15843/J XXVII. GP
Eingelangt am 26.07.2023
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Anfrage
der Abgeordneten Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen
an die Bundesministerin für Klimaschutz‚ Umwelt‚ Energie‚ Mobilität‚ Innovation und Technologie
betreffend Moratorium zum Rohstoffabbau in der Tiefsee
Lange Zeit galt die Tiefsee als ein Ort, an dem kaum Leben entstehen kann. Mittlerweile weiß man: Auch in den entlegensten Orten der Ozeane, an die kein Sonnenlicht vordringt, enormer Druck und Eiseskälte herrschen, gibt es verschiedenste Schätze. Von erstaunlicher Biodiversität bis hin zu Gesteinen und Mineralien (z.B. Kupfer und Nickel), die in Zeiten von steigender Rohstoffknappheit immer relevanter werden. Auch deshalb wird es immer reizvoller, den schwierigen Weg in die Tiefsee zu wagen und die dortigen Ressourcen zu gewinnen.
Seit dem Inkrafttreten von UNCLOS (United Nations Convention on the Law of the Sea) 1994 - der auch Österreich angehört - regelt und verwaltet die International Seabed Authority (ISA) als Teil des Abkommens die Bodenschätze der Tiefsee (1). Dort heißt es in Kapitel XI Artikel 136, dass der Meeresboden und seine Ressourcen als "gemeinsames Erbe der Menschheit" (2) gelten, was bedeutet, dass sie mit Blick auf nachfolgende Generationen besonders geschützt werden müssen. Weiter heißt es in Artikel 145:
"Necessary measures shall be taken in accordance with this Convention with respect to activities in the Area to ensure effective protection for the marine environment from harmful effects which may arise from such activities. To this end the Authority shall adopt appropriate rules, regulations and procedures for inter alia:
(a) the prevention, reduction and control of pollution and other hazards to the
marine environment, including the coastline, and of interference with the
ecological balance of the marine environment, particular attention being paid
to the need for protection from harmful effects of such activities as drilling,
dredging, excavation, disposal of waste, construction and operation or
maintenance of installations, pipelines and other devices related to such
activities;
(b) the protection and conservation of the natural resources of the Area and the prevention of damage to the flora and fauna of the marine environment."
Mit Kapitel XI in UNCLOS stehen der Meeresboden also zumindest auf dem Papier unter einem besonderen Schutz. Auch das neue Hochseeabkommen, auf das sich die UN erst im Frühjahr 2023 nach langen Verhandlungen geeinigt haben, kann mittels mit verpflichtender Umweltverträglichkeitsprüfungen (3) zum weiteren Schutz der Biodiversität der Meere beitragen.
Trotz dieser bestehenden juristischen internationalen Verpflichtungen, die Biodiversität der Tiefsee zu schützen, könnte die ISA zeitnah den industriellen Abbau von Ressourcen auch ohne ausformulierte Umweltschutzrichtlinien für Unternehmen und ohne das Wissen über mögliche Folgen genehmigen. Deswegen haben über 700 Wissenschaftler, und die 200 staatlichen Organisationen und 800 NGOs der International Union for Conservation of Nature (IUCN) sich für ein Moratorium ausgesprochen (4, 5), um die Biodiversität zu schützen, bis man die Folgen für den Lebensraum besser abschätzen kann. Sollte der industrielle Abbau genehmigt werden, so die IUCN weiter, würde die Biodiversität der Tiefsee darunter leider – mit schwerwiegenden Konsequenzen für den gesamten Ozean und die Menschheit (6). Auch Staaten wie Deutschland (7) und Frankreich (8) unterstützen ein solches Moratorium. Österreich hat sich als Mitglied der IUCN (9), abgesehen von der Abstimmung für ein Moratorium, noch nicht weiter zum industriellen Abbau am Meeresboden geäußert.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende