15398/J XXVII. GP
Eingelangt am 19.06.2023
Dieser Text ist elektronisch
textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.
Anfrage
der Abgeordneten Christian Oxonitsch, Genossinnen
und Genossen
an den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung
betreffend verpflichtende
Kinderschutzkonzepte an Schulen
Für Kinder und Jugendliche ist Schule kein sicherer Ort. Mobbing, Gewalt und Diskriminierung an Schulen ist leider noch immer die Realität der Kinder ausgesetzt sind. Studien zeigen, dass Österreich besonders im Bereich des Mobbing sehr hohe Zahlen aufweist.[1] Gewalterfahrungen aller Art haben nachhaltige körperliche und seelische Auswirkungen für die betroffenen Kinder. Gewalt gegen Kinder wird in vielen Fällen noch immer toleriert wird und insbesondere psychische Gewalt oft nicht ausreichend ernst genommen wird.[2] Wenn es um sexualisierte Übergriffe und Gewalt der Kinder geht, lässt sich feststellen: Die Mehrzahl der Täter:innen (90%) befinden sich im engeren sozialen Umfeld des Kindes. Sie nutzen Spiele, Körperpflege oder körperliche Untersuchungen, um ihre Übergriffe zu verstecken. Die betroffenen Kinder zweifeln deshalb oft an der eigenen Wahrnehmung und leiden stillschweigend. Besonders erschreckend ist dabei, dass über 50% der Opfer unter 6 Jahren sind, während 30% zwischen 6 und 10 Jahren alt sind. In 80% der Fälle sucht das Opfer die Schuld bei sich selbst.[3]
Um jede Art von Gewalt gegen Kinder wirksam zu bekämpfen, ist eine enge Zusammenarbeit von Lehrkräften, Schulfeiter:innen und Eltern unerlässlich. Es müssen konkrete und koordinierte Maßnahmen an allen Schulen bundesweit ergriffen werden, um sicherzustellen, dass Schüler:innen und Lehrkräfte ihre Sozialkompetenzen sowie Kommunikations-, Kooperations- und Teamfähigkeiten verbessern. Gleichzeitig ist es wichtig, dass Kinder und Jugendliche über ähre Rechte informiert sind, lernen ihre eigenen körperlichen Grenzen klar zu benennen und ihre Handlungsmöglichkeiten kennen. Daher sollten Gewaltpräventionsprogramme an Schulen darauf abzielen, Kinder in ihrer Selbstwirksamkeit zu stärken und ihnen das Wissen vermitteln, dass ihr Körper nur ihnen gehört und nur sie selbst wissen, wie ihr Körper sich anfühlt. Kinder müssen von Anfang an lernen, ihre Gefühle und Grenzen zu erkennen und zu kommunizieren, um so auch in Konfliktsituationen handlungsfähig zu sein und sich vor Gewalt zu schützen. Vor dem Hintergrund der Ankündigung von Bundesminister Polaschek, den Gewaltschutz an Schulen weiter zu intensivieren[4], stellen sich einige Fragen zur tatsächlichen Ausgestaltung dieser Pläne und die zeitliche Umsetzung.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende
ANFRAGE
1. Mit welchen Messinstrumenten erfasst das Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung (BMBWF) Daten zu Gewalt gegen Kinder und Jugendliche?
2. Welche Maßnahmen wurden in der aktuellen Gesetzgebungsperiode ergriffen, um Gewalt gegen Kinder und Jugendliche stärker zu bekämpfen?
a. Wie viel Budget wurde dafür zur Verfügung gestellt? Bitte um Angabe des entsprechenden Voranschlagsatzes bzw. Detailbudgets in der UG30.
b. Wie viel von diesem Budget wurde bereits ausgegeben?
3. Welche konkreten Maßnahmen sind in Planung, um Kinder und Jugendliche in Zukunft besser vor Gewalt und Diskriminierung in der Schule zu schützen?
4. Welche aktuellen Einschätzungen/Erhebungen/Zahlen hat das BMBWF über den aktuellen Stand der Gewaltprävention an Schulen?
5. Welche Maßnahmen werden ergriffen, um Schulen dabei zu unterstützen, Kooperation mit Vereinen, die Gewaltprävention an Schulen unterrichten können, einzugehen?
6. Bildungsminister Polaschek hat angekündigt[5] Kooperationen mit diversen Vereinen zu intensivieren. Um welche Vereine handelt es sich und inwiefern soll die Kooperation verstärkt werden?
