15593/J XXVII. GP

Eingelangt am 05.07.2023
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ANFRAGE

 

des Abgeordneten Mag. Christian Ragger

an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz

betreffend Ausgrenzung beginnt oft bereits im Kindergarten

 

 

Am 3. Juni 2023 veröffentlichte die Behindertenanwaltschaft folgende Presseaussendung:[1]

 

Ausgrenzung beginnt oft bereits im Kindergarten

 

Es ist fachlich unumstritten, dass in der Kindheit, insbesondere in den ersten Lebensjahren, die Basis für das gesamte Leben eines Menschen gelegt wird. Im Kindergarten wird die Entwicklung einer Vielzahl von Fähigkeiten gefördert. Daneben sind sie ein wichtiges soziales Lernfeld. Außerdem sind viele Eltern auf die Betreuung ihrer Kinder in Kindergärten angewiesen, um einer Erwerbsarbeit nachgehen zu können.

 

In jüngster Vergangenheit erreichen die Behindertenanwaltschaft immer wieder Beschwerden von Eltern von Kindern mit Behinderungen, die die Vergabe von Kindergartenplätzen betreffen. Aufgrund eines Mangels an inklusiven Betreuungsmöglichkeiten werden diesen, trotz begrenzter Karenzzeit, häufig lange Wartezeiten auf einen geeigneten Platz in Aussicht gestellt. Als Grund dafür werden begrenzte Ressourcen angegeben. „Das ist ein klarer Verstoß gegen das Gebot der angemessenen Vorkehrungen aus der UN-Behindertenrechtskonvention“ stellt Behindertenanwältin Steger klar.

 

Der mangelnde Zugang von Kindern mit Behinderungen zu inklusiven Kindergartenplätzen kann nicht nur zur Folge haben, dass die Entwicklung der Kinder nicht optimal gefördert wird. Die fehlende Förderung und Unterstützung kann sich auf das gesamte Familiensystem auswirken.

 

Wenn Eltern nicht auf Kindergärten oder andere Betreuungsangebote zurückgreifen können, bedeutet das meist eine Einschränkung ihrer Erwerbsmöglichkeiten und in der Folge finanzielle Einbußen. Aufgrund ihres Bestrebens, neben der Kinderbetreuung ein existenzsicherndes Familieneinkommen zu erlangen, sind diese Eltern oft hohen Belastungen ausgesetzt. So kann die mangelnde Unterstützung einer Familie durch den erschwerten Zugang zu Kinderbetreuung im schlimmsten Fall zu deren sozioökonomischem Abstieg führen.

 

Die strukturelle Benachteiligung von Kindern mit Behinderungen beim Zugang zu Kindergärten steht im Konflikt mit der von Österreich ratifizierten UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen, in der sich die Vertragsstaaten zur Gewährleistung eines integrativen Bildungssystems auf allen Ebenen verpflichten. Sie könnte außerdem gegen das Diskriminierungsverbot des Bundes-Behindertengleichstellungsgesetzes verstoßen, dass den Diskriminierungsschutz für Menschen mit Behinderungen beim Zugang zu öffentlich angebotenen Gütern und Dienstleistungen regelt.

 

Behindertenanwältin Christine Steger fordert einen gleichberechtigten Zugang zu Betreuung in Kindergärten für alle Kinder:

 

„Ich fordere alle relevanten politischen Entscheidungsträger:innen nachdrücklich dazu auf, alle gebotenen Anstrengungen zu unternehmen, um diesen Missstand abzustellen. Wichtig ist dabei auch, dass es zu keinerlei Ausgrenzung von Kindern mit Behinderungen - dazu würde auch deren Aussonderung in Sonderkindergärten gehören - kommen darf. Ein höherer Unterstützungsbedarf darf kein Hindernis beim Zugang zu den ohnehin knappen Kindergartenplätzen sein“, so Steger.

