15443/J XXVII. GP
Eingelangt am 30.06.2023
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Anfrage
der Abgeordneten Christian Oxonitsch, Genossinnen und Genossen an den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung betreffend sonderpädagogischer Förderbedarf im Bundesländervergleich
Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf benötigen eine spezielle und individuelle Betreuung im schulischen Alltag, um ein erfülltes Leben zu führen und ihre individuellen Fähigkeiten und Talente vollständig entfalten zu können. Daher ist es von großer Bedeutung, dass die Pflichtschulen entsprechend der Anzahl der Kinder mit SPF-Bedarf ausreichend Ressourcen und finanzielle Mittel zur Verfügung haben, um dieser Förderung gerecht werden zu können. Aktuell erhalten lediglich 2,7 Prozent der Pflichtschüler, die aufgrund körperlicher oder psychischer Einschränkungen eine spezielle Unterstützung benötigen, zusätzliche Ressourcen durch den Bund. Tatsächlich benötigen laut Statistik Austria aber im bundesweiten Durchschnitt 5,1 Prozent der Kinder sonderpädagogischen Lehrbedarf. Da je nach Bundesland die Anerkennung des SPF und die Verteilung auf Sonderschulen und reguläre Klassen stark variiert, kommt es in der finanziellen Unterstützung durch den Bund zu einer gravierenden Ungleichverteilung[1].
Derzeit gibt es in Österreich deutliche Unterschiede in Bezug auf die Betreuungs- und Förderressourcen je nach Bundesland und Region, wie der Chancenindex der AK[2] zeigt. In den Regionen (trifft vor allem größere Städte), wo es mehr Förderbedarf gibt, gibt es aber nicht mehr Geld und Ressourcen, um dem erhöhten Bedarf gerecht zu werden. Damit gibt es keine Möglichkeiten für Schulen, ihr Angebot an die Voraussetzungen der Schüler*innen anzupassen. Die Lehrerdienstposten, die vom Bund bereitgestellt werden, sind mit einer 2,7 Prozent-Quote bundesweit einheitlich gedeckelt. Diese Regelung führt dazu, dass Kinder in Ballungsräumen nicht ausreichend gefördert werden. In Wien beispielsweise haben ca. 5,6 Prozent der Schüler*innen in Pflichtschulen einen sonderpädagogischen Förderbedarf[3].
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende
ANFRAGE
1. Gemäß einem Artikel im "Der Standard" vom 20.05.2023 gibt es eine Aufstellung zum tatsächlichen Bedarf an sonderpädagogischer Förderung (SPF). Haben sie Zugriff auf Daten diesbezüglich? Können sie den tatsächlichen SPF-Bedarf in Prozent pro Bundesland angeben?
2. Wie sollen die Bildungsdirektionen sicherstellen, dass den Kindern der notwendige Förderbedarf zur Verfügung gestellt wird, wenn er über die 2,7 Prozent Quote hinausgeht?
3. Setzt sich das BMBWF in den aktuellen Verhandlungen zum Finanzausgleich dafür ein den erwähnten 2,7 Prozent-Deckel aufzuheben?
4. Setzen Sie sich als Bildungsminister für die Aufhebung des SPF Deckel von 2,7% ein?
5. Wie hoch ist der tatsächliche finanzielle Bedarf, um allen Kindern mit SPF-Attest in allen Bundesländern die notwendigen Förderressourcen zur Verfügung zu stellen? Bitte um Darstellung je Bundesland.
6. Im Frühjahr 2023 sollten Ergebnisse einer Bedarfsstudie zum sonderpädagogischen Förderbedarf vorliegen[4].
a. Wer wurde mit der Studie beauftragt?
b. Wo sind die Ergebnisse einsehbar?
c. Wenn noch nicht fertiggestellt: wann werden die Ergebnisse vorliegen und veröffentlicht?
7. Wie viele zusätzliche Planstellen erwarten Sie durch die Aufhebung der 2,7 Prozent-Quote?
8. Gibt es bereits Berechnungen oder Schätzungen darüber, wie viele zusätzliche Stellen erforderlich wären, wenn der Rechtsanspruch auf das 11. und 12. Schuljahr für Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf durchgesetzt würde?
9. Angesichts des gesteigerten Bedarfs an Personal durch die dringend erforderliche Aufhebung des 2,7 Prozent-Deckels stellt sich die Frage, ob es bereits Pläne zur Ausbildung und Gewinnung von zusätzlichen Personals existieren?
[1] Lehrergewerkschaft fordert 3.000 zusätzliche Sonderpädagogen - Bildung - derStandard.at › Bildung
[2] Bildungsgerechtigkeit in Zahlen | Arbeiterkammer
[3] Institut für Ehe und Familie. 2023. Wien schafft zusätzliche Schulplätze für Kinder mit Behinderung (ief.at).
[4] https://www.derstandard.at/story/2000137696051/familienverbaende-fordern-rettungspaket-fuer-schulen