15340/J XXVII. GP

Eingelangt am 14.06.2023
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten Mag. Martina Künsberg Sarre, Kolleginnen und Kollegen

an den Bundesminister für Bildung‚ Wissenschaft und Forschung

betreffend Lehrkräfte- und Direktor:innen-Mangel an Österreichs Schulen

 

Der Lehrer:innenmangel an Österreichs Schulen ist seit Jahren Thema in der Bildungspolitik und in der medialen Öffentlichkeit. Die Ursachen - allen voran die Pensionierungswelle der Babyboomer-Generation, aber auch das im internationalen Vergleich geringe Interesse am Lehramtsstudium und mäßige Image des Berufs - sind seit langem bekannt. Dennoch wurden erst kürzlich erste Maßnahmen gegen den Mangel gesetzt. Nennenswert ist diesbezüglich vor allem das neue Quereinstiegsmodell, während die Arbeit am Berufsimage nur oberflächlich stattfindet ("positive Erzählung") und nicht an den tatsächlichen Arbeitsbedingungen im Berufsalltag ansetzt. 

Jedes Jahr zu Schulbeginn kommen aus den Bundesländern Meldungen, dass in einzelnen Fächern, Schularten und Regionen noch Lehrpersonen fehlen. In der Regel werden diese Lücken durch Überstunden und mit Lehramtsstudierenden kurzfristig gefüllt, von einer nachhaltigen Lösung sind wir aber noch weit entfernt. Im Bereich der Bundesschulen ist der Bund unmittelbar für das Personalwesen zuständig ist, im Bereich der Landesschulen trägt er zumindest eine Mitverantwortung: Die Zuständigkeit für das Personalmanagement liegt dort zwar bei den Ländern, der Bund ist jedoch für die Ausbildung der zukünftigen Lehrpersonen und für die Rahmenbedingungen im Berufsfeld (Schulgesetze, Finanzierung etc.) verantwortlich. 

Der Mangel an Lehrkräften zeigt sich in vielfältiger Weise zu Lasten der Schülerinnen und Schüler: 

Zum Lehrkräfte-Mangel tritt immer öfter auch ein Direktor:innen-Mangel. Für ausgeschriebene Schulleitungsposten treffen keine oder nur sehr wenige Bewerbungen ein, sodass Stellen unbesetzt bleiben oder Personen Direktor:in werden, die dafür nur mäßig geeignet sind. Auch hier werden nur zögerlich Maßnahmen gesetzt, um die Tätigkeit attraktiver zu machen. So wurden zwar zuletzt die administrativen Unterstützungskräfte aufgestockt, aber nicht flächendeckend im benötigten Ausmaß. Ein "Mittleres Management" in größeren Schulen ist (mit Ausnahme der BMHS) weiterhin nicht vorgesehen und für eine Gesamtreform des bürokratischen Schulverwaltungssystems - Stichwort "Vertrauen statt Kontrolle" und "Autonomie statt Bürokratie" - scheint der politische Wille zu fehlen.  

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage:

 

  1. Zur Pensionierungswelle: In früheren Anfragebeantwortungen (z.B. 2583/AB vom 11.3.2019) wurden Prognosedaten für die nächsten Jahre vorgelegt. Bis zu welchem Jahr liegen derzeit Prognosen vor? Bitte um Auflistung der voraussichtlichen Pensionierungen nach Bundesland und Schulart sowie auch nach Unterrichtsfächern, wobei den Anfragesteller:innen bekannt ist, dass Lehrer:innen i.d.R. über Studienabschlüsse in mindestens zwei Unterrichtsfächern verfügen und die Zahl der Pensionierungen nach Schulfächern daher in Summe eine höhere Anzahl ergibt, als die Zahl der in Pension gehenden Personen. 
  2. Das Personalprognosemodell des BMBWF ermöglicht österreichweite Prognosen für allgemein bildende Unterrichtsfächer. Welcher Personalbedarf (in Vollzeitäquivalenten) wurde dabei für die kommenden 5-10 Jahre ermittelt? Bitte um Auflistung nach Bundesland und Schulart sowie nach Unterrichtsfächern, in absoluten Zahlen und in Prozent der Beschäftigten. 
  3. Wie viele Lehrpersonen mit Sondervertrag gibt es im Schuljahr 2022/23? Bitte um Auflistung nach Bundesland und Schulart.
    1. Wie viele davon waren Lehramtsstudierende? Bitte um Auflistung nach Bundesland und Schulart.
  1. Wie hoch war die Teilbeschäftigungsquote im Schuljahr 2022/23? Bitte um Auflistung nach Bundesland und Schulart.
  2. Wie viele Lehrpersonen waren im Schuljahr 2022/23 von einem Teil ihrer Unterrichtsverpflichtung für Tätigkeiten in der Personalvertretung freigestellt? Bitte um Auflistung nach Bundesland und Schulart.
  3. Wie viele Personen mit abgeschlossenem Lehramtsstudium waren im Schuljahr 2022/23 in der Schulverwaltung (Bildungsdirektionen, Schulqualitätsmanagement, Bildungsministerium) eingesetzt? Bitte um Auflistung nach Bundesländern. 
  4. Ende 2022 wurde seitens des BMBWF die "Ressortstrategie Klasse Job" mit drei verschiedenen Handlungsfeldern vorgestellt. Bitte um Darstellung der in diesen drei Feldern
    1. bisher gesetzten und
    2. bis zum Ende der Legislaturperiode noch geplanten Maßnahmen.
  1. Gibt es seitens des BMBWF Überlegungen, die Lehrer:innen, die in höheren Schulen als Administrator:innen eingesetzt sind, durch Sekretariats-/Assistenzkräfte zu ersetzen, um sie wieder mit voller Lehrverpflichtung als Lehrkräfte einsetzen zu können? Wenn nein, warum nicht?
  2. Als Maßnahme gegen den Lehrkräfte-Mangel sollen auch pensionierte Lehrpersonen für die Rückkehr in den Schuldienst gewonnen werden. Es würde Sinn machen, im Zuge der Pensionierung jeder Lehrperson automatisch ein attraktives Angebot für eine Weiterbeschäftigung in Teilzeit zu unterbreiten.
    1. Gibt es derzeit ein routinemäßiges Weiterbeschäftigungsangebot, das Bundeslehrer:innen und/oder Landeslehrer:innen im Zuge ihrer Pensionierung erhalten?

