15396/J XXVII. GP
Eingelangt am 16.06.2023
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind
möglich.
Anfrage
der Abgeordneten DI Karin Doppelbauer, Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen
an den Bundesminister für Finanzen
betreffend COFAG-Hilfen an Kika/Leiner trotz Status als "Unternehmen in Schwierigkeit"?
Der Insolvenzantrag von Kika/Leiner und die damit einhergehende Berichterstattung haben aufgezeigt, dass das Unternehmen seit Jahren mit Problemen kämpft. Insolvenzen betreffen in der Regel auch Forderungen des Staates gegen das betroffene Unternehmen. Angesichts von Zuschüssen in Millionenhöhe aus den COFAG-Hilfen an die unterschiedlichen Unternehmen der Kika/Leiner-Gruppe und die Nähe des damaligen Firmenchefs Benko zur ÖVP stellen sich eine Reihe von Fragen hinsichtlich der Rechtmäßigkeit dieser staatlichen Hilfen sowie der Rückforderungsansprüche von COFAG und BMF. Das EU-Beihilfenrecht setzt nämlich sehr enge Grenzen, wenn es um die Auszahlung von Beihilfen an Unternehmen in Schwierigkeiten geht - selbst während der Covid-Pandemie. Angesichts der Größe der betroffenen Unternehmen wären solche Zuschüsse eventuell nicht erlaubt gewesen. Die Rolle von BMF und COFAG bei der Abwicklung der Hilfen erscheint sehr fragwürdig und muss daher dringend offengelegt werden!
Ein Blick auf das Transparenzportal (1) zeigt, dass über die unterschiedlichen Tochterunternehmen viele Millionen abgeholt wurden - allein aus dem Möbelhandel über 5,7 Mio. Euro.

Auch über die Kika/Leiner-Restaurants, die Cashcows der Kika/Leiner-Gruppe, wurde über andere Tochtergesellschaften viel Steuergeld abgeholt - insgesamt über 3,5 Mio. Euro.

Die wirtschaftliche Verfassung des Unternehmens in der Vergangenheit ist deshalb relevant, da das EU-Beihilferecht vorsieht, dass "Unternehmen in Schwierigkeiten" nur in sehr engen Grenzen Beihilfen bekommen dürfen. Aus dem Insolvenzantrag ist ersichtlich, dass der operative Teil der Möbelkette schon lange rote Zahlen schrieb. "Für den südafrikanischen Kika/Leiner-Eigentümer Steinhoff (2013-2018) und für Signa (2018-2023) war der Möbelhandel ein Verlustgeschäft. Bis Ende September 2021 summierte sich über die Jahre ein Bilanzverlust bei der Kika Möbel-Handelsgesellschaft und bei der Rudolf Leiner Gesellschaft von 106 Mio. Euro bzw. 83,7 Mio. Euro, geht aus dem Firmenbuch (Wirtschafts-Compass) hervor." (2) Angesichts der Unternehmensgröße - also wenn kein KMU - wären im Fall von Schwierigkeiten keine Zuschüsse möglich gewesen:
|
Definition von "Unternehmen in Schwierigkeiten" nach Artikel 2 Z. 18 der EU-Verordnung 651/2014 DER KOMMISSION VOM 17. Juni 2014 („Allgemeine Gruppenfreistellungsverordnung – AGVO“) (3) |
|
„Unternehmen in Schwierigkeiten“: Unternehmen, auf das mindestens einer der folgenden Umstände zutrifft: a) Im Falle von Gesellschaften mit beschränkter Haftung (ausgenommen KMU, die noch keine drei Jahre bestehen, und — in Bezug auf Risikofinanzierungsbeihilfen — KMU in den sieben Jahren nach ihrem ersten kommerziellen Verkauf, die nach einer Due-Diligence-Prüfung durch den ausgewählten Finanzintermediär für Risikofinanzierungen in Frage kommen): Mehr als die Hälfte des gezeichneten Stammkapitals ist infolge aufgelaufener Verluste verloren gegangen. Dies ist der Fall, wenn sich nach Abzug der aufgelaufenen Verluste von den Rücklagen (und allen sonstigen Elementen, die im Allgemeinen den Eigenmitteln des Unternehmens zugerechnet werden) ein negativer kumulativer Betrag ergibt, der mehr als der Hälfte des gezeichneten Stammkapitals entspricht. Für die Zwecke dieser Bestimmung bezieht sich der Begriff „Gesellschaft mit beschränkter Haftung“ insbesondere auf die in Anhang I der Richtlinie 2013/34/EU (1) genannten Arten von Unternehmen und der Begriff „Stammkapital“ umfasst gegebenenfalls alle Agios. b) Im Falle von Gesellschaften, bei denen zumindest einige Gesellschafter unbeschränkt für die Schulden der Gesellschaft haften (ausgenommen KMU, die noch keine drei Jahre bestehen, und — in Bezug auf Risikofinanzierungsbeihilfen — KMU in den sieben Jahren nach ihrem ersten kommerziellen Verkauf, die nach einer DueDiligence-Prüfung durch den ausgewählten Finanzintermediär für Risikofinanzierungen in Frage kommen): Mehr als die Hälfte der in den Geschäftsbüchern ausgewiesenen Eigenmittel ist infolge aufgelaufener Verluste verloren gegangen. Für die Zwecke dieser Bestimmung bezieht sich der Begriff „Gesellschaften, bei denen zumindest einige Gesellschafter unbeschränkt für die Schulden der Gesellschaft haften“ insbesondere auf die in Anhang II der Richtlinie 2013/34/EU genannten Arten von Unternehmen. c) Das Unternehmen ist Gegenstand eines Insolvenzverfahrens oder erfüllt die im innerstaatlichen Recht vorgesehenen Voraussetzungen für die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens auf Antrag seiner Gläubiger. d) Das Unternehmen hat eine Rettungsbeihilfe erhalten und der Kredit wurde noch nicht zurückgezahlt oder die Garantie ist noch nicht erloschen beziehungsweise das Unternehmen hat eine Umstrukturierungsbeihilfe erhalten und unterliegt immer noch einem Umstrukturierungsplan. e) Im Falle eines Unternehmens, das kein KMU ist: In den letzten beiden Jahren
