15831/J XXVII. GP

Eingelangt am 25.07.2023
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten David Stögmüller, Eva Blimlinger, Freundinnen und Freunde,
an den Bundesminister für Inneres

betreffend mangelnde Amtshandlungen seitens der Polizei bei einem Fall der mutmaßlichen NS-Wiederbetätigung in Braunau/Inn

Begründung

Die oberösterreichische Polizei steht erneut in den Schlagzeilen. Der jüngste Fall ereignete sich Berichten zufolge am 9. Juli im Freibad in Braunau am Inn, Wie ,MeinBezirk.at‘ berichtet, rief eine Frau die Polizei, nachdem sie im Freibad mehrere Männer mit einschlägigen, nationalsozialistischen Tätowierungen sah. Dem Bericht zufolge hatten einige der Männer Nazi-Symbole bzw. -Runen, zumindest einer den NS-Spruch „Blut und Ehre“, in Großbuchstaben auf dem Körper tätowiert.[1]

Die Frau und ihr Mann, der selbst bei der Polizei tätig ist[2], riefen die Exekutive und informierten sie nach Ankunft über den Sachverhalt und den Aufenthaltsort der Männer, Aus derzeit ungeklärten Gründen schritten die Beamten der Polizei Braunau jedoch nicht ein. Laut Augenzeugen betrat die Polizei trotz eindringlicher Bitte das Freibad nicht. Die Beamten baten den Bademeister, die Männer zu ihnen zu bringen; als dieser sich aus persönlichen Gründen weigerte, beendete die Polizei ihren Einsatz, ohne die mutmaßlichen Täter ausfindig zu machen. Augenzeugen hielten gegenüber der Tageszeitung .Kurier1 fest, dass die Beamten „nicht ausreichend intensiv“ nach den Männern gesucht habe.[3]

Gegenüber .MeinBezirk' bestätigte die Polizei Braunau diesen Ablauf: die Beamten hätten „nach den Männern Ausschau gehalten“, diese aber „nicht gesehen“ und daher keine Anzeige verfassen können. Der Fall wurde zwar „ordnungsgemäß dokumentiert“ und dem Bezirkspolizeikommando gemeldet, der Einsatz wurde aber ohne Meldung an die Landespolizeidirektion und ohne verfasste Anzeige beendet. Die Täter sind nach heutigem Informationsstand noch immer unbekannt

Die Polizei bestätigte gegenüber ,MeinBezirk‘ auch, dass es sich bei dem Vorfall um einen (mutmaßlichen) Verstoß gegen das Abzeichengesetz handle, der .Kurier1 spricht heute von einem „klaren Fall von Wiederbetätigung“. Die offenkundige Kenntnis der Ernsthaftigkeit des Verstoßes macht das Nichteingreifen der Beamten vor Ort noch unverständlicher. Wieso weigerten sich die Beamten, das Freibad zu betreten? Wieso suchten sie nicht selber nach den Männern, nachdem der Bademeister sich weigerte? Wie konnten die Männer von den Beamten „nicht gesehen“ werden, obwohl Augenzeugen ihnen ihren genauen Aufenthaltsort berichteten? Wieso wurde vor Ort keine Anzeige erstattet und die LPD OÖ nicht in Kenntnis gesetzt?

Die Funde im Waffen-, Schwarzgeld- und Drogenlager der rechtsextremen „Bandidos“-Rockerbande sind nur der jüngste Fall, der das Rechtsextremismusproblem in Oberösterreich veranschaulicht.[4] Wir können uns bei Fällen der mutmaßlichen Wiederbetätigung keine zögerliche und nachsichtige Exekutive leisten. Ein Verstoß gegen das NS-Verbotsgesetz ist kein Kavaliersdelikt.

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende

ANFRAGE

1.    Wurde die Stadtpolizei Braunau oder die Bundespolizei zum Einsatz entsandt?

2.    Wie lange dauerte laut Einsatzprotokoll der Einsatz der entsandten Exekutive (geben Sie Einsatzbeginn mit Alarmierung und Einsatzende an)?

3.    Hat die entsandte Exekutive selbst nach den Personen im Schwimmbad gesucht bzw. Nachschau gehalten?

a.    Wenn ja, wie lange dauerte dieser Vorgang?

b.    Wurde dabei das Schwimmbadgelände, insbesondere der Badeplatz, betreten und nach den Personen gesucht?

c.    Wenn nein, wieso nicht?

4.    Wurde nach Personen, auf die die Beschreibung der Zeugen passte,

Ausschau gehalten?

a.    Falls ja, auf welche Art und Weise?

b.    Falls nein, wieso nicht?

