15552/J XXVII. GP

Eingelangt am 05.07.2023
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ANFRAGE

 

des Abgeordneten Peter Wurm

an den Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft

betreffend Lebensmittel-Vergleichsportale sind der Regierung weit voraus 

 

 

Am 23.06.2023 wurde auf „derstandard.at“ folgendes berichtet:[1]

 

Programmierer überholen Regierung mit Lebensmittel-Vergleichsportalen

Lebensmittelpreise bleiben hoch, aber die versprochene Preisdatenbank von Wirtschaftsminister Kocher lässt auf sich warten. Private Anbieter entdecken zudem auffällige Preisentwicklungen

 

Wenn der normale Lebensmitteleinkauf zum gefühlten Luxus-Shopping wird, hat man im Land ein Problem. Da sind sich grundsätzlich alle einig. Im Mai hat sich die Inflation bei neun Prozent eingebremst, die Preise bei Nahrungsmitteln lagen hingegen zwölf Prozent über jenen des Vorjahres. Nach einem eilig einberufenen Lebensmittelgipfel kündigte Wirtschaftsminister Martin Kocher (ÖVP) eine Preisdatenbank an, um Konsumenten beim Einkauf zu mehr Durchblick zu verhelfen. Das war Anfang Mai. Wegen der technischen Herausforderungen sei aber nicht vor Herbst damit zu rechnen.

 

So lange wollte der 21-jährige David Wurm nicht warten. Er hat mit preisrunter.at ein eigenes Vergleichsportal gebastelt. "Nach einer Woche ist die Seite live gegangen", erzählt Wurm im STANDARD-Gespräch. "Ich verstehe, dass die Regierung für so ein Tool höhere bürokratische und rechtliche Hürden zu erfüllen hat. Die angebliche technische Schwierigkeit kann ich nicht nachvollziehen", sagt der Oberösterreicher. Auf seiner Seite vergleicht er mehr als 150.000 Produkte von elf heimischen Anbietern sowie Rewe und DM Deutschland.

 

Damit ist Wurm nicht allein. Mit heisse-preise.io und preismonitor.at entstanden kürzlich weitere Vergleichsportale. Heiße-Preise-Entwickler Mario Zechner sorgte mit einem Tweet zur Preisentwicklung von Eiern der Eigenmarken Billa und Spar für Aufmerksamkeit. Demnach stiegen die Preise für Clever- bzw. S-Budget-Eier im mehr oder weniger selben Zeitraum gleich an.

 

Preisanstieg nach Aktion

Ein wiederkehrendes Muster erkennen Wurm und Zechner bei Preissteigerungen nach Rabattaktionen. "Kostet etwa ein Produkt 1,29 Euro und während einer Aktion 89 Cent, steigt es eine Woche nach Ende des Rabatts vermutlich in die Gegend von 1,49 Euro", sagt Wurm. Preise für Diskonteigenmarken der Supermärkte seien auch praktisch immer gleich hoch, meint Zechner gegenüber Ö1. Dass so etwas mit System passiere, bestreiten sowohl Spar als auch Rewe. Man orientiere sich am Markt, und die Preise für Diskontmarken seien ohnehin immer knapp kalkuliert.

 

Können solche Portale dazu beitragen, dass die Preise sinken? "In Österreich gibt es durch Prospekte gute Transparenz bei Konsumentenpreisen. Ebenso bei Agrargütern, Energiepreisen und Lohnkosten", sagt Wifo-Ökonom Franz Sinabell. Solche Plattformen seien aber nützlich. "Zu welchen Preisen der Lebensmittelhandel einkauft – darüber gibt es fast keine Daten. Es bleibt also das Rätsel der Preisspannen", meint der Experte. "Die große Lücke ist in der Wertschöpfungskette. Die kniffelige Frage, wo genau, werden wir damit nicht lösen." Da würde mehr Transparenz helfen, sagt Sinabell und verweist auf Frankreich. Dort würden Preise und Gewinnspannen engmaschig erhoben und die Ergebnisse zwischen Behörden, Agrar- und Lebensmittelhandel diskutiert. Den Nutzen für das von der Regierung geplante Preistool hält er für "überschaubar". Ob es preisdämpfend wirkt, ließe sich erst nach zwei Jahren empirisch überprüfen.

