15839/J XXVII. GP

Eingelangt am 26.07.2023
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Anfrage

der Abgeordneten Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen

an den Bundesminister für Finanzen

betreffend COFAG Pannenserie: Rechtsunsicherheit für eine Million Anträge?

 

Die unendliche Pannenserie rund um die COFAG geht weiter. Nun haben Abgeordnete der Regierungsparteien einen Gesetzesentwurf eingebracht, der es ermöglicht, neue Ergänzungsgutachten zu bereits ausbezahlten Covid-Hilfszahlungen zu machen. Die Intransparenz der Bundesregierung bei den Covid-Hilfen führt wieder dazu, dass die Finanzämter zur Rettung ausrücken müssen, statt diese von Anfang an mit der Abwicklung zu betrauen. Nun stehen über eine Million ausgezahlter Anträge vor einer erneuten Überprüfung, Rechtssicherheit sieht anders aus. Kurz vor ihrer Abwicklung steht die COFAG vor den Scherben ihrer Existenz. Schuld daran sind deren Erschaffer: ÖVP und Grüne!

 

System COFAG - ineffizient, intransparent und womöglich verfassungswidrig

Zahlreiche Berichte des Rechnungshofs kritisieren so gut wie jeden Aspekt der COFAG - von der Art der Gründung, der Ausgestaltung bis hin zu den Entscheidungsprozessen. Kern der Kritik ist eben, dass die Auszahlung von Wirtschaftshilfen viel schneller und transparenter erfolgt wäre, wenn die Finanzämter das übernommen hätten. Diesen verfügen nicht nur über hohe Kapazitäten, sondern auch über sämtliche Steuerdaten, die für die Auszahlung der Hilfen sehr relevant sind. Die Bundesregierung hält noch immer an dem Argument fest, dass es schnell gehen musste und dass die Finanzämter diese Last nicht stemmen konnten. Die vielen bekannt gewordenen Pannen der COFAG lassen dies als sehr unwahrscheinlich erscheinen. Dort, wo automatisierte Angaben überprüft werden mussten, haben die Finanzämter dann doch übernehmen müssen. Nun stehen jene Anträge vor einer Überprüfung, die bisher allein von der COFAG behandelt wurden, die nächste Bankrotterklärung also. Angesichts laufender Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof und solcher Pannen erscheint es kein Wunder, dass Finanzminister Brunner die COFAG möglichst schnell und ohne allzu großer Transparenz begraben will.

 

Abwicklung ohne Kontrolle der Finanzämter, aber dann doch mit deren Ergänzungsgutachten

 

NEOS haben von Anfang an das intransparente Zusammenspiel von BMF und COFAG bei der Abwicklung von Wirtschaftshilfen kritisiert (1). Aus einer NEOS Anfrage geht hervor, dass das BMF bei der Abwicklung von Wirtschaftshilfen Gutachten erstellte. Bundesminister Brunner beschrieb den Vorgang so: „Sofern die COFAG begründete Zweifel am Ergebnis der Risikoanalyse hat, kann sie eine ergänzende Analyse/ein Ergänzungsgutachten anfordern. Ergänzungsgutachten werden durch das zuständige Finanzamt erstellt.“ Bis August 2022 wurden laut Finanzminister rund 100.000 Ergänzungsgutachten erstellt. Der Bearbeitungsaufwand für die Ergänzungsgutachten wurde auf 33.500, 46.500 bzw. 67.500 Prüfertage geschätzt. Speziell darauf hingewiesen wurde, dass diese Gutachten "jeweils bestimmte Prüfungsschwerpunkte" haben und daher "nicht immer sämtliche Antragsvoraussetzungen" abdecken. Die COFAG war dann auch nicht an das BMF Gutachten gebunden und ist in gewissen Fällen davon abgewichen. 

