15566/J XXVII. GP

Eingelangt am 05.07.2023
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ANFRAGE

 

der Abgeordneten Rosa Ecker

an den Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport

betreffend Wie kinderfeindlich ist das Museum moderner Kunst?

 

 

Wer in das Museum moderner Kunst (mumok) gehen möchte, sollte das besser nicht mit Kindern machen, wie eine Bürgerin in einer Zuschrift schildert. Ihr wurde es nämlich unter Berufung auf die Hausordnung am 2.7.2023 nicht gestattet, für ihr 8 Monate altes Baby ein Fläschchen mit Milch in die Ausstellung mitzunehmen. Sie könne ja jederzeit die Ausstellung zum Füttern des Kindes verlassen, hieß es von der Dame an der Einlasskontrolle unter Berufung auf die Hausordnung. Das Fläschchen sei in einem Spind bei der Garderobe zu verwahren. Tatsächlich heißt es unter Punkt 8 der Hausordnung:

 

8. Der Verzehr von Speisen und Getränken ist nur in den dafür bestimmten Bereichen (Gastronomiebereich in Ebene 0 und den vermietbaren Event-Bereichen) gestattet. Besonders wird darauf hingewiesen, dass die Ausstellungsräume nicht mit Speisen und Getränken betreten werden dürfen.[1]

 

Kleinkinder, aber auch deren Erziehungsberechtigte und sohin ganze Familien, werden durch die undifferenzierte Praxis im Museum moderner Kunst diskriminiert. Einem Erwachsenen mag es zumutbar sein, während eines stundenlangen Ausstellungsbesuches auf den Konsum von Speisen und Getränken zu verzichten. Denselben Maßstab an Babys und (Klein-)kinder anzulegen, bedeutet jedoch, Ungleiches gleich zu behandeln. Dass hungrige Babys und Kleinkinder zum Trinken eines Fläschchens die Ausstellung verlassen sollen, führt zu einer Kindern unzumutbaren Wartezeit bei Lift und Spind. Die exklusive Hausordnung wirkt diskriminierend.

 

Die Mitarbeiter im mumok dürften sich der Diskriminierung tatsächlich bewusst sein und berichten hinter vorgehaltener Hand von wiederkehrendem Unmut der Besucher in dem Zusammenhang. Viele der Einlasskontrolleure scheinen aber auch ein Herz für Kinder zu haben und die Kontrollen entgegen der Hausordnung mit Empathie und Augenmaß durchführen. Das führt dazu, dass das eine Kind in der Ausstellung im Kinderwagen sitzend unkompliziert gefüttert wird, das andere weinende Kind jedoch zuwarten muss, bis es ein Elternteil zum Spind außerhalb der Ausstellung gebracht hat.

 

Wäre ein Kind im Anschluss an das Füttern beim Spind außerhalb der Ausstellung zu wickeln, müsste man das Fläschchen in Schildbürgermanier neuerlich im Spind versperren und mit Wickelutensilien zurück in die Ausstellungsräumlichkeiten gehen, wo es Wickelplätze gibt. Eine barrierefreie Wickelmöglichkeit neben den Spinden, wo Kleinkinder gemäß der Hausordnung zu füttern sind, gibt es nämlich nicht.

 

„Kinderrechte dürfen keine Rechte zweiter Klasse sein“, hat der aktuelle Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport selbst gemeint.[2] Will man nicht, dass Kinder Museumsbesucher zweiter Klasse sind, wäre es vor diesem Hintergrund dringend geboten, eine tatsächlich diskriminierungsfreie Hausordnung umzusetzen, die im Einklang mit Art. 1 2. Satz Bundesverfassungsgesetz über die Rechte von Kindern steht:

 

Bei allen Kinder betreffenden Maßnahmen öffentlicher und privater Einrichtungen muss das Wohl des Kindes eine vorrangige Erwägung sein.[3]

 

Gegenwärtig wird das Wohl des Kindes im Museum moderner Kunst (mumok) nur vordergründig im Rahmen eines Sonderangebotes namens „momok Kinderclub“ berücksichtigt.[4] Dort dürfen Kinder während der Teilnahme im Übrigen kostenlos Wasser trinken.

 

Im Ausstellungsraum gleich neben dem Atelier, in dem Kinderworkshops ab 3 Jahren durchgeführt werden, und ohne optische Barriere für Vorbeigehende, wird das Orgien-Mysterien-Theater von Herman Nitsch in Bild und Video präsentiert:

 

Eine optische Barriere für Kinder, die am Weg zu einem Kinderworkshop an dem Ausstellungsraum vorbeigehen, oder entsprechende Hinweise für Eltern, die mit Kindern durch das Museum gehen, gibt es nicht. Inwiefern ein Video vom Ausweiden blutiger Tierkörper unverhohlen Kindern zugänglich gemacht werden muss, ist noch fraglicher als der künstlerische Wert der Darstellung an sich. Da Kleinkinder besagten Wert nicht zumessen können, wäre die erste Frage jedenfalls zu verneinen.

