15582/J XXVII. GP
Eingelangt am 05.07.2023
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ANFRAGE
des Abgeordneten Peter Wurm
an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz
betreffend Neuer Eigentümer übernimmt Haftung für Kika/Leiner-Gutscheine
Die Tageszeitung „Die Presse“ berichtet am 9. Juni über folgende Vorgangsweise im Zusammenhang mit der drohenden Insolvenz der Firma Kika/Leiner im Zusammenhang mit ausgegebenen Gutscheinen:[1]
Neuer Eigentümer übernimmt Haftung für Kika/Leiner-Gutscheine
Der neue Eigentümer Hermann Wieser will über seine Gesellschaften die Haftung für sämtliche Gutscheine übernehmen. Experten raten dennoch zur Vorsicht.
Trotz geplanter Insolvenz verspricht Kika/Leiner, dass alle Gutscheine ihre Gültigkeit behalten. Möglich werden soll das, weil der neue Eigentümer, Hermann Wieser, über seine Gesellschaften die Haftung dafür übernimmt, sagte ein Kika/Leiner-Sprecher am Freitag. Denn im Rahmen der Insolvenzmasse dürfen Gutscheine nicht besser gestellt werden als andere Forderungen, wie Anwalt Michael Poduschka erinnert.
Auch Anzahlungen für künftige Lieferungen gehören zu den Forderungen. Allerdings soll im Zuge des Fortführungsplans sichergestellt werden, dass alle offenen Aufträge erfüllt und die geleisteten Anzahlungen zur Gänze angerechnet werden, so der Sprecher. Damit würden Kunden auch nicht um ihre Anzahlungen umfallen.
„Wenn ich einen Gutschein hätte, würde ich sofort hinlaufen“
Poduschka rät trotz der Garantie zur Vorsicht. „Wenn ich einen Gutschein hätte, würde ich sofort hinlaufen und ihn einlösen“, empfiehlt er. Denn es gelte „die Binsenweisheit, dass eine Garantie nur so stark ist wie der Garantiegeber“. Der Anwalt vermutet, dass die Ansage des neuen Kika/Leiner-Eigentümers vor allem dazu gedacht ist, die Stürmung der Geschäfte zu verhindern.
Ähnlich vorsichtig äußert sich Anja Mayer von der Konsumentenschutzabteilung der Arbeiterkammer (AK). Im Falle einer Insolvenz dürfe das Unternehmen keine Gutscheine mehr annehmen und es bleibe den Konsumentinnen und Konsumenten nur die Möglichkeit, sich als Gläubiger am Verfahren zu beteiligen. Dabei falle aber eine Anmeldegebühr von 25 Euro an, so Mayer. Die AK rät Kunden von Kika/Leiner auch dazu, keine Anzahlungen mehr zu leisten. Eine genaue Beurteilung sei aber erst möglich, wenn die Details des Insolvenzantrags auf dem Tisch lägen.
Das bereits angekündigte Maßnahmenpaket zur Rettung des Unternehmens werde „unverändert umgesetzt“, hieß es vom Unternehmen. Es werde wohl ein Insolvenzverfahren ohne Eigenverwaltung.
Gläubigerschutz hält Versprechen für realistisch
Gerhard Weinhofer, Geschäftsführer des Gläubigerschutzverbandes Creditreform, hält eine Umsetzung des Versprechens, dass die Gutscheine weiter ihre Gültigkeit behalten, durchaus für realistisch. So zeige sich in der Praxis, dass Masseverwalter im Rahmen von Sanierungsverfahren üblicherweise eng mit der Geschäftsführung zusammenarbeiten - und zwar unabhängig davon, ob eine Eigenverwaltung vorliegt oder nicht. Inwieweit eine Umsetzung aber tatsächlich gelingen kann, werde sich erst im Zuge des Verfahrens weisen, erklärte Weinhofer.
Auch für den WU-Rechtsexperten Martin Spitzer ist das Versprechen, dass Gutscheine oder Anzahlungen über Dritte garantiert werden „wirtschaftlich plausibel“, da das Unternehmen mit Blick auf die Weiterführung ein Interesse daran habe, seine Kunden zu behalten. Wie Poduschka gibt Spitzer aber zu bedanken, dass die Garantie von der haftenden Gesellschaft abhängt. Am Ende schenke man immer irgendwem sein Vertrauen, so der WU-Experte. Ohne die Garantie eines Dritten sei die Bevorzugung von Kunden gegenüber anderen Gläubigern in einem Sanierungsverfahren jedenfalls nicht möglich.
Kika/Leiner wurde durch Benkos Zuschüsse am Laufen gehalten
Immer klarer wird inzwischen, dass Kika/Leiner seit 2017, jedenfalls aber seit der Übernahme durch Rene Benko im Jahr 2018, durchgehend Verluste schreibt und von Jahr zu Jahr weniger Umsatz erwirtschaftet. Das Unternehmen wurde nach Einschätzung verschiedener Experten durch Zuschüsse des Eigentümers am Laufen gehalten. Das wäre aber auch zulässig und würde keine Insolvenzverschleppung bedeuten, sagten Spitzer und Weinhofer.
Der Bilanzverlust hatte sich bis 2021 auf knapp 84 Mio. Euro summiert, Zahlen für 2022 liegen noch nicht vor. Der „Standard“ schreibt sogar von 300 Mio. Euro an Verbindlichkeiten.
Der Wert von Kika/Leiner lag jedenfalls schon lange nur mehr in seinen Immobilien. Benko erwarb das operative Geschäft um einen symbolischen Euro und verkaufte es an Herbert Wieser um ebenfalls einen symbolischen Euro. Weniger klar ist die Wertentwicklung der Immobilien, da dazu die Details nie veröffentlicht wurden und Benko einen Teil der Immobilien zwischenzeitlich verkauft hat.
In diesem Zusammenhang richtet der unterfertigte Abgeordnete an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz nachstehende
Anfrage
1. Wie lautet die genaue Information, die das BMSGPK bzw. die Sie als Konsumentenschutzminister über die Abwicklung der Kika/Leiner-Gutscheine im Rahmen des aktuellen Insolvenzverfahrens haben?
2. Welche Maßnahmen werden Sie als Konsumentenschutzminister einleiten, damit den Gutscheinbesitzern der Firmengruppe Kika/Leiner kein Schaden aus der Insolvenz erwächst?
3. Werden Sie in diesem Zusammenhang insbesondere den Verein für Konsumenteninformation (VKI) beauftragen, die Interessen der Gutscheinbesitzer der Firmengruppe Kika/Leiner zu vertreten bzw. haben Sie das als Konsumentenschutzminister bereits veranlasst?
[1] https://www.diepresse.com/13427842/neuer-eigentuemer-uebernimmt-haftung-fuer-kikaleiner-gutscheine