 

Neue Zweifel an der Abwicklung + Rechtsunsicherheit für Unternehmen = kein Schuldbewusstsein der Bundesregierung

Angesichts all des Selbstlobes der Regierung hinsichtlich der COFAG überrascht nicht nur die plötzlich aufgekommene Lust, die COFAG möglichst rasch zu schließen. Kritik der Opposition über die Verfahren bei der COFAG wurde stets zurückgewiesen, doch kommen anscheinend der Bundesregierung selbst Zweifel über die Qualität der von der COFAG automatisiert abgewickelten Anträge. Zumindest geht dies aus einem Initiativantrag von Regierungsabgeordneten hervor (2): 

"Da es eine erhebliche Anzahl an Fällen gibt, in denen Zweifel am Ergebnis der automationsunterstützten Risikoanalyse bestehen und das Erfordernis besteht, diese Zweifel mittels Ergänzungsgutachten zu beseitigen, soll die mit Ablauf des 31. Dezember 2022 außer Kraft getretene Rechtsgrundlage für die Anforderung von Ergänzungsgutachten durch die COFAG befristet wieder in Kraft gesetzt werden."

 

Quellen:

  1. https://www.parlament.gv.at/dokument/XXVII/AB/11786/imfname_1479802.pdf
  2. https://www.parlament.gv.at/gegenstand/XXVII/A/3521?selectedStage=100

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage:

 

  1. Bisherige Ergänzungsgutachten:
    1. Wie vieles Ergänzungsgutachten für Covid-Hilfen wurden bisher erstellt? (Bitte aufgeschlüsselt nach Jahren und Zuschuss-Instrument)

                                          i.    Wie viele von August 2022 bis Juli 2023?

    1. Wie viele Mitarbeiter des BMF (Vollzeitäquivalenten - VZÄ) waren durchschnittlich mit der Abwicklung von Anträgen beschäftigt?

                                          i.    Welche Kosten waren bisher für das BMF damit verbunden?

  1. Ergänzungsgutachten NEU - also bisher nur automatisiert abgewickelter Hilfszahlungen:
    1. In der Gesetzesänderung (3521/A) ist von Zweifel die Rede und eine Prüfung war auch davor bei "begründeten Zweifeln" laut BM vorgesehen:

                                          i.    Welche konkreten Anhaltspunkte machen eine Gesetzesänderung nun notwendig?

                                        ii.    Inwiefern spielt die geänderte Auffassung des BMF zum Unternehmensbegriff nach EU-Beihilferecht (Stichwort Konzernbetrachtung) mit dieser Gesetzesänderung eine Rolle?

    1. Mit welcher Zahl an Ergänzungsgutachten wird nach In-Kraft-Treten der Gesetzesänderung (3521/A) gerechnet?
    2. Inwiefern waren Organisationseinheiten des Bundes an der Erarbeitung der Gesetzesänderung (3521/A) beteiligt?
    3. Wie soll das Zusammenspiel von COFAG und BMF hinsichtlich neuer Ergänzungsgutachten, wenn die COFAG geschlossen werden soll?
  1. Nachträgliche Förderprüfung (bitte für alle COVID-Kriseninstrumente der COFAG):
    1. Inwiefern werden bei der Förderprüfung - wie vom RH empfohlen - auch Bonuszahlungen, Ausschüttungen, beihilfenrechtliche Förderhöchstgrenzen (Unternehmensbegriff), Auszahlungen an Unternehmen in Schwierigkeiten und eine nicht zutreffende Branchenzuordnung überprüft?

                                          i.    Wenn ja - bei jeder Prüfung?

                                        ii.    Wenn nein - warum nicht?

    1. Wie viele nachträgliche Prüfungen der Covid-Hilfen fanden 2021-2023 statt? (Bitte aufgeschlüsselt nach Jahren und Zuschuss-Instrument)?

                                          i.    Wie viele davon im Rahmen einer Nachschau?

                                        ii.    Wie viele davon im Rahmen einer Außenprüfung?

                                       iii.    Wie viele davon im Rahmen einer begleitenden Kontrolle?

                                       iv.    Wie viele davon auf Weisung des Finanzministers?

  1. Rückforderungen:
    1. In wie vielen Fällen kam es zu einer Rückforderung? Bitte um Aufschlüsselung nach Zuschuss-Instrument.

                                          i.    Was waren die häufigsten Gründe für die Rückforderung? Bitte um Aufschlüsselung nach Zuschuss-Instrument.

    1. Wie viel an Förderungen wurden bisher zurückgezahlt (in EUR)? Bitte um Aufschlüsselung nach Zuschuss-Instrument.