15848/J XXVII. GP

Eingelangt am 31.07.2023
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Anfrage

der Abgeordneten Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Mag. Julia Seidl, Kolleginnen und Kollegen

an den Bundesminister für Finanzen

betreffend Bestandsnehmer vs. COFAG: Rückzahlungswelle und Amtshaftung?

 

Getäuschte Mieter: Falsche FAQ, Amtshaftung und verjährte Forderungen

NEOS kritisierte von Anfang an, dass