15410/J XXVII. GP

Eingelangt am 21.06.2023
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ANFRAGE

 

des Abgeordneten Mag. Christian Ragger

an die Bundesministerin für Justiz

betreffend Angriff auf einen Kärntner Journalisten durch die Justiz

 

 

Es ist in der Kärntner Journalistenszene zu einem unglaublichen Skandal gekommen. Ein Journalist hat unter Ausübung der Meinungs- und Pressefreiheit zugesteckte Informationen verbreitet. Folgend wurde die Justiz tätig und beschlagnahmte seine Geräte. Es erfolgte somit ein Anschlag auf die vierte Säule der Demokratie. Die „Kleine Zeitung“ schilderte am 20.6.2023 die Vorfälle auf ihrem Online-Medium:[1]

 

Handy und PC beschlagnahmt: Kärntner Journalist muss Arbeit niederlegen

 

Staatsanwaltschaft Klagenfurt ermittelt gegen zwei Beamte und einen Journalisten, der sich mit den Mächtigen angelegt hat. Seine Arbeitsmittel wurden sichergestellt, er kann seiner journalistischen Tätigkeit nicht mehr nachgehen.

 

 Wie viel verdient Klagenfurts Magistratsdirektor Peter Jost? Wie viele Mehrstunden verrechnet Martin Strutz, Projektkoordinator der Stadt Klagenfurt? Diese für die Öffentlichkeit interessanten Fragen hat ein Kärntner Journalist, der ein Online-Medium betreibt und für ein Monatsmagazin arbeitet, in den letzten Jahren beantwortet. Heikle Informationen, geheime Dokumente wie Überstundengenehmigungen und Abrechnungen, wurden dem Redakteur "gesteckt". Und Jost musste in den Medien lesen, dass er im Vorjahr 270.000 Euro brutto kassiert habe, dass 800 Mehrstunden und 40.000 Euro 2022 abgegolten worden seien etc.

 

Weiters wurde publik, dass Strutz im Juli 2020 für seine Tätigkeiten 15.121,27 Euro verrechnete, 1833,50 Euro alleine an Überstunden geltend machte, Diäten bezog und einen Provisionsvertrag mit einer Wiener Baufirma hatte, der ihm 10.000 Euro pro vermitteltem Auftrag brachte. Die Veröffentlichung dieser Details hatte für Strutz eine schriftliche Verwarnung zur Folge.

 

Sachverhaltsmitteilung

Strutz hat schließlich eine Sachverhaltsmitteilung bei der Staatsanwaltschaft Klagenfurt einbringen lassen – über die Anwaltskanzlei Wagner & Wagner. "Der Journalist hat in diversen Medien Dinge der Öffentlichkeit präsentiert, die nicht öffentlich zugänglich waren und die er nur unter Verletzung des Amtsgeheimnisses erfahren haben kann. Daher haben wir – wie die Stadt Klagenfurt – eine Sachverhaltsmitteilung eingebracht", sagt Leopold Wagner Senior.

 

Die Staatsanwaltschaft hat nun Ermittlungen aufgenommen. "Gegen zwei Beschuldigte wegen Missbrauchs des Amtsgeheimnisses und gegen einen Journalisten wegen Tatbeitrags zur Weitergabe von Amtsgeheimnissen", sagt Staatsanwaltschaftssprecherin Tina Frimmel-Hesse.

 

"Angriff auf Pressefreiheit"

Der Journalist ist der Kleinen Zeitung namentlich bekannt. "Da die von mir geschriebenen Storys vollinhaltlich stimmen und man mich medienrechtlich nicht belangen kann, versucht es die Gegenseite nun mit dem Strafrecht. Gestern (am Montag, Anm.) kam es zu etwas, was ich in einer westlichen Demokratie nicht für möglich gehalten hätte: In meiner Funktion als Journalist wurden mir meine elektronischen Geräte abgenommen, um an Daten zu kommen, die ich veröffentlicht habe", so der Journalist. Die Staatsanwaltschaft hat sein MacBook und sein Telefon sichergestellt, er kann Facebook nicht mehr nutzen, seiner Arbeit nicht mehr nachgehen.