7. Welche Unterstützungsmaßnahmen sind geplant, damit die Schulen die verpflichtenden Konzepte auch umsetzen können?
8. An wie vielen Schulen wurden im Schuljahr 21/22 Präventionsprogramme durchgeführt?
Bitte um Aufschlüsselung nach Bundesland und Schultyp.
9. Bundesminister Polaschek hat angekündigt[6], dass alle Schulen zukünftig verpflichtet werden, Kinderschutzkonzepte umzusetzen. In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, was genau unter "verpflichtend" zu verstehen ist. Bedeutet dies lediglich, dass Schulen ein solches Konzept haben müssen oder müssen auch verpflichtende Maßnahmen ergriffen werden, um sicherzustellen, dass das Konzept tatsächlich umgesetzt und Lehrkräfte in diesem Bereich geschult sind?
10. Gibt es derzeit laufende Verhandlungen darüber verpflichtende Kinderschutzkonzepte an allen Schulen umzusetzen? Wenn ja, mit wem?
11. Wann ist mit dem angekündigten Kinderschutzkonzept für alle Bildungseinrichtungen zu rechnen?
a. Wer ist an der Erarbeitung dieses Konzepts beteiligt?
b. Welche Expert:innen sind in die Ausarbeitung der Kinderschutzkonzepte involviert?
c. Wie viel Budget ist für die Umsetzung und Durchsetzung der Kinderschutzkonzepte vorgesehen?
d. Gibt es schon konkrete Strategien, die eine verpflichtende Umsetzung ermöglichen sollen?
e. Falls derzeit keine Verhandlungen zu einem verpflichtenden Kinderschutzkonzept für alle Bildungseinrichtungen laufen, warum nicht und für wann sind diese geplant?
12. Welche Maßnahmen wurden ergriffen, um die Zusammenarbeit zwischen Lehrkräften, Schulleiten:innen und Elternvertreter:innen zu verbessern, um Gewaltpräventionsmaßnahmen flächendeckend an allen Schulen zu koordinieren und umzusetzen?
13. Gibt es Projektpartner:innen im Bereich der Gewaltprävention, die vom BMBWF empfohlen werden, damit Schulleitungen wissen, wen säe kontaktieren können?
14. Gibt es von Seiten des BMBWF einen Leitfaden/Empfehlungen nach dem/denen Vereine ausgewählt werden müssen?
15. Inwiefern kontrolliert das BMBWF, welche Vereine für die Gewaltprävention ausgewählt werden?
16. Welche spezifischen Programme, Initiativen oder Expert:innen will das BMBWF einbinden, um Kinder und Jugendliche besser über ihre Rechte zu informieren und ihre Selbstwirksamkeit zu stärken, damit sie in der Lage sind, ihre körperlichen Grenzen zu benennen und sich vor Gewalt zu schützen?
17. Gibt es von Seiten des BMBWF budgetäre Unterstützung, wenn Schulen solche Präventionsprogramme in Anspruch nehmen wollen?
a. Falls ja: In welcher Höhe und nach welchen Kriterien?
b. Falls nein: Warum nicht?
18. Welche Vereine oder Projekte empfiehlt das BMBWF, wenn es um die Schulung von Lehrkräften im Bereich Gewaltprävention geht?
19.Gibt es Überlegungen verpflichtende Schulungen oder Sensibilisierungsprogramme für Lehrkräfte einzuführen?
20.Gibt es von Seiten des BMBWF einen Leitfaden/Empfehlungen, nach dem der Inhalt von Schulungen, Workshops, Sensibilisierungsprogramme ausgewählt werden kann?
[1] BMSGPK. 2018. Gewalt unter österreichischen Schülerinnen und Schülern HBSC-Factsheet. Ergebnisse der
HBSC-Studie.
[2] Bücker,
Kersting. 2020. Niemals Gewalt gegen Kinder: Diese Studie muss uns
aufrütteln.
https ://www.unicef.de/informieren/aktuelles/blog/-/niemals-gewalt-gegen-kinder-studie/274968
[3] Mein Körper gehört mir: Fakten : Österreichisches Zentrum für Kriminalprävention (aktiv4u.at)
[4] Bundeskanzleramt. 2023. Maßnahmenpaket zum Schutz von Kindern und Jugendlichen vor Gewalt mit dem
Fokus auf sexuelle Gewalt: Wirksame Prävention und effektive Strafverfolgung.45/9 MRV.
[5] https://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20230125_OTS0075/bm-polaschek-bundesregierung-fuehrt-
kampf-gegen-missbrauch-mit-kinderschutzoffensive-entschieden-fort
[6] https://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20230125_OTS0075/bm-polaschek-budesregierung-fuehrt-
kampf-gegen-missbrauch-mit-kinderschutzoffensive-entschieden-fort