15784/J XXVII. GP
Eingelangt am 11.07.2023
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Anfrage
der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen
an den Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft
betreffend Geldflüsse ohne Rechtsgrundlage, ohne Beschluss und ohne Leistungsnachweis: Skandal in der Wirtschaftskammer Wien
Recherchen des ORF zeigen auf, dass zwei Zahlungen im Jahr 2021 und 2022 in Höhe von insgesamt 234.000 EUR an den Sozialdemokratischen Wirtschaftsverband Wien geflossen sind - ohne Genehmigung der zuständigen Gremien. Präsident Walter Ruck hat also ohne Rechtsgrundlage über Kammergelder verfügt. Berichtet wird von einem eilig einberufenen WKW-Präsidium, das erst im Jahr 2023 diese zu Unrecht verteilten Gelder nachträglich mit Beschluss saniert hat - ein passendes Etikett wurde also nachträglich draufgeklebt, um den Schwindel zu verdecken. Ziel dieses fetten Bonus auf Kosten der Zwangsmitglieder ist bisher unbekannt, die Angaben der Hauptverdächtigen widersprechen sich. Ein detaillierter Leistungsnachweis fehlt auch auf Nachfrage.
Dieser ungeheuerliche Vorgang rund um Günstlingswirtschaft und Verschwendung von Kammerbeiträgen innerhalb der WKW wurde im Kontrollausschuss besprochen. Die Chuzpe an diesem "Kontroll"ausschuss ist, dass alles, was in diesem Ausschuss gesagt wird, der Vertraulichkeit unterliegt und daher den eigenen Kammerzwangsmitgliedern und der Öffentlichkeit vorenthalten bleibt. Kontrolle im Dunkeln ist keine Kontrolle, sondern institutionalisierte Vertuschung. So funktionieren Kammern.
Mit dem Verfügen über Kammergelder ohne jede Rechtsgrundlage und ohne
Beschluss des Präsidiums hat Walter Ruck seine Pflichten als
Kammerfunktionär grob verletzt und müsste vom BMAW gemäß
§ 53 Abs 1 Z 3 WKG abberufen werden. Das willkürliche Verfügen
über Kammergelder durch den WKW-Präsidenten ohne Rechtsgrundlage
bleibt aber unsanktioniert, wie Gesetzesverstöße in
Wirtschaftskammern auch in der Vergangenheit immer unsanktioniert geblieben
sind.
Es haben über die normale Fraktionsförderung hinaus Zahlungen der Wirtschaftskammer Wien an den Sozialdemokratischen Wirtschaftsverband stattgefunden. Welchen Verwendungszweck Präsident Walter Ruck in den Jahren 2021 und 2022 auf die Banküberweisung schreiben hat lassen, ist unbekannt. Auf welcher Rechtsgrundlage Präsident Ruck diese Zahlungen verfügt hat, ist unbekannt.
Dem Vernehmen nach hat die WKW die geleisteten Förderbeträge im Nachhinein der Wählergruppenförderung zugeschlagen und diese damit im Falle des SWV Wien erhöht. Dies ist bereits als Hinweis zu deuten, dass es hier nicht mit rechten Dingen zugegangen ist: Der SWV Wien soll beispielsweise im ersten Halbjahr 2022 eine Werbetour gemacht und im Oktober 2022 um Kostenersatz angesucht haben. Diese Ausgaben wurden danach erst genehmigt und der Wählergruppenförderung angerechnet. Ob durch die einseitige Erhöhung der SWV nun im Verhältnis höhere Förderung als die anderen Fraktionen erhalten hat, die anderen Fraktionen dadurch ebenfalls aufgestockt werden müssen oder der SWV dadurch auf eigene Mittel verzichtet hat, ist unbekannt.
Auffällig ist, dass die zwei Hauptverdächtigen, also der Präsident der WKW und der Präsident der begünstigten Wählergruppe widersprüchliche Angaben über die Verwendung der zusätzlichen Mittel machen. Das ist meist kein gutes Zeichen.
Ob eine der zwei Begründungen mit dem
Verwendungszweck auf den Banküberweisungen 2021 und 2022
übereinstimmt, ist unbekannt.
Ob eine der zwei Begründungen mit dem Verwendungszweck laut
nachträglichem Präsidiumsbeschluss 2023 übereinstimmt, ist
ebenfalls unbekannt.
Dass der BMAW als Aufsichtsbehörde wieder einmal nichts unternommen hat,
ist bekannt.
WKO sieht klare gesetzliche Regelung bei Verteilung der Gelder - Bundesminister Kocher zur Aufsicht über gesetzmäßige Führung der Geschäfte verpflichtet
Die WKO schreibt auf ihrer Webseite bzgl. der Unterstützung der vertretenen Wählergruppen (3):
"Konkret werden Höhe und Aufteilungsschlüssel der Fraktionsförderung von den gewählten Vertreter:innen im Präsidium der jeweiligen Kammer beschlossen. [..] Es ist gesetzlich klar geregelt, dass diese Gelder nicht an politische Parteien fließen oder für Parteizwecke verwendet werden dürfen. Das Geld dient ausschließlich für die Arbeit der Wählergruppen innerhalb der Wirtschaftskammer. Die wahlwerbenden Gruppen müssen einen Verwendungsnachweis erbringen und bestätigen, dass von den zur Verfügung gestellten Mitteln nichts an politische Parteien weitergeleitet wurde und dass aus diesen Mitteln keine Parteienfinanzierung erfolgte."
Bundesminister Kocher schiebt die Verantwortung über die Skandalkammern in jeder Causa von sich, kann aber angesichts der Vorwürfe und der widersprüchlichen Aussagen über den klaren Gesetzesauftrag als Aufsichtsbehörde nicht hinwegsehen - § 136 Abs. 2 WKG dazu: "Die Aufsicht umfasst die Sorge für die gesetzmäßige Führung der Geschäfte und Aufrechterhaltung des ordnungsmäßigen Ganges der Verwaltung." Zahlungen ohne Rechtsgrundlage können allerdings das Erfordernis der gesetzmäßigen Führung der Geschäfte nicht erfüllen.
Während also der Kontrollausschuss aus kammerinternen Geheimdokumenten mehr Details erfährt, wird diese fragwürdige Bonuszahlung aufgrund veralteter Bestimmungen nicht transparent aufgearbeitet. Die Interessen der eigenen Kammerzwangsmitglieder sind der Wirtschaftskammer Wien gleichgültig.
Der Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft muss sein Aufsichtsrecht die Wirtschaftskammern endlich ernst nehmen und im Sinne aller Kammerzwangsmitglieder für Transparenz sorgen und für die Zukunft verhindern, dass gesetzwidrig Gelder ohne Beschlüsse verteilt werden.
Eine nachträgliche Genehmigung solcher willkürlicher Zahlungen gehört durch die Aufsicht unterbunden und geahndet!
Quellen:
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende
i. Liegt dem BMAW ein detaillierter Leistungsnachweis samt detaillierter Kostenangaben und Auftragnehmer vor?
ii. Wer von beiden, SWV Wien Präsident Arige oder WKW Präsident Ruck, hat zur Verwendung die richtigen Angaben gemacht?
i. Wenn nein, ist die nachträgliche Genehmigung überhaupt rechtmäßig?
i. Wenn nein, ist die nachträgliche Genehmigung überhaupt rechtmäßig?
i. Ist es überhaupt möglich, das Verhältnis der Aufteilung nach Wählergruppen durch einen im Nachhinein gewährten Zuschuss zu verändern?
i. Wenn ja, mit welchem Ergebnis?
ii. Wenn nein, warum nicht?