 

 

In diesem Zusammenhang richtet der unterfertigte Abgeordnete an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz nachstehende

 

Anfrage

 

1.    Welche Daten liegen Ihnen im Zusammenhang mit dem Bedarf und der Vergabe von Kindergartenplätzen für Kinder mit Behinderungen in den Bundesländern vor?

2.    Gibt es genügend Plätze für diese Kinder?

a.    Wenn nein, an welchen Standorten bzw. Gemeinden gibt es zu wenig Plätze?

                                          i.    Warum ist das in den einzelnen Fällen so?

3.    Können Sie die Aussage bestätigen, wonach es einen Mangel an inklusiven Betreuungsmöglichkeiten gibt?

a.    Wenn ja, wie äußert sich das konkret, warum ist das so und welche Schritte werden dagegen unternommen?

b.    Wenn nein, wie erklären Sie sich diese Behauptung?

4.    Mit welchen Wartezeiten auf einen geeigneten Platz ist in den einzelnen österreichischen Gemeinden zu rechnen?

5.    Welche Daten liegen Ihnen hinsichtlich begrenzter Ressourcen für das Betreuungsangebot für die einzelnen Bundesländer vor?

6.    Verstößt Österreich gegen das Gebot der UN-Behindertenrechtskonvention bezüglich der angemessenen Vorkehrungen für inklusive Betreuungsleistungen für Kinder mit Behinderungen?

a.    Wenn ja, wie äußert sich das konkret, warum ist das so und welche Schritte werden dagegen unternommen?

b.    Wenn nein, wie erklären Sie sich diese Behauptung?

7.    Wie soll die Entwicklung der Kinder optimal gefördert werden, wenn das Betreuungsangebot und die Ressourcen unzureichend sind?

8.    Wird folglich die Entwicklung der Kinder in Österreich optimal gefördert?

9.    Inwiefern erfahren Eltern von Kindern mit Behinderungen Einschränkung in ihren Erwerbsmöglichkeiten und in der Folge finanzielle Einbußen, weil das Betreuungsangebot in Kindergärten nicht ausreicht?

10. Welche Daten liegen dazu, aufgeschlüsselt nach Bundesländern und Gemeinden, vor?

11. Was unternimmt Ihr Ministerium, um diesen Missstand abzustellen?

12. Stimmen Sie der Behauptung zu, wonach die strukturelle Benachteiligung von Kindern mit Behinderungen beim Zugang zu Kindergärten im Konflikt mit der von Österreich ratifizierten UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen steht?

a.    Wenn ja, wie äußert sich das konkret, warum ist das so und welche Schritte werden dagegen unternommen?

b.    Wenn nein, wie erklären Sie sich diese Behauptung?

13. Wie kommt Ihr Ministerium bzw. die Bundesregierung in diesem Sinne der Verpflichtung zur Gewährleistung eines integrativen Bildungssystems auf allen Ebenen nach?

14. Wird dieser Verpflichtung genügend nachgekommen?

a.    Wenn ja, inwiefern?

b.    Wenn nein, warum nicht?

15. Sehen Sie in Österreich einen benachteiligten (bzw. unzureichenden) Zugang für Kinder mit Behinderungen in Betreuungseinrichtungen wie inklusiven Kindergärten)?

16. Liegt hier aufgrund des benachteiligten (bzw. unzureichenden) Zugangs Diskriminierung vor?

a.    Wenn ja, inwiefern?

b.    Wenn nein, warum nicht?

17. Verstößt dieser benachteiligte (bzw. unzureichende) Zugang gegen das Diskriminierungsverbot des Bundes-Behindertengleichstellungsgesetzes?

a.    Wenn ja, inwiefern?

b.    Wenn ja, war unternehmen Sie, um diese Diskriminierung abzustellen?

c.    Wenn nein, warum nicht?



[1] https://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20230603_OTS0007/ausgrenzung-beginnt-oft-bereits-im-kindergarten