Eingelangt am 16.06.2023
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Anfrage
der Abgeordneten Dr. Stephanie
Krisper, Henrike Brandstötter, Kolleginnen und Kollegen
an den Bundesminister für
Inneres
betreffend Polizeieinsatz rund
um die Drag-Queen-Lesung für Kinder
Am 16.4.2023 fand in der
Türkis-Rosa-Lila-Villa in der Linken Wienzeile eine Drag-Queen-Lesung
für Kinder mit der Künstlerin Freya Van Kant statt. Vor der Villa
versammelten sich sowohl Personen, die gegen die Veranstaltung demonstrierten
als auch Menschen, die sich - im Rahmen einer Gegendemonstration - für die
Rechte der LGBTIQ+-Community stark machten. Gegen Mittag marschierte ein Teil
der jeweiligen Versammlungsteilnehmer:innen von der Linken Wienzeile in die
Innenstadt. Laut Polizei hätten Teilnehmer:innen der Gegendemonstration
während des Marsches versucht, den Marsch der Lesungsgegner:innen zu stoppen.
Dabei kam es zum intensiven Einsatz von Pfefferspray gegenüber den
Gegendemonstrant:innen.(1, 2, 3) Im Internet, insbesondere auf
Twitter, kursieren Videos, die ein gewaltvolles Bild vom Vorgehen der
Einsatzkräfte zeichnen: Demnach soll sich - unter anderem - die Polizei
trotz Bewusstlosigkeit einer Gegendemonstrantin nicht von der Intensität
ihres Einsatzes abhalten haben lassen. Darüber zeigt sich insbesondere
Amnesty Austria besorgt. (4)
Kritik an dem Einsatz gab es zudem
wegen des Umgangs mit der Pressefreiheit, weil Journalist:innen vor Ort -
gestört von rechtsextremen Demonstrant:innen - nicht ungehindert ihrer
Arbeit nachgehen konnten. Die Generalsekretärin des Presseclubs Concordia
und der Präsident von Reporter ohne Grenzen Österreich sahen dadurch
eine weitere Eskalationsstufe erreicht und kritisierten den mangelnden Schutz
der Berichterstattung durch die Polizist:innen vor Ort. (5) Laut
einer Aussendung des Presseclubs Concordia wurden sogar zwei Journalisten von
der Exekutive ohne ersichtlichen Grund mit Pfefferspray angegriffen. Dieser
überschießende Einsatz von Gewalt sei laut der Aussendung auf Fotos
dokumentiert, eine Verhältnismäßigkeit sei demnach nicht zu
erkennen.(6) Journalistenorganisationen konstatieren, dass es
"nicht nur an rechtlichem Wissen mangelt, sondern auch am Bewusstsein
für diese wichtige Aufgabe der Exekutive" und fordern nun, dass
"man die 'freie Berichterstattung konsequent schützen und dieses
strukturelle Problem durch Schulungen, Bewusstseinsbildung, klare Einsatzvorgaben
und Verbesserung der Planung und Organisation von Polizeieinsätzen im Zuge
von Demonstrationen' dringend lösen müsse. Damit komme man auch der
Empfehlung der EU-Kommission zur Gewährleistung des Schutzes und der
Sicherheit von Medienschaffenden nach." (7)
Quellen:
(1) https://www.vienna.at/demo-gegen-drag-queen-lesung-in-wien-mit-identitaeren-und-fpoe/8022640
(2) https://www.vienna.at/pfefferspray-einsatz-bei-demo-gegen-drag-queen-lesung-in-wien/8023675
(3) https://wien.orf.at/stories/3203288/
(4) https://twitter.com/AmnestyAustria/status/1647899434791886849
(5) https://www.derstandard.at/story/2000145548364/rechtsextremer-aufmarsch-vor-villa-mit-drag-queen-lesung
(6) https://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20230420_OTS0075/demos-polizei-muss-pressefreiheit-gewaehrleisten-nicht-behindern
(7) https://www.puls24.at/news/politik/strukturelles-problem-journalisten-organisationen-fordern-gewaehrleistung-von-pressefreiheit/295155
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende
Anfrage:
- Wie bereitete sich wer
seitens der Sicherheitsbehörden auf den Einsatztag am 16.4.2023 vor
(bitte um Beschreibung der Vorbereitungen in chronologischer Form)?
- Welche Gefährdungsprognose ging dem Einsatz am
16.4.2023 voraus?
- Von wem wurde diese wann vorgenommen?
