15767/J XXVII. GP
Eingelangt am 07.07.2023
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Anfrage
der Abgeordneten Dr. Harald Troch, Genossinnen und Genossen
an den Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft
betreffend die ILO Konvention C190
(„Kampf gegen Belästigung und Gewalt am Arbeitsplatz“)
Die Internationale Arbeitsorganisation der UNO (ILO) hat im Juni 2019 ihr Übereinkommen 190 gegen Gewalt und Belästigungen in der Arbeitswelt verabschiedet. Mit der Verabschiedung dieses wichtigen Übereinkommens zeigte die ILO zum hundertjährigen Bestehen, dass sie handlungsfähig ist, sowie schnell und effektiv auf wichtige globale Herausforderungen reagieren kann.
Das Übereinkommen schützt Arbeitnehmer*innen und andere Personen in der Arbeitswelt und an ihrem Arbeitsplatz. ILO-Generaldirektor Guy Ryder begrüßte im Juni 2019 die Verabschiedung der Konvention mit den Worten. „Der neue Standard erkennt das Recht aller auf eine Arbeitswelt frei von Gewalt und Belästigung an. Der nächste Schritt ist die Umsetzung dieses Schutzes in die Praxis, so dass eine bessere, sicherere menschenwürdige Arbeitsumwelt für Frauen und Männer entsteht.“
Vier Jahre nach der Beschlussfassung durch die UNO ist die Ratifizierung des Abkommen leider in einem Großteil der Staaten noch immer nicht vollzogen worden. Da Gewalt am Arbeitsplatz ein ständiges Thema ist, wäre eine rasche Ratifizierung der ILO-Konvention und das Einleiten von zielgerichteten Maßnahmen wichtig.
Aus einer Studie des Instituts für empirische Sozialforschung GmbH (IFES), welche im Auftrag der GPA verfasst wurde, geht hervor, dass 56% aller Arbeitnehmer*innen in Österreich bereits Opfer verbaler Gewalt waren. Besonders betroffen sind Angestellte in Pflege- und Betreuungseinrichtungen sowie Krankenhäusern, Rettungsdiensten und im Handel. Der Personalmangel in diesen Arbeitsbereichen verschärft das Problem von Gewalt und Aggression am Arbeitsplatz zusätzlich.
Aus der Studie geht weiters hervor, dass Frauen häufiger von verbaler Gewalt betroffen sind (40%) als Männer (35%). Die Übergriffe gehen dabei in 77 Prozent der Fälle von Männern aus. Auch Personen bis 35 Jahre erleben öfter gewaltvolle Situationen. Diese Tendenz zeigt sich auch in den Fragen zu sexueller Belästigung. Jede*r Sechste (16%) hat sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz schon einmal mitbekommen, 12 Prozent der Frauen und 3 Prozent der Männer waren selbst betroffen. In fast 80 Prozent der Fälle geht die Belästigung von einem Mann aus.
Das zeigt das Frauen überproportional mit sexualisierter Gewalt konfrontiert sind. Sie erfahren sexuelle Belästigung durch Arbeitskollegen oder Vorgesetzte. Arbeiten Frauen etwa in Geschäften oder anderen, öffentlich zugänglichen Einrichtungen, kommt oft auch Gewalt durch Kunden*innen hinzu. Eine ähnliche Situation zeigt sich in Kranken- und Pflegeberufen durch Patient*innen. Das reicht von Beschimpfungen, Bedrohungen, gezielten sexuellen Anzüglichkeiten und Abwertungen bis hin zu körperlichen Angriffen oder Raubüberfällen. Die neue ILO-Konvention gibt hier wichtige Orientierungen für den Abschluss von betrieblichen Regelungen oder Tarifverträgen vor, um diesen Formen von Gewalt etwas entgegenzusetzen.
Vor dem Hintergrund der weltweiten #MeToo-Debatte hat die ILO auf UN-Ebene mit der ILO Konvention C190 ein wirkungsvolles Instrument geschaffen. Gewalt und Belästigung in der Arbeitswelt gehört geächtet und bekämpft. Ein engagiertes Auftreten von Politik, Sozialpartner*innen und Institutionen ist wichtig und ein Zeichen dafür, dass sich die Österreichische Politik zur Bekämpfung von Gewalt am Arbeitsplatz bekennt.
Daher wäre eine schnelle Ratifizierung des Übereinkommens wünschenswert. Österreich könnte dieses Abkommen bereits jetzt ratifizieren und somit eine Vorreiter-Rolle im Kampf gegen Gewalt am Arbeitsplatz einnehmen.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende
Anfrage
1. In Ihrer Anfragebeantwortung 12350/AB gaben Sie an, die Sozialpartner in der Ratifikationsprüfung miteinbezogen zu haben. Welche Sozialpartner wurden hier genau miteinbezogen?