|
|
Beispiel: Klausel zu Unternehmen in Schwierigkeiten im FKZ 800.000 - Punkt 3.1.9 (4) |
|
das Unternehmen darf sich am 31. Dezember 2019 oder bei einem abweichenden Wirtschaftsjahr am Bilanzstichtag des letzten Wirtschaftsjahres, das vor dem 31. Dezember 2019 endet, nicht in Schwierigkeiten gemäß Art. 2 Z 18 der Verordnung (EU) Nr. 651/2014 der Kommission vom 17. Juni 2014 (Allgemeine Gruppenfreistellungsverordnung, AGVO) befunden haben. Bei der Beurteilung, ob ein Unternehmen in Schwierigkeiten (UiS) vorliegt, sind Maßnahmen, die das Eigenkapital des Unternehmens stärken, wie beispielsweise Zuschüsse der Gesellschafter, und bis zum Zeitpunkt des Antrags auf Gewährung des FKZ 800.000 erfolgt sind, zu berücksichtigen. Liegt ein UiS vor, bei dem es sich um ein Klein- oder Kleinstunternehmen gemäß der KMUDefinition des Anhangs I zur AGVO handelt, so kann dem Unternehmen dennoch ein FKZ 800.000 gewährt werden. Liegt ein UiS vor, bei dem es sich um kein Klein- oder Kleinstunternehmen gemäß der KMU-Definition des Anhangs I zur AGVO handelt, so kann dem UiS ein FKZ 800.000 nur in Entsprechung der jeweils anzuwendenden De-minimis Verordnung unter Berücksichtigung der dort vorgesehenen Kumulierungsregeln gewährt werden. Der allgemeine Höchstbetrag beträgt entsprechend der Verordnung Nr. 1407/2013 (De-minimis VO) EUR 200.000, für Förderung der Straßengüterverkehrstätigkeit EUR 100.000. Im Anwendungsbereich der Verordnung Nr. 1408/2013 (De-minimis VO Landwirtschaft) beträgt der Höchstbetrag EUR 20.000; im Anwendungsbereich der Verordnung Nr. 1388/2014 (De-minimis VO Fischerei) EUR 30.000; |
Intransparentes Zusammenspiel von BMF und COFAG: Wer hat was gesehen?
NEOS haben von Anfang an das intransparente Zusammenspiel von BMF und COFAG bei der Abwicklung von Wirtschaftshilfen kritisiert. Aus einer NEOS Anfrage geht hervor, dass das BMF bei der Abwicklung von Wirtschaftshilfen Gutachten erstellte. Bundesminister Brunner beschrieb den Vorgang so (5): „Sofern die COFAG begründete Zweifel am Ergebnis der Risikoanalyse hat, kann sie eine ergänzende Analyse/ein Ergänzungsgutachten anfordern. Ergänzungsgutachten werden durch das zuständige Finanzamt erstellt. Ergänzungsgutachten werden der COFAG elektronisch übermittelt.“ Speziell darauf hingewiesen wurde, dass diese Gutachten "jeweils bestimmte Prüfungsschwerpunkte" haben und daher "nicht immer sämtliche Antragsvoraussetzungen" abdecken. Die COFAG war dann auch nicht an das BMF Gutachten gebunden und ist in gewissen Fällen davon abgewichen. Daraus ergibt sich sehr wahrscheinlich eine geteilte Verantwortung des BMF und der COFAG. Für eine transparente Aufarbeitung der Verantwortlichkeiten in der Causa ist daher die Frage entscheidend, in welchen der gegenständlichen Fälle ein Ergänzungsgutachten vonseiten der COFAG überhaupt angefordert wurden.
Dazu kommt, dass der COFAG Beirat, in dem Abgeordnete der ÖVP und der Grünen sowie Vertreter:innen von Wirtschafts- und Arbeiterkammer Mitglieder sind, hat bei hohen Auszahlungsvolumen,wie in diesem Fall ein suspensives Veto bei Anträgen (Garantie > € 25 Mio.; Zuschuss > € 800.000). Dazu hat der Beirat ein Einsichtsrecht in jeden einzelnen Antrag. Es soll daher auch geklärt werden, welche Rolle der dieses vermeintliche Kontrollgremium in dieser Causa hatte.
Quellen:
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende
i. Wie viele zivilrechtliche Verfahren laufen in diesem Zusammenhang?
ii. Wie viele strafrechtlichen Verfahren laufen in diesem Zusammenhang?
i. Wie viele zivilrechtliche Verfahren laufen in diesem Zusammenhang?
ii. Wie viele strafrechtlichen Verfahren laufen in diesem Zusammenhang?
i. Ist bekannt, ob vonseiten der Vertreter des Antragsstellers, der Muttergesellschaft SIGNA oder von René Benko selbst Einfluss auf die Entscheidung genommen wurde?
i. Ist bekannt, ob vonseiten der Vertreter des Antragsstellers, der Muttergesellschaft SIGNA oder von René Benko selbst Einfluss auf die Entscheidung genommen wurde?
i. Wenn ja, wann?