 

Sein Anwalt, Peter Kasper, sagt: "Meiner Meinung nach ist das ein Angriff auf die Pressefreiheit." Er habe Widerspruch gegen die Einsichtnahme der Arbeitsmittel eingelegt, damit könne die Behörde vorerst die Daten nicht einsehen. Und er werde Beschwerde gegen die Sicherstellung der Arbeitsmittel einreichen. Der Vorwurf des Tatbeitrags zur Weitergabe von Amtsgeheimnissen? "Die Suppe ist sehr, sehr dünn", so Kasper.

 

Berufsgeheimnisschutz

Wichtig bei der Abnahme von PC, Handy etc. sei, dass dadurch nicht der Berufsgeheimnisschutz umgangen werde, den etwa Journalisten oder Anwälte hätten, sagt der Vizepräsident der Kärntner Anwaltskammer, Bernhard Fink. Und er klärt auf: „Bei einer Sicherstellungsanordnung können nur Arbeitsmittel abgenommen werden, die der Beschuldigte bei sich trägt. Um etwa ein Handy beim Beschuldigten zu Hause zu konfiszieren, braucht es eine genehmigte Hausdurchsuchung.“

 


 

Weiters wurde auf den Fall am 21.6.2023 in der Print-Ausgabe eingegangen:

 

In diesem Zusammenhang richtet der unterfertigte Abgeordnete an die Bundesministerin für Justiz nachstehende

 

Anfrage

 

1.    Sehen Sie durch die Handlungsweise der Staatsanwaltschaft in Bezug auf die Beschlagnahme elektronischer Geräte eines Journalisten das Redaktionsgeheimnis als verletzt an?

a.    Wenn ja, warum?

b.    Wenn nein, warum nicht?

2.    Warum wird das Redaktionsgeheimnis in diesem Fall nicht geachtet?

3.    Sehen Sie durch die Handlungsweise der Staatsanwaltschaft in Bezug auf die Beschlagnahme elektronischer Geräte grundlegende Rechte wie Meinungs- und Pressefreiheit als verletzt an?

a.    Wenn ja, warum?

b.    Wenn nein, warum nicht?

4.    Warum wird (auch in Hinblick auf die Berufsausübung und Existenzsicherung des Journalisten) die Meinungs- und Pressefreiheit in diesem Fall eingeschränkt?

5.    Wer stellte den Antrag auf Beschlagnahme?

6.    Wer bzw. welcher Richter hat dieses unverhältnismäßige Eingreifen genehmigt?

7.    Welche Stellungnahme geben Sie zu diesen Vorgängen ab?

8.    Waren Oberstaatsanwaltschaft und Justizministerium von diesen Vorgängen, insbesondere vom beabsichtigten Bruch des Redaktionsgeheimnisses, im Vorhinein informiert?

9.    Gab es dazu in den betreffenden Institutionen interne Weisungen, Schriftsätze und Absprachen, die diesen Bruch des Redaktionsgeheimnisses und somit die Abnahme der Geräte zur Folge hatten?

a.    Wenn ja, welche?

10. Gibt es Verbindungen des betreffenden Magistratsdirektors zu dem involvierten Staatsanwalt bzw. Richter?

11. Können Sie solche Verbindungen  ausschließen?

12. Gibt es für die Strafbehörden eine Leitlinie, wann sie das Redaktionsgeheimnis brechen dürfen?

a.    Wenn ja, was beinhaltet diese Leitlinie?

b.    Wenn ja, wurde in dieser Causa dementsprechend gehandelt?

13. Können Sie ausschließen, dass die Staatsanwaltschaft durch eine solche Maßnahme signalisieren will, dass kritische Berichterstattung, auch wenn sie wahrheitsgemäß ist, sanktioniert wird?

14. Wie bewerten Sie diesen Fall vor dem Hintergrund, dass es von der Bundesregierung beabsichtigt ist, das Amtsgeheimnis im Herbst abzuschaffen?

15. Welche Schritte werden Sie setzen, die der vollen Aufklärung dieser Causa dienlich ist?

 



[1] https://www.kleinezeitung.at/kaernten/6300188/Angriff-auf-Pressefreiheit_Handy-und-PC-beschlagnahmt_Kaerntner