen privaten Unterkünfte von Ukrainer:innen eingesparten
Kosten für den Bund (im Vergleich zur Unterbringung in organisierten
Unterkünften)?
- Wie hat sich die Aufnahmedauer von aus
der Ukraine Geflüchteten in die Grundversorgung entwickelt?
- Wurde die Dauer zwischen
Registrierung und Aufnahme in der Grundversorgung reduziert?
- Welche konkreten Maßnahmen
wurden zur Optimierung des Registrierungsverfahrens für die
Grundversorgung von Ukrainer:innen getroffen?
- Steht Ihr Ministerium hinsichtlich von
Maßnahmen zur besseren Integration von Ukrainer:innen im
Austausch mit dem Ministerium für Frauen, Familie, Integration und
Medien?
- Wenn ja, inwiefern und mit
welchem Ergebnis?
- Wenn ja, welche Maßnahmen
wurden beschlossen?
- Wenn nein, warum nicht?
- Steht Ihr Ministerium hinsichtlich von
Maßnahmen zur besseren Integration von ukrainischen Kindern
ins Schulsystem im Austausch mit dem Bildungsministerium?
- Wenn ja, inwiefern und mit
welchem Ergebnis?
- Wenn ja, welche Maßnahmen
wurden beschlossen?
- Wenn nein, warum nicht?
- Steht Ihr Ministerium hinsichtlich von
Maßnahmen zur besseren Arbeitsmarktintegration von Ukrainer:innen im
Austausch mit dem Arbeitsministerium?
- Wenn
ja, inwiefern und mit welchem Ergebnis?
- Wenn ja, welche Maßnahmen
wurden beschlossen?
- Wenn nein, warum nicht?
- Steht Ihr Ministerium hinsichtlich von
Maßnahmen zur besseren Arbeitsmarktintegration von Ukrainer:innen im
Austausch mit anderen Stakeholder:innen (vor allem Unternehmen, AMS,
etc.)?
- Wenn
ja, inwiefern und mit welchem Ergebnis?
- Wenn ja, welche Maßnahmen
wurden beschlossen?
- Wenn nein, warum nicht?
- Welche Maßnahmen sind generell zur
Verbesserung der Situation von Ukrainer:innen in Österreich
geplant?
- Welche (Bleibe-)Perspektiven sind
für Geflüchtete aus der Ukraine geplant, falls
der russische Angriffskrieg länger andauert als
März 2024 oder Geflüchtete aus der Ukraine aufgrund der massiven
Zerstörungen nicht rückkehren können?
- Ist eine Verlängerung des
temporären Aufenthaltsrecht (länger als März 2024)
im Gespräch
- auf nationaler Ebene?
i. Wenn ja, in welchen Gremien?
ii. Wenn ja, mit welchem Ergebnis?
- auf EU-Ebene?
i. Wenn ja, in welchen Gremien?
ii. Wenn ja, mit welchem Ergebnis?
- Ist eine Gleichstellung von
Geflüchteten aus der Ukraine mit Asylberechtigten, wie es sie in 15
anderen EU-Staaten auch gibt, angedacht?
- Wenn nein, wieso nicht?
- Welche weiteren Gespräche bestehen hinsichtlich von
Maßnahmen zur Aufnahme und Versorgung aus der
Ukraine Geflüchteter auf EU-Ebene?
- In welchen Gremien jeweils?
- Welche Positionen vertritt
Österreich jeweils?
- Mit welchem Ergebnis jeweils?
- In welcher Höhe hat Ihr Ministerium seit
Beginn des Krieges EU-Förderungen bzw. EU-Gelder für die
Versorgung und Unterbringung von Ukrainer:innen erhalten?
- Wofür wurden die
Förderungen konkret eingesetzt?