15707/J XXVII. GP
Eingelangt am 06.07.2023
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ANFRAGE
des Abgeordneten Hermann Brückl, MA
an den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung
betreffend Schulleitungen ignorieren Deutschförderklassen
Die APA meldete am 26.Juni, dass viele Schulleitungen die Einrichtung verpflichtender Deutschklassen an ihren Schulen ignorierten:[1]
Deutschklassen – Drittel der Direktoren hält sich nicht an Vorgaben
Ein Drittel der Schulleiterinnen und Schulleiter hält sich nicht oder eher nicht an die ministeriellen Vorgaben zur Umsetzung der Deutschförderung. Zu diesem Ergebnis kommt eine Befragung von Direktoren und Lehrkräften zu Deutschförderklassen unter der Leitung von Susanne Schwab vom Zentrum für LehrerInnenbildung der Universität Wien. Jeweils mehr als die Hälfte der Schulleiter gab an, nicht ausreichend Raum bzw. Lehrpersonal für die Umsetzung der Deutschklassen zu haben.
Die Einrichtung von Deutschklassen trifft auf vielerlei Hindernisse […]
Bei
den 2018/19 unter Schwarz-Blau eingeführten Deutschförderklassen
werden Schülerinnen und Schüler, die die Unterrichtssprache nicht gut
genug beherrschen und deshalb als außerordentliche Schüler
eingestuft werden, maximal zwei Jahre lang bis zu 20 Stunden pro Woche in
eigenen Klassen in Deutsch gefördert. Nur Fächer wie Werken, Musik
oder Turnen verbringen sie mit ihrer Stammklasse. Separate Klassen werden aber
erst ab acht Schülern pro Standort eingerichtet, außerdem sind die
Deutschförderklassen nur für Kinder der ersten Schulstufe bzw. gerade
in Österreich angekommene Quereinsteiger vorgesehen. Idee der separaten Förderklassen
ist eine umfassende Deutschförderung, damit die Schüler schnell in
den Regelunterricht wechseln können. […]
Dabei
zeigte sich auch in anderen Punkten, dass die Direktoren die Vorgaben nicht
immer anwenden: Mehr als ein Fünftel gab an, Schüler mit sogenanntem
'außerordentlichen Status' gleich in einer Vorschulklasse einzuschreiben.
Dafür sind sie aber eigentlich nicht unbedingt da. Außerordentliche
Schüler sind solche, die dem Unterricht noch nicht folgen können -
vor allem weil sie noch nicht gut genug Deutsch sprechen. Sie sollten
eigentlich in eine Deutschklasse. Vorschulklassen sind dagegen für Kinder
gedacht, die noch nicht schulreif sind.
Deutschklassen
überwiegend abgelehnt
Auch anderweitig wird getrickst: Ebenfalls ein Fünftel der
Schulleiterinnen und Schulleiter meinte, dass manche Kinder trotz ausreichender
Deutschkenntnisse bewusst nicht den Status eines ordentlichen Schülers
bekommen, um die für sie notwendigen Sprachförderressourcen zu
erhalten.
Das Modell der Deutschklassen wird von den befragten Lehrkräften
überwiegend abgelehnt: Sie bevorzugen mehrheitlich unterschiedlich
ausgeformte inklusive Modelle, also gemeinsamen Unterricht für alle
Schülerinnen und Schüler. Nur 37,5 Prozent sprachen sich für
eine Variante aus, bei dem Kinder in einem Großteil der Unterrichtsstunden
außerhalb der Klasse in einer Kleingruppe gefördert werden. Mehr als
die Hälfte der in Deutschförderklassen oder in
Deutschförderkursen tätigen Lehrkräfte zweifelt ganz
beziehungsweise eher an der ethischen Unbedenklichkeit von Deutschklassen.
[...]
Angesichts der Tatsache, dass ein Blick auf die Internetseite der Statistik Austria einerseits (etwas angegraute) Daten aus dem Jahr 2011/12 zutage liefert, wonach der Anteil der 16- bis 65-Jährigen mit niedriger Lesekompetenz 17,1 % beträgt (wozu nicht nur Personen mit nicht deutscher Muttersprache zählen), andererseits die Unterrichtssprache Deutsch aber unbestritten erforderlich ist, um Schüler nach dem Lehrplan der betreffenden Schulart und Schulstufe gemeinsam im Klassenverband unterrichten zu können, eine durchaus bemerkenswerte Fehlleistung; von den Pflichten von Beamten im Zusammenhang mit der Befolgung von Gesetzen, Verordnungen, Dienstanweisungen etc. ganz zu schweigen.
Offenbar sehen diese Schulleiter es gar nicht als eine ihrer Aufgaben an, alphabetisierte, vollständig integrierbare Teilhaber am österreichischen Gesellschaftsleben heranzubilden.
Der unterfertigte Abgeordnete stellt daher an den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung folgende
Anfrage
1. Seit wann ist Ihnen diese og Arbeitsverweigerung bekannt?
2. Von welchen Schulen ist Ihnen die og Problematik bekannt?
3. Welche Maßnahmen wurden seit Bekanntwerden dieser Verweigerungshaltung seitens des BMBWF gesetzt?
4. Mit welcher Begründung weigern sich die Schulleitungen jeweils (die) Deutschförderklasse(n) einzurichten?
5. Hat aus dem Kreis dieser Schulleitungen jemand mehr Ressourcen beantragt?
a. Falls ja, was konkret?
b. Falls ja, wie wurde der Antrag behandelt?
6. Ist es in Ihrem Ressort Usus, dass sich Bedienstete einfach über geltende Gesetze hinwegsetzen?
a. Falls nein, welche Maßnahmen wurden gegen die sich über geltende Gesetze hinwegsetzenden Schulleitungen eingeleitet?
i. Falls keine, warum nicht?
ii. Falls keine, bis wann ist damit zu rechnen?