15817/J XXVII. GP
Eingelangt am 19.07.2023
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Anfrage
der Abgeordneten Mario Lindner, Genossinnen und Genossen,
an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz
betreffend gefährlicher Personalmangel an unseren Krankenhäusern
Die Situation an den österreichischen Krankenhäusern ist nicht erst seit Ausbruch der Corona-Pandemie in einer beachtlichen Schieflage. Immer mehr Berichte zeugen davon, unter welchen Bedingungen die Beschäftigten in diesem Bereich arbeiten müssen: Eklatanter Personalmangel und Überarbeitung sorgen nicht nur für schlechte Arbeitsbedingungen, sondern gefährden auch die Versorgung der Patient*innen, die mit langen Wartezeiten oder fehlenden Betten konfrontiert sind. Stationsschließungen, die auch nach Ende der Corona-Pandemie und der heurigen Grippewelle, für Warnungen durch Ärzt*innen und Expert*innen sorgen, führen zu einem Zustand, der sowohl für die Krankenhaus-Beschäftigten als auch für die Gesamtbevölkerung zunehmen untragbar wird.
Die Tageszeitung Der Standard zitierte angesichts dieser Situation im April 2023 den Leiter der Universitätsklinik Graz: „Der Mangel vor allem an Pflegekräften beschäftigt mittlerweile immer mehr Spitäler in Österreich. Im Kepler-Universitätsklinikum Linz etwa können knapp zehn Prozent der Betten nicht betrieben werden. Hellmut Samonigg, der Rektor des Universitätsklinikums Graz, sprach bereits Ende Jänner von einer ‚bedrohlichen‘ Lage. Am Mittwoch sagte Samonigg, dass sich das österreichische Gesundheitssystem in einer "Abwärtsspirale" befinde. Wenn die Politik, aber auch die Standesvertretung nicht rasch erkennen, dass die medizinische Versorgungslage in hohem Maße gefährdet sei, und nicht rasch eingegriffen werde, drohe das ‚System zu kollabieren‘.“ Jene, um die sich das Krankenanstaltensystem eigentlich kümmern sollte – die Patient*innen – werden durch den gefährlichen Personalmangel immer mehr zu Nebendarsteller*innen politischer Debatten: Sie sind mit langen Wartezeiten, übermüdetem Personal und verkürzten Betreuungszeiten konfrontiert.
Klar ist, dass diese Situation nicht weiter hinnehmbar ist. Nicht nur im Zuge der aktuellen Finanzausgleichsverhandlungen braucht es ein geschlossenes, mutiges und vor allem rasches politisches Vorgehen, um die Krise an den österreichischen Krankenhäusern zu entschärfen – zum Wohle der dort Arbeitenden UND der Patient*innen! Die Endverantwortung liegt dafür eindeutig bei der Bundesregierung, die ihre Zuständigkeit nicht ignorieren oder kleinreden darf!
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende
Anfrage:
1. Wie viele Planstellen für Ärzt*innen an öffentlichen Krankenanstalten waren im Jahr 2022 länger als drei Monate unbesetzt? Bitte um Auflistung nach Bundesland.
2. Wie viele Planstellen für Ärzt*innen an öffentlichen Krankenanstalten sind aktuell unbesetzt? Bitte um Auflistung nach Bundesland.
3. Wie viele Planstellen für nicht-ärztliches Personal an öffentlichen Krankenanstalten waren im Jahr 2022 länger als drei Monate unbesetzt? Bitte um Auflistung nach Berufsgruppe und Bundesland.
4. Wie viele Planstellen für nicht-ärztliches Personal an öffentlichen Krankenanstalten sind aktuell unbesetzt? Bitte um Auflistung nach Berufsgruppe und Bundesland.
5. Wie viele Gefährdungsmeldungen wurden hinsichtlich der Versorgungssicherheit von öffentlichen Krankenanstalten im Jahr 2022 gestellt? Bitte um Auflistung nach Bundesland.
6. Wie viele Gefährdungsmeldungen wurden hinsichtlich der Versorgungssicherheit von öffentlichen Krankenanstalten bisher im Jahr 2023 gestellt? Bitte um Auflistung nach Bundesland.
7. Wie viele Stationen mussten an öffentlichen Krankenanstalten im Jahr 2022 für längere Zeiträume geschlossen werden? Bitte um Auflistung nach Bundesland, Bettenzahl und Schließungsgrund.
8. Wie viele Stationen mussten an öffentlichen Krankenanstalten bisher im Jahr 2023 für längere Zeiträume geschlossen werden? Bitte um Auflistung nach Bundesland, Bettenzahl und Schließungsgrund.
9. Welche konkreten Schritte setzt Ihr Ressort gemeinsam mit den Bundesländern, um insbesondere gegen die Abwanderung von Ärzt*innen aus den Krankenanstalten in den Wahlarzt-Bereich vorzugehen?
10. Ist seitens Ihres Ressorts die Erstellung von vielfach geforderten Verlaufsuntersuchungen zur Erhebung der Beweggründe von Ärzt*innen, die den Bereich der Krankenanstalten verlassen, geplant?
a. Wenn ja, wann soll eine entsprechende Erhebung abgeschlossen sein?
b. Wenn nein, warum sehen Sie dazu keine Notwendigkeit?
11. Welche konkreten Schritte setzt Ihr Ressort, um insbesondere gegen den eklatanten Mangel an Pflegekräften in den Krankenanstalten vorzugehen?
12. Welche konkreten Schritte setzt Ihr Ressort, um insbesondere gegen den Mangel an Anästhesist*innen in den Krankenanstalten vorzugehen?
13. Welche konkreten Schritte setzt Ihr Ressort, um insbesondere gegen den Mangel an Personal im Bereich der Kinder- und Jugendpsychiatrie in den Krankenanstalten vorzugehen?
14. Wie viele Operationen mussten im Jahr 2022 aufgrund von fehlendem Personal abgesagt bzw. verschoben werden? Bitte um Auflistung nach Bundesland.
15. Wie viele Operationen mussten bisher im Jahr 2023 aufgrund von fehlendem Personal abgesagt bzw. verschoben werden? Bitte um Auflistung nach Bundesland.
16. Falls Ihnen die notwendigen Daten zur Beantwortung der Fragen 1 bis 15 nicht vorliegen: Warum sind derartige Daten und Zahlen für Ihr Ressorts angesichts der großen Herausforderungen einer evidenzbasierten, langfristigen Planungsperspektive für das gesamtheitliche Gesundheitssystem nicht relevant?
a. Welche konkreten Schritte werden Sie setzen, um im Sinne einer bestmöglichen Planung im Gesundheitssystem diese Daten zu organisieren und bis wann sollen diese zugänglich gemacht werden?