2. Wie erfolgte die Einbindung der Sozialpartner konkret?
3. Wie äußerten sich die jeweiligen eingebunden Sozialpartner hinsichtlich der Ratifikationsprüfung?
4. Gab es Sozialpartner, die sich für eine Ratifikation der ILO Konvention 190 ausgesprochen haben?
5. Unter Hinblick auf sexualisierte Gewalt geht aus Ihrer Anfragebeantwortung 12350/AB hervor, dass dem Bundesministerium keine Statistiken und Zahlen dazu vorliegen. Welche Maßnahmen gedenkt das Ministerium für Arbeit und Wirtschaft zu ergreifen, um diese Zahlen zu erheben?
6. Da ein berichtigtest Interesse der Allgemeinheit an Zahlen zu Übergriffen an Arbeitsplätzen in Österreich besteht, wäre eine Statistik eine wichtige Informationsquelle. Bis wann gedenkt das Ministerium für Arbeit und Wirtschaft eine solche Statistik erstellen zu lassen?
7. Organisationen wie die Gleichbehandlungsanwaltschaft sollten über Zahlen zu sexualisierter Gewalt am Arbeitsplatz verfügen. Gibt es Bemühungen des Ministeriums für Arbeit und Wirtschaft, enger mit Organisationen wie der Gleichbehandlungsanwaltschaft in diesem Bereich zu kooperieren? Wenn ja, welche Organisationen sind das?
8. Die Hemmschwelle Vorfälle sexualisierter Gewalt (an die Gleichbehandlungsanwaltschaft) zu melden ist oft hoch. Es ist daher davon auszugehen, dass die Dunkelziffer solcher Übergriffe weit höher liegt. Welche Bemühungen gibt es seitens des Ministerium für Arbeit und Wirtschaft, um den Zugang betroffener Personen zu Hilfe und Unterstützung zu erleichtern?
9. Welche Initiativen und Maßnahmen in den Betrieben wurden seitens Ihres Ministeriums gesetzt, um ein Bewusstsein für das Problem „sexuelle Übergriffe am Arbeitsplatz“ zu schaffen?
10. Welche Initiativen wurden seitens Ihres Ministeriums gesetzt, um gegen sexuelle Übergriffe am Arbeitsplatz effizienter Vorgehen zu können?
11. Gibt es Maßnahmen, die von Unternehmen getroffen oder mit Ihrer Behörde koordiniert wurden, um (sexuelle) Übergriffe zu dokumentieren oder diese dem Ministerium für Arbeit und Wirtschaft sowie österreichischen Behörden zu melden?
12. Die Führsorgepflicht des Arbeitgebers ist ein wesentlicher Bestandteil des Arbeitnehmer*innesnschutzgesetztes. Gibt es in Zusammenhang mit dem Thema Übergriffe behördliche Ermittlungsverfahren bzgl. Arbeitsunfällen mit Übergriffen?
13. Wie viele solcher Ermittlungsverfahren wurden seit dem Beginn Ihrer Amtszeit in die Wege geleitet?
14. Welche Präventivmaßnahmen gibt es in Österreich, um solche Übergriffe zu vermeiden?
15. Welche Schulungen, die mit Ihnen koordiniert wurden, existieren in Österreich die einer Prävention solcher Übergriffe dienen?
16. In Ihrer Anfragebeantwortung 12350/AB verweisen Sie darauf, dass Österreich ILO Konventionen nur dann ratifiziert, wenn diese bereits in Gesetz und Praxis vollkommen erfüllt sind. Welche Punkte der Konvention sind in Österreich bereits Gesetz und in welchen Gesetzen und Paragraphen sind diese umgesetzt?
17. Welche Punkte aus der ILO Konvention 190 müssen im österreichischen Gesetz noch umgesetzt werden?
18. Der Verweis darauf, dass noch nicht sämtliche gesetzlichen oder praktischen Voraussetzungen erfüllt sind, um die ILO Konvention in Österreich zu ratifizieren, lässt darauf schließen, dass der Arbeitnehmer*innenschutz in Österreich noch verbessert werden muss, um die internationalen Standards der ILO zu erfüllen. Bis wann gedenkt das Ministerium für Arbeit und Wirtschaft diese Maßnahmen vorzunehmen?
19. Wie sieht der Arbeitsplan in Ihrem Ministerium aus, um die offenen Punkte möglichst rasch zu schließen?