 

Beim bereits seit Jahren am Markt etablierten Portal Durchblicker steht man einem staatlichen Lebensmittelpreisvergleich, wie ihn die Bundesregierung plant, skeptisch gegenüber: "Es wäre die weit schnellere und effektivere Form, mehr Wettbewerb in den Lebensmittelhandel zu bringen, wenn man bestehende Online-Vergleichsmöglichkeiten fördert. Indem man sicherstellt, dass die Portale transparenten, digitalen Zugang zu den Supermarkt-Preisen erhalten, indem man die Portale gegebenenfalls staatlich zertifiziert, und indem die zertifizierten Portale den Konsumentinnen und Konsumenten dann durch ein Verzeichnis auch bekannter macht", sagt Martin Spona von Durchblicker. Durchblicker selbst habe momentan keine Pläne in den Lebensmittelvergleich einzusteigen. Man könne bei den Segmenten für Strom/Gas, Internet/Handy, Versicherungen und Finanzen bis zu 3.300 Euro einsparen.

 

BWB in Kontakt mit Portalbetreibern

Fürs Erste ist die Wettbewerbsbehörde (BWB) im Rahmen ihrer Branchenuntersuchung mit den neuen Portalbetreibern in Kontakt getreten – um ein besseres Verständnis für die Funktionsweise, die Erhebung der Daten und die faktischen und rechtlichen Rahmenbedingungen zu erlangen, so die BWB. "Wir haben einen Fragebogen bekommen zu rechtlichen und technischen Problemstellungen", erzählt Wurm, der auch mit den anderen Seitenbetreibern in Kontakt steht. Fragen zu etwaigen Preissystemen seien aber nicht enthalten.

 

Neben den Preisen spielte in jüngerer Vergangenheit auch die Frage nach der Versorgungssicherheit stets eine zentrale Rolle. Der Rechnungshof sieht Österreich in puncto Ernährungssicherheit nicht ausreichend auf etwaige Krisen vorbereitet, wie aus einem aktuellen Bericht hervorgeht. Zwar sei die Selbstversorgung bei wesentlichen landwirtschaftlichen Produkten grundsätzlich gut, Österreich sei aber nicht gut für überregionale und plötzlich auftretende Schadensereignisse gerüstet. "Eine Risikoanalyse und konkrete Notfallpläne für unterschiedliche Krisenszenarien fehlen", heißt es. Für Wifo-Forscher Sinabell kein Anlass zur Beunruhigung. Die Regierung sei mit Krisenstab, legistischen Vorkehrungen und einem Forschungsprojekt, mit dem das Wifo beauftragt sei, die Sache bereits ernsthaft angegangen.

 

 

 

In diesem Zusammenhang richtet der unterfertigte Abgeordnete an den Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft nachstehende

 

Anfrage

 

1.    Sind Sie als Wirtschaftsminister in die im Mai 2023 vom ÖVP-Arbeits- und Wirtschaftsminister angekündigte Projektierung und Umsetzung einer „Preisdatenbank“ eingebunden?

a.    Wenn ja, in welcher Art und Weise?

2.    In welchen Zeitreihen/Zeitabständen sollen in dieser „Preisdatenbank“ Waren und Dienstleistungen erfasst, verglichen und die Ergebnisse dann ausgewertet werden?

3.    Wo und in welcher Art und Weise sollen die Ergebnisse dieser „Preisdatenbank“ veröffentlicht werden?

4.    Welche Rolle ist bei dieser „Preisdatenbank“ aus Sicht des BMAW dem Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen zugeordnet?

5.    Soll und wird das Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen aus Sicht des BMAW auf Grundlage der Ergebnisse dieser „Preisdatenbank“ behördlich und informationspolitisch gegen „Preissünder“ im Handels- und Dienstleistungssektor vorgehen?

6.    Welche Rolle ist bei dieser „Preisdatenbank“ aus Sicht des BMAW der Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) zugeordnet?

7.    Soll und wird die Bundeswettbewerbsbehörde aus Sicht des BMAW auf Grundlage der Ergebnisse dieser „Preisdatenbank“ behördlich und informationspolitisch gegen „Preissünder“ im Handels- und Dienstleistungssektor vorgehen?

8.    Welche Rolle ist bei dieser „Preisdatenbank“ aus Sicht des BMAW dem Verein für Konsumenteninformation (VKI) zugeordnet?

9.    Soll und wird der Verein für Konsumenteninformation (VKI) aus Sicht des BMAW auf Grundlage der Ergebnisse dieser „Preisdatenbank“ behördlich und informationspolitisch gegen „Preissünder“ im Handels- und Dienstleistungssektor vorgehen?

10. Wie bewerten Sie als Wirtschaftsminister die bereits bisher bestehenden „Preisvergleichsplattformen“ und ihre Ergebnisse und Auswertungen als Unterstützung für die Konsumenten?

11. Greift insbesondere das BMAW preispolitisch auf diese „Preisvergleichsplattformen“ zurück und wenn ja, in welcher Art und Weise und mit welchen Ergebnissen?

 



[1] https://www.derstandard.at/story/3000000176002/l