- Welche strategischen bzw. einsatztaktischen Leitlinien
wurden im Vorfeld von wem wann ausgegeben?
- Warum wurde kein sicherheitspolizeiliches Platzverbot
gem. § 36 Abs. 1 SPG im Bereich der Linken Wienzeile ausgesprochen?
- Inwiefern waren Sie oder Ihr Kabinett bzw. wer
außerhalb der LPD Wien wann in die vorbereitenden Planungen
involviert?
- Inwiefern waren Sie oder Ihr Kabinett bzw. wer
außerhalb der LPD Wien wann in die Entscheidung über die
vorbereitenden Maßnahmen involviert?
- Welche Einheiten waren bei den Demonstrationen im Einsatz
(bitte um Aufschlüsselung nach Örtlichkeit bzw.
Demonstration)?
- Wurden im Zuge des gesamten Einsatzes auch andere
Einheiten von außerhalb Wiens bzw. welche andere(n)
Sondereinheit(en) rekrutiert?
- Wie lange dauerte der besagte Einsatz und wie viele
Einsatzkräfte waren insgesamt vor Ort (Bitte um Aufschlüsselung
nach Örtlichkeit bzw. Demonstration)?
- Welche polizeilichen Zwecke verfolgten die Akte der unmittelbaren
Befehls- und Zwangsgewalt?
- Zu welchem Zeitpunkt waren diese Zwecke erfüllt bzw.
gegenstandslos?
- Welche gelinderen Maßnahmen wurden erwogen und
warum verworfen?
- Warum war der Einsatz von Pfefferspray aus Sicht der vor
Ort tätigen Einsatzkräfte verhältnismäßig?
- Wie wurde in weiterer Folge im Rahmen des Einsatzes mit
der im Begründungstext beschriebenen bewusstlosen Demonstrantin
einerseits, als auch mit den beiden Journalisten umgegangen?
- Durch welche konkreten Maßnahmen seitens der
Exekutive wurden bei welcher der beiden Demonstrationen wann und wo
berichterstattende Journalist:innen bzw. Kameraleute udgl. vor Ort
geschützt?
- Von wem sind diese Maßnahmen wann beschlossen
worden?
- Warum wurden offenbar dennoch Journalist:innen durch
rechtsextreme Demonstrant:innen gestört?
- Warum kam es offenbar zum Einsatz von Pfefferspray gegen
zwei Journalisten?
- War ein:e Medienkontaktbeamte:r vor Ort?
i. Falls
ja, inwiefern kam er:sie zum Einsatz?
ii. Falls
nein, warum nicht?
- Es wurden immer wieder Maßnahmen angekündigt,
um einen besseren Schutz von Journalist:innen zu gewährleisten.
Welche Maßnahmen sind damit konkret gemeint?
- Wie ist es möglich, dass es trotzdem immer wieder zu
Angriffen auf Journalist:innen kommt?
- Welche Maßnahmen wurden bereits umgesetzt, um einen
besseren Schutz von Journalist:innen durch die Exekutive zu
gewährleisten?
- Welche Maßnahmen werden Sie noch setzen, um in
Zukunft einen besseren Schutz von Journalist:innen durch die Exekutive zu
gewährleisten?
- Welchen Kenntnisstand haben die Sicherheitsbehörden
von dem Sachverhalt der beiden verletzen Journalisten?
- Welche Ermittlungsschritte zogen die
Sicherheitsbehörden wann?
i. Mit
jeweils welchem Ergebnis?
- Wie viele Anzeigen gegen Demonstrant:innen wurden im Zuge
der Demonstration wegen welches Sachverhaltes eingebracht?
- Wie viele wurden jeweils gegen Teilnehmer:innen der
Demonstration bzw. Gegendemonstration eingebracht? (bitte um genaue
Aufschlüsselung)
- Wurde ein Verwaltungsstrafverfahren gegen Teilnehmer:innen
der Versammlung eingeleitet (bitte um konkrete Aufschlüsselung, ob es
sich dabei um Teilnehmer:innen der Demonstration oder Gegendemonstration
handelt)?
- Wenn ja, wann?
- Wenn ja, aufgrund welcher Rechtsgrundlagen?
- Wenn ja, mit welchem Ergebnis?
- Gegen wie viele Exekutivbeamt:innen wurden Anzeigen
in Bezug auf die im Zuge der Demonstration erfolgten Amtshandlungen
eingebracht?
- Wie viele Anzeigen wurden bei welcher der beiden
Demonstrationen gelegt, weil berichterstattende Journalist:innen bzw.
