15642/J XXVII. GP

Eingelangt am 05.07.2023
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten Hermann Gahr,

Kolleginnen und Kollegen,
an die Bundesministerin für Justiz

betreffend medial berichteter Missstände in Justizanstalten

In den letzten Monaten wurde medial über aufklärungsbedürftige Zustände in den Justizanstalten Wiener Neustadt und Innsbruck berichtet.

So berichtete die Tageszeitung Kurier[1] am 10.06.2023 im Artikel „Häfn-Liasion: Mit Nacktfotos erpresst“ von der Sicherstellung verbotener Handys bei Inhaftierten der Justizanstalt Wiener Neustadt. In diesem Zusammenhang wird von Erpressung mit behaupteter intimer Fotos einer Justizbeamtin sowie von Misshandlungsvorwürfen durch einen suspendierten Justizbeamten berichtet.

Wie in einem Artikel über grobe Missstände in der Justizanstalt Innsbruck in der Kronen Zeitung[2] unter dem Titel „Prozess um Intrigenstadl: Beamter klagt Republik“ zu lesen ist, wird derzeit ein Verfahren bezüglich Mobbing in der Justizanstalt Innsbruck geführt. Weitere Medienberichte zeichnen ein besorgniserregendes Bild über die Zustände in der Anstalt: So berichtete die Kronen Zeitung unlängst über Ermittlungen bezüglich einer versuchten Brandstiftung in einem Einsatzmittelraum[3].

In diesem Zusammenhang richten die unterfertigten Abgeordneten an die Bundesministerin für Justiz folgende

Anfrage

1.    Wie ist allgemein die Vorgehensweise bei öffentlich behaupteten Missständen in Justizanstalten?

2.    Gibt es dazu einen internen festgelegten Prozess zur Abarbeitung (bspw. Handlungsanleitung, Vorgaben, internen Erlass, etc.)?

Wenn ja,

a.    wie lauten die wesentlichsten Punkte des Inhalts?

b.    wurden die öffentlich behaupteten Missstände in den Justizanstalten Wiener Neustadt und Innsbruck gemäß den internen Vorgaben abgearbeitet?

Wenn nein, in welchen Fällen warum nicht?

 

I.             Justizanstalt Wiener Neustadt

3.    Laut einem Artikel der Tageszeitung Kurier[4] unter dem Titel „Häfn-Liasion: Mit Nacktfotos erpresst“, hätte ein Inhaftierter der Justizanstalt Wiener Neustadt behauptet, ein Verhältnis mit einer Justizwachebeamtin zu haben. Auch ein Erpressungsversuch mit vermeintlich intimen Bilder der Beamtin wird in dem Artikel angeführt:

a.    Ist ein Verhältnis zwischen Inhaftierten und Mitarbeitern der Justizanstalt grundsätzlich zulässig?

b.    Ist in der Justizanstalt Wiener Neustadt ein Verhältnis zwischen einem Inhaftierten und einer Justizwachebeamtin bekannt?

Welche Konsequenzen ergeben sich daraus?

c.    Wann hat der Inhaftierte wem gegenüber ein Verhältnis mit einer Justizbeamtin behauptet?

d.    Wer wurde über das behauptete Verhältnis informiert?

e.    Ist der erwähnte Erpressungsversuch mit vermeintlich intimen Bildern in der Justizanstalt Wiener Neustadt bekannt?

Welche Konsequenzen ergeben sich daraus?

f.     Wurden von den Vorgesetzten der Justizbeamtin unmittelbare Maßnahmen gegenüber den betroffenen Personen gesetzt?

Wenn ja, welche?

4.    Im Kurier-Artikel wird des Weiteren darüber berichtet, dass im Zuge eines Kontrollganges illegale Mobiltelefone und andere verbotene Gegenstände, ua eine Fritteuse, den Inhaftierten in der Justizanstalt Wiener Neustadt abgenommen wurden:

a.    Wie gelangten die im Artikel angeführten verbotenen Gegenstände in den Besitz der Inhaftierten?

b.    Welche Schutzvorkehrungen bestehen in der Justizanstalt Wiener Neustadt um zu verhindern, dass Inhaftierte in Besitz verbotener Gegenstände gelangen?

c.    Können Sie ausschließen, dass sich weitere verbotene Gegenstände in Besitz von Inhaftierten in der Justizanstalt Wiener Neustadt befinden?

 

5.    Nach der Abnahme verbotener Gegenstände erhob, laut dem Kurier-Artikel, ein Inhaftierter der Justizanstalt Wiener Neustadt den Vorwurf, von einem Justizbeamten im Zuge der Amtshandlung misshandelt worden zu sein. Der Beamte sei daraufhin suspendiert worden. Nach einem halben Jahr sei ein Befund des Anstaltspsychiaters bekannt geworden, der festhält, dass nach der behaupteten Misshandlung keine Verletzungen festgestellt werden konnten:

a.    Ist der Vorwurf der Misshandlung vor der medialen Berichterstattung in der Justizanstalt Wiener Neustadt bekannt gewesen?

Wenn ja, welche Maßnahmen wurden gesetzt?

Insbesondere: Wurde der Inhaftierte einem Arzt vorgeführt?

Wenn ja, welche Feststellung hat der Arzt getroffen?

Wenn nein, warum nicht?

b.    Wann war der Zeitpunkt der angeblichen Misshandlung?

c.    Wann und wem gegenüber hat der Inhaftierte die angebliche Misshandlung erstmalig behauptet?

d.    Wer wurde daraufhin wann über diese Angabe informiert?

e.    Wann, durch wen und mit welcher Begründung wurde der Justizbeamte wegen der angeblichen Misshandlung suspendiert?

f.     Hatte der Befund des Anstaltspsychiaters der erst Monate später aufgefunden wurde Auswirkung auf das Disziplinarverfahren des suspendierten Justizwachebeamten bzw. auf dessen Suspendierung?

g.    Warum wurde das Gutachten des Anstaltspsychiater erst 6 Monate nach der datierten Ausstellung aufgefunden?