                                          i.    Wenn ja, bitte um Beschreibung.

                                        ii.    Wenn nein, ist ein solches in Vorbereitung?

                                       iii.    Wenn abermals nein, warum nicht?

    1. Wäre es aus Sicht des BMBWF sinnvoll oder erforderlich, etwas an den rechtlichen Rahmenbedingungen (bspw. im Dienstrecht oder im Vertragsbedienstetengesetz) zu ändern, um mehr pensionierte Lehrer:innen für die Weiterbeschäftigung in der Schule gewinnen zu können? Wenn ja, welche Änderungen wären sinnvoll?
  1. Junge Lehrer:innen arbeiten oft nur in Teilzeit in der Schule, weil sie berufsbegleitend ihr Masterstudium zu absolvieren haben. Wenn es gelänge, einen Teil der Lehrveranstaltungen des Masterstudiums in die Sommerferien zu verlegen, könnten diese Lehrer:innen eine höhere Lehrverpflichtung eingehen. 
    1. Ist das BMBWF mit den Pädagogischen Hochschulen und Universitäten in Kontakt, um dieses Ziel zu erreichen? Wenn ja, bitte um Erläuterung der Pläne und Überlegungen.
    2. Wenn nein, warum nicht?
  1. Wie viele Stellen als Schulleiter:in wurden in den letzten 5 Jahren jeweils ausgeschrieben? Bitte um Auflistung nach Schulart und Bundesland in absoluten Zahlen und in Prozent der Schulen. 
    1. Zu wie vielen dieser Ausschreibungen gab es keine Bewerbungen?
    2. Zu wie vielen dieser Ausschreibungen gab es eine bis drei Bewerbungen?
    3. Zu wie vielen dieser Ausschreibungen gab es mehr als drei Bewerbungen?
  1. Gibt es Prognosen, wie viele Schulleitungen in den nächsten 5 Jahren voraussichtlich jeweils ausgeschrieben werden? Wenn ja, bitte um Auflistung nach Schulart und Bundesland in absoluten Zahlen und in Prozent der Schulen.
  2. Wie viele Schulen werden derzeit von einer provisorisch betrauten Leitungsperson geführt? Bitte um Auflistung nach Schulart und Bundesland. 
  3. Welche Maßnahmen setzt das BMBWF gegen den Mangel an Bewerber:innen für Schulleitungsposten?
    1. bisher gesetzte Maßnahmen 
    2. bis zum Ende der Legislaturperiode geplante Maßnahmen
  1. Gibt es seitens des BMBWF Überlegungen, den für die Leitung einer Schule in Frage kommenden Personenkreis auszuweiten, also nicht länger auf Lehrer:innen zu beschränken sondern bspw. Führungskräften aus anderen Bereichen des Bildungswesens (Kindergarten bis Erwachsenenbildung), HR-Manager:innen, Psycholog:innen etc. zu ermöglichen, sich zu bewerben?
    1. Wenn ja, welche Überlegungen werden diesbezüglich angestellt und welcher Zeithorizont für die Umsetzung ist angedacht?
    2. Wenn nein, warum nicht?
  1. In den höheren Schulen gibt es zusätzlich zu Sekretariatskräften auch Administrator:innen. Gibt es seitens des BMBWF Überlegungen, ähnliche Stellen auch in (größeren) Pflichtschulen zu etablieren (bzw. den Bundesländern diese Stellen zu finanzieren), um Direktor:innen für Führungsaufgaben (bspw. Begleitung und Führung der Junglehrer:innen) freizuspielen und die Führungsposition zu attraktivieren?
    1. Wenn ja, inwiefern?
    2. Wenn nein, warum nicht?