Kameraleute udgl. angegriffen bzw. bedroht wurden (bitte um konkrete
Auflistung mit Deliktsangaben)?
- Wie viele davon aus Eigenem?
- Wie viele aufgrund Aufforderer/Geschädigte:r?
- Wie viele Anzeigen wurden bei welchen der beiden
Demonstrationen gegen Journalist:innen bzw. Kameraleute udgl. gelegt
(bitte Auflistung mit Deliktsangaben)?
- Wie viele davon aus Eigenem?
- Wie viele aufgrund Aufforderer/Geschädigte:r?
- Wegen welcher Delikte?
- Wurden gegen das polizeiliche Handeln
Maßnahmenbeschwerden gem. § 88 Abs. 1 SPG und/oder
Richtlinienbeschwerden gem. § 89 Abs. 1 SPG eingereicht?
- Falls ja, wie viele (samt einer konkreten
Aufschlüsselung)?
- Wie viele Beamt:innen waren von den Beschwerden
betroffen?
- Um welche konkreten Vorwürfe handelt es sich dabei?
- Wie viele Beamt:innen davon waren bei den Einsätzen
in Führungsaufgabe?
- Wie viele Beamt:innen davon waren bei den Einsätzen
in Führungsaufgabe und schon in der Vergangenheit von Beschwerden
betroffen?
- Welche Schritte unternahm Ihr Ministerium bisher zur
Aufarbeitung des Einsatzes jeweils wann (um Angabe einer chronologischen
Auflistung aller wesentlichen Schritte bei der Aufklärung wird
ersucht)?
- Gab es in diesem Zusammenhang disziplinäre
Konsequenzen für die beteiligten Polizist:innen?
i. Falls
ja, welche und wie viele Polizist:innen sind davon betroffen?
- Wurde der Einsatz im Nachhinein evaluiert bzw. diskutiert?
- Wenn ja, zwischen wem, wann und mit welchem Ergebnis?
- Welche Lehren und Konsequenzen wurden aus den
Vorfällen, sowohl gegenüber den Demonstrant:innen als auch
gegenüber den Journalist:innen, bereits gezogen?
- Gibt es ein Einsatzprotokoll?
i. Falls
ja, mit welchem Inhalt?
ii. Falls
nein, warum nicht?
- Gibt es bereits einen Schlussbericht?
i. Falls
ja, mit welchem Inhalt?
ii. Falls
nein, warum nicht?
- Wie viele Demonstrationen der LGBTIQ+-Community wurden
bisher österreichweit angemeldet (bitte um zeitliche
Aufschlüsselung)?
- Wie viele von diesen wurden untersagt?
- Aus welchem Grund jeweils (bitte um zeitliche
Aufschlüsselung)?
- Von wem wurde jeweils hinsichtlich der angemeldeten
Demonstrationen der LGBTIQ+-Community die Gefährdungsprognose
vorgenommen (bitte Aufschlüsselung nach Bundesländern und
hierfür herangezogene Organisationseinheit (DSN/LVT))?
- Gab es Sensibilisierungsschulungen bzw. -maßnahmen
für die Einsatzkräfte/Einsatzleiter:innen im taktischen Umgang
mit dem Protestklientel?
a. Wenn ja, wann, für wie viele Personen welcher Einheiten in welchem
zeitlichen Umfang und mit welchem inhaltlichen Schwerpunkt?
- Welche Maßnahmen bzw. besondere Zusatzkräfte,
besondere Einsatzmittel und Einsatztaktiken plante die Polizei bei
Demonstrationen der LGBTIQ+-Community im Voraus im Hinblick auf welche
Örtlichkeit/Demonstration an welchem Tag mit welcher Begründung:
- Panzer?
- Diensthunde?
- Wasserwerfer?
- Einkesselung?
- Sonderbewaffnung?
i. Wenn
ja, welche?
- Hubschrauber?
- Drohnen?
- Sonstige?
i. Wenn
ja, welche?
- Welche Maßnahmen bzw. besondere Zusatzkräfte,
besondere Einsatzmittel und Einsatztaktiken setzte die Polizei an welchem
Tag bei welcher Örtlichkeit/Demonstration der LGBTIQ+-Community mit
welcher Begründung ein:
- Panzer?
- Diensthunde?
- Wasserwerfer?
- Einkesselung?
- Sonderbewaffnung?
i. Wenn
ja, welche?
- Hubschrauber?
- Drohnen?
- Sonstige?
i. Wenn
ja, welche?