6.    Ergaben sich aufgrund der in dem Artikel angeführten behaupteten Missständen in der Justizanstalt Wiener Neustadt (Verhältnis, Erpressung, verbotene Gegenstände, Misshandlung, ärztliche Begutachtung, verspätet aufgefundener Befund) dienst- bzw. disziplinarrechtliche Konsequenzen sowie organisatorische Maßnahmen?

a.    Wenn ja (bitte um detaillierte Anführung), in welchen Fällen, gegenüber welchen Personen und zu welchem Zeitpunkt?

II.            Justizanstalt Innsbruck

7.    Betreffend der Justizanstalt Innsbruck berichtete die Kronen Zeitung[5], dass mehrere Personalvertreter jahrelang intern und öffentlich zu Missständen in der Justizanstalt Innsbruck Alarm schlugen. Ein führender Personalvertreter habe nun wegen Mobbing eine Amtshaftungsklage gegen die Republik Österreich eingereicht.

Sind Sie davon in Kenntnis?

a.    Wenn ja, seit wann und wodurch sind Sie davon in Kenntnis?

 

8.    Im Artikel der Kronen Zeitung[6] werden weitere (ehemalige) Mitarbeiter der Justizanstalt Innsbruck zitiert, die sich als Mobbingopfer sehen.

Sind Ihnen diese und allfällig weitere Vorwürfe von Mobbing bzw. Bossing durch den Anstaltsleiter in der Justizanstalt Innsbruck bekannt?

Wenn ja,

a.    wie viele Fälle sind Ihnen bekannt?

b.    In welchem Zeitraum sind die jeweiligen Meldungen eingegangen?

9.    Wurden im Zusammenhang mit den behaupteten Missstände bzw. des behaupteten Mobbings in der Justizanstalt Innsbruck dienst- bzw. disziplinarrechtliche Verfahren, organisatorische Maßnahmen sowie strafrechtliche Ermittlungsverfahren geprüft bzw. eingeleitet?

Wenn ja (bitte um detaillierte einzelne Beantwortung),

a.    in welchen Fällen, gegen wen, wann und aus welchem Grund?

b.    wie ist der jeweilige Status des Verfahrens?

c.    wurden Weisungen in diesen Verfahren erteilt?

Wenn ja, in welchen, durch wen und mit welcher Begründung?

10. Die Volksanwaltschaft hat in ihrem Tätigkeitsbericht für das Jahr 2022 einen Platz- und Personalmangel in der Justizanstalt Innsbruck aufgezeigt[7]:

a.    Seit wann ist Ihnen der Platz- und Personalmangel in der Justizanstalt Innsbruck bekannt?

b.    Was ist die Ursache für den von der Volksanwaltschaft aufgezeigten Platz- und Personalmangel in der Justizanstalt Innsbruck?

c.    Welche Maßnahmen setzen Sie um den Platz- und Personalmangel in der Justizanstalt Innsbruck wirkungsvoll zu begegnen?

11. Wie stellen sich nachfolgende Kennzahlen der Justizanstalt Innsbruck im Vergleich zu den anderen Justizanstalten in den Jahren 2020 bis 2022 jeweils dar:

a.    Anzahl der Krankenstände

b.    Fluktuation

c.    Anzahl der Anträge auf Versetzung

d.    Anzahl unbesetzter Stellen

e.    Anzahl der Beschwerden durch Mitarbeiter

12. Wurde in den Jahren 2020 bis 2022 in Bezug auf die Justizanstalt Innsbruck eine erhöhte Anzahl an Krankenstände, erhöhte Fluktuation, erhöhte Anzahl an Anträgen auf Versetzung, erhöhte Anzahl unbesetzter Stellen oder eine erhöhte Arbeitsunzufriedenheit festgestellt?

Wenn ja,

a.    wann wurde die jeweilige Entwicklung festgestellt?

b.    worauf wird die jeweilige Entwicklung zurückgeführt?

c.    welche Maßnahmen wurden jeweils konkret gesetzt um dem entgegenzuwirken?

13. Wie viele Bedienstete der Justizanstalt Innsbruck haben seit dem 01.01.2020 ihren Austritt aus dem Bundesdienst erklärt bzw. einen Ressortwechsel angestrebt?

14. Wurden Mitarbeiter der Justizanstalt Innsbruck in den letzten drei Jahren von ihrem Arbeitsplatz abberufen?

a. Wenn ja, wie viele und mit welcher Begründung?

15. Welche Maßnahmen haben Sie ergriffen bzw. beabsichtigen Sie zu ergreifen um die öffentlich bekanntgemachten Konflikte in der Justizanstalt Innsbruck zu lösen?



[1] (vgl. https://kurier.at/chronik/niederoesterreich/haefn-liasion-in-der-ja-wiener-neustadt-mit-nacktfotos-erpresst/402480659)

[2] (vgl. https://www.krone.at/2968812)

[3] (vgl. https://www.krone.at/2970205)

[4] (vgl. https://kurier.at/chronik/niederoesterreich/haefn-liasion-in-der-ja-wiener-neustadt-mit-nacktfotos-erpresst/402480659}

[5] (vgl. https:/www.krone.at/2968812)

[6] (vgl. https://www.krone.at/2968812)

[7] (vgl. https://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20230614_OTS0240/nationalrat-diskutiert-taetigkeitsbericht-der- volksanwaltschaft-fuer-2022)