15361/J XXVII. GP
Eingelangt am 14.06.2023
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ANFRAGE
der Abgeordneten Christian Hafenecker, Dr. Dagmar Belakowitsch, Peter Wurm
an den Bundesminister für Finanzen
betreffend Kika/Leiner-Pleite und Steuerstundungen durch das BMF
Am 12. Juni 2023 veröffentlichte „oe24“ folgenden Artikel:[1]
Peschorn zu Kika/Leiner-Pleite: "Das lässt Vermutungen aufkommen"
Der Chef der Finanzprokuratur will die Vorgänge rund um den Verkauf von Kika/Leiner sowie eine Kompensation für die Steuerstundungen genau prüfen.
Die angeschlagene Möbelkette Kika/Leiner hat unter ihrem neuen Eigentümer Hermann Wieser am späten Montagnachmittag ein Sanierungsverfahren ohne Eigenverwaltung am Landesgericht St. Pölten beantragt. Gemessen an den betroffenen Dienstnehmern (rund 3.300) handelt es sich laut dem Alpenländischen Kreditorenverband (AKV) um die größte Insolvenz der letzten zehn Jahre in Österreich. Die Gläubigerforderungen (Passiva) belaufen sich laut Kreditschützern auf 132 Mio. Euro.
Umfangreiche Prüfungen
Der Chef der Finanzprokuratur, Wolfgang Peschorn, will die Vorgänge rund um den Verkauf von Kika/Leiner sowie eine Kompensation für die Steuerstundungen nun genau prüfen, wie er im ORF-Radio ankündigte. Zum genauen Anteil der Republik an den Verbindlichkeiten der Kette machte Peschorn keine konkreten Angaben. In dem geplanten Sanierungsverfahren werde die Republik jedenfalls aber "ein gewichtiges Wort mitzureden haben". "Wir haben hier sicherlich die entscheidenden Stimmrechte."
Stellungnahme von Finanzombudsmann Mag. Gerald Zmuegg vom 13. Juni 2023
Zur Frage von Herrn Thür an den Leiter der Finanzprokuratur Peschorn ad. Stundungen des Finanzamts möchte ich folgendes hinzufügen: In der Rudolf Leiner Gesellschaft m.b.H. waren Verpflichtungen gegenüber dem Finanzamt zum 30.09.20 in Höhe von 39,1 Mio. Euro. ausgewiesen, per 30.09.21 waren es 32,7 Mio. Euro. Weiters wurden laut Jahresabschluss von Kika/Leiner Steuerstundungen in einem Ratenkonzept mit dem Finanzamt vereinbart (COVID 19-Ratenzahlungsmodell). Die übliche Laufzeit hierbei sind drei Jahre. Zum Zustandekommen dieser Ratenvereinbarung ist die übliche Vorgehensweise
- Schritt 1: Antrag des betroffenen Unternehmens
- Schritt 2: Tilgungsplan beilegen
- Schritt 3: Das Finanzamt kann eine Sicherheitenleistung wie eine Hypothek, eine Verpfändung von Forderungen oder eine Bürgschaft einfordern, um den Steueranspruch abzusichern.
Voraussetzung für den Antrag ist, dass bei Nichtbewilligung ein Liquiditätsengpass vorliegt. Daraus ergeben sich folgende Fragestellungen:
Die relevanten Bestimmungen in der Bundesabgabeordnung
Gemäss § 232 BAO kann ein Sicherstellungauftrag erlassen werden, um einer Gefährdung oder wesentlichen Erschwerung der Einbringung der Abgabe zu begegnen.
Gemäss § 212 BAO kann einer Stundung zugestimmt werden, wenn die sofortige Entrichtung der Abgaben mit erheblichen Härten verbunden wäre und die Einbringlichkeit der Abgaben durch den Aufschub nicht gefährdet wird.
- Wurde hier von der Abgabebehörde eine Sicherheitenleistung vereinbart, die eine Besserstellung bei der Forderungsanmeldung gegenüber anderen Gläubigern sicherstellt?
- Welcher Tilgungsplan wurde dem Ansuchen beigelegt und auf welcher Grundlage wurde die Rückzahlung dokumentiert?
- Warum wäre bei einer verfügbaren Liquidität am 30.09.20 in der Höhe von 85 Mio. Euro sowie per 30.09.21 von 76 Mio. Euro eine Absage der Stundung mit erheblichen Härten verbunden gewesen?
Der Fall Kika-Leiner zeigt: Die Ausgestaltung der COVID-Hilfen haben eine Konkurswelle nicht verhindert, sondern aufgeschoben. Hier ist zu beachten, dass in Summe derartige Steuerstundungen in Höhe von EUR 5,7 Mrd. von Unternehmen in Anspruch genommen wurden. Kika/Leiner ist hier nur die Spitze des Eisberges.“, so Mag. Gerald Zmuegg vom Finanzombudsteam. Die Ausgestaltung von Hilfen die zu Verbindlichkeiten während COVID geführt haben (Steuerstundung, Überbrückungskredite) sind ein Brandbeschleuniger bei den nunmehrigen Konkursen
Über das Finanzombudsteam
Das Finanzombudsteam hat sich seit 2008 zur Aufgabe gemacht, die Lücke für KMU zwischen notwendiger und unzureichender Beratungsqualität von Banken zu schließen und Ihnen Rückhalt bei Finanz- und Liquiditätsfragen in jeder Krise zu geben. Das Finanzombudsteam bündelt das Insiderwissen aus der Zusammenarbeit von 15 Spezialist:innen aus den Bereichen Finanzen, Recht, Sanierung, Förderungen, Covid-Hilfen, Energiefragen und Kommunikation unter Führung von Mag. Gerald Zmuegg.
In diesem Zusammenhang richten die Abgeordneten Christian Hafenecker MA, Dr. Dagmar Belakowitsch und Peter Wurm an den Bundesminister für Finanzen folgende
Anfrage
1. Wurde hier von der Abgabebehörde eine Sicherheitenleistung vereinbart, die eine Besserstellung bei der Forderungsanmeldung gegenüber anderen Gläubigern sicherstellt?
2. Welcher Tilgungsplan wurde dem Ansuchen beigelegt und auf welcher Grundlage wurde die Rückzahlung dokumentiert?
3. Warum wäre bei einer verfügbaren Liquidität am 30.09.20 in der Höhe von 85 Mio. Euro sowie per 30.09.21 von 76 Mio. Euro eine Absage der Stundung mit erheblichen Härten verbunden gewesen?
[1] https://www.oe24.at/businesslive/handel/peschorn-zu-kika-leiner-pleite-das-laesst-vermutungen-aufkommen/559125350