5.    Haben die Exekutivbeamt:innen tatsächlich den Bademeister gebeten Nachschau zu halten? Wurden die Augenzeug:innen von den Beamten aufgefordert, den Bademeister diesbezüglich anzusprechen?

6.    Wurden die Personalien der Augenzeug:innen aufgenommen?

a.    Wenn nein, warum nicht?

7.    Wurde eine Zeugenaussage aufgenommen?

a.    Wenn ja, wann wurde diese konkret durchgeführt?

b.    Von welchen und wie vielen Personen wurde eine Zeugenaussage aufgenommen?

8.    Warum wurden die Augenzeug:innen erst am 17. Juli, im Nachgang der medialen Berichterstattung, bezüglich einer Zeugeneinvernahme durch die Polizei kontaktiert?

9.    Wurde eine Anzeige erstattet?

a.    An welchem Datum wurde diese Anzeige aufgenommen und von wem wurde diese Anzeige gestellt?

10. Wann wurde der Einsatz beendet?

11. Mit welcher Begründung wurde der Einsatz als beendet erklärt?

12. Gegenüber dem ORF[5] erklärt die LPD OÖ, dass aus „einsatztaktischen Gründen“ keine Nachschau abgehalten wurde. Welche einsatztaktischen Gründe lagen bei diesem Einsatz konkret vor und können Sie diese erläutern?

13. Ist es üblich, nach Tatverdächtigen trotz Bestimmung des Aufenthalts durch Augenzeug:innen, nicht Ausschau zu halten, um dann später nach ihnen zu fahnden?

14. Laut Aussage der Polizei Braunau gab es keine Tagesmeldung über den Vorfall.

a.    Warum gab es keine Tagesmeldung?

b.    Wurde diese nachgeholt und wenn ja, wann?

15. Wurde das Landesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung Oberösterreich über den Vorfall informiert?

a.    Wenn ja, wann (geben Sie ein genaues Datum an)?

b.    Wenn nein, warum nicht?

16. Warum wurde nicht unmittelbar nach dem Verbotsgesetz eine Anzeige erstattet und ermittelt?

17. Warum wurde nicht unmittelbar nach dem Abzeichengesetz eine Anzeige erstattet und ermittelt?

18. Gibt es interne Richtlinien, Erlässe oder Vorschriften, die den Umgang mit Fällen mutmaßlicher NS-Wiederbetätigung regeln?

a.    Wenn ja, wurden diese Richtlinien in diesem konkreten Fall befolgt?

19. Gibt es interne Erlässe, Richtlinien oder Vorschriften, die den Umgang mit Fällen mutmaßlicher Verstöße gegen das Abzeichengesetz regeln?

20. Wie prävalent sind Fälle und Anzeigen im Zusammenhang mit NS- Tätowierungen im Bezirk Braunau und in Oberösterreich im Allgemeinen?

21. Gibt es in Oberösterreich Aussteigerprogramme für Mitglieder der Neonazis- Szene, die von der Exekutive begleitet werden?

22. Welche Konsequenzen werden Sie aus dem Fall ziehen?

a.    Wird es ein verbessertes Schulungsprogramm geben, insbesondere in Regionen mit einer Häufung von Verdachtsfällen nach dem Verbotsgesetz?



[1] „Männer zeigen rechte Tattoos im Freibad Braunau“. MeinBezirk.at, 15.6.2023. Zuletzt aufgerufen
am 17.6.2023.
https://www.meinbezirk.at/braunau/c-lokales/maenner-zeigen-rechte-tattoos-im-freibad-
braunau_a6162785

[2]  https://www.nachrichten.at/oberoesterreich/innviertel/nazi-tattoo-im-freibad-polizist-rief-kollegen~die-
tatenlos-wieder-abzogen;art70,3863405

[3] „Kritik an Polizei nach erfolgloser Nazi-Amtshandlung in Braunau“. Kurier, 17.6.2023.
https://kurier.at/chronik/oberoesterreich/nazi-runen-taetowiert-polizei-braunau-findet-keine-taeter-im- bad/402524950

[4]  Genau genommen ist der Fall der .Bandidos' nicht einmal der jüngste Fall. Wie orf.at berichtet steht
heute ein 22-jähriger aus Schärding vor Gericht, weil er auf sozialen Medien einschläigige Texte und Hakenkreuzillustrationen verbreitet haben soll. Vgl: „Nazi-Tattoos in Bad, Polizei schritt nicht ein“.
ooe.orf.at, 17.6.2023. https://ooe.orf.at/stories/3216214/

[5]  https://ooe.orf.at/stories/3216214/