 

In diesem Zusammenhang richtet die unterfertigte Abgeordnete an den Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport folgende

 

Anfrage

 

1.    Ist Ihnen die diskriminierende und kinderfeindliche Hausordnung des mumok bekannt?

a.    Wenn ja, seit wann?

b.    Wenn nein, warum nicht?

2.    Sind Ihnen ähnlich diskriminierende und kinderfeindliche Hausordnungen oder Praxen bei anderen Bundesmuseen bekannt?

3.    Wurde vor dem Hintergrund des geschilderten Sachverhalts mit anderen Bundesmuseen Kontakt aufgenommen um analoge Diskriminierungen ausschließen bzw. abstellen zu können?

a.    Wenn ja, inwiefern?

b.    Wenn ja, wann?

c.    Wenn ja, durch wen?

d.    Wenn ja, was war jeweils der Gesprächsinhalt des Austausches?

e.    Wenn nein, warum nicht?

4.    Wurde anlässlich der Kontaktaufnahme oder einer Überprüfung festgestellt, dass auch in anderen Bundesmuseen gleich oder ähnlich diskriminiert wird?

a.    Wenn ja, welche Diskriminierungen gegen Kinder und Familien wurden festgestellt?

b.    Wenn ja, in welchem Bundesmuseum wurde jeweils eine solche festgestellt?

c.    Wenn nein, warum erachten Sie diese Thematik nicht für hinterfragenswert?

5.    Welche Schritte setzen Sie, damit die Bundesmuseen und insbesondere das mumok für Kinder und Familien diskriminierungsfrei besuchbar sind?

6.    Evaluieren Sie regelmäßig, inwiefern die Bundesmuseen für Kinder und Familien diskriminierungsfrei erlebbar sind?

a.    Wenn ja, inwiefern?

b.    Wenn ja, wann?

c.    Wenn ja, durch wen?

d.    Wenn nein, warum nicht?

7.    Gab es vor dem Hintergrund des geschilderten Sachverhalts Gespräche zwischen Ihrem Ressort und den Zuständigen des mumok?

a.    Wenn ja, jeweils wann?

b.    Wenn ja, mit wem?

c.    Wenn ja, mit welchem Inhalt?

d.    Wenn ja, inwiefern wurde die Herbeiführung eines diskriminierungsfreien Zustands eingemahnt?

e.    Wenn ja, inwiefern wurde auf das Bundesverfassungsgesetz über die Rechte von Kindern referenziert?

f.     Wenn nein, warum nicht?

8.    Gab es in diesem oder ähnlichen Zusammenhängen Gespräche zwischen Ihrem Ressort und den Zuständigen der anderen Bundesmuseen?

a.    Wenn ja, jeweils wann?

b.    Wenn ja, mit wem?

c.    Wenn ja, mit welchem Inhalt?

d.    Wenn ja, inwiefern wurde die Herbeiführung eines diskriminierungsfreien Zustands eingemahnt?

e.    Wenn ja, inwiefern wurde auf das Bundesverfassungsgesetz über die Rechte von Kindern referenziert?

f.     Wenn nein, warum nicht?

9.    Gab es vor dem Hintergrund des geschilderten Sachverhalts einen Lokalaugenschein im mumok oder anderen Bundesmuseen?

a.    Wenn ja, wann?

b.    Wenn ja, mit welchem Ergebnis?

c.    Wenn ja, durch wen wurde dieser vorgenommen?

d.    Wenn nein, warum nicht?

10. Wurde die Ausstellung von Herman Nitschs Orgien-Mysterien-Theater direkt neben dem Kinderatelier, die auch Kindern ins Auge fallen muss, gegenüber den Verantwortlichen des mumok thematisiert?

a.    Wenn ja, wie hat sich Ihr Ressort diesbezüglich geäußert?

b.    Wenn ja, wie rechtfertigt man seitens des mumok, dass direkt neben dem Kinderatelier für Kinder ab 3 Jahren und ohne optische Barrieren Videos vom Ausweiden von Tieren bzw. Fotographien von blutbeschmierten nackten Körpern präsentiert werden?

c.    Wenn nein, warum nicht bzw. halten Sie die Darstellungen für kleinkindgerecht?

11. Welche Schritte setzen Sie konkret, damit auch Babys und (Klein-)Kinder diskriminierungsfrei die Bundesmuseen, insbesondere das mumok, besuchen können?

12. Wie hoch ist der Finanzierungsbedarf des mumok für 2022 und die folgenden Jahre?

13. Welchen Eigendeckungsgrad (Eigenerlöse zu Gesamtaufwand) erreicht das mumok in diesen Jahren jeweils?

14. Welche Kosten werden durch das mumok in diesen Jahren ab 2022 jeweils budgetwirksam?



[1] https://www.mumok.at/de/hausordnung-0

[2] https://www.facebook.com/wernerkogler/posts/2798385093528049/

[3] https://www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassung.wxe?Abfrage=Bundesnormen&Gesetzesnummer=20007136

[4] https://www.mumok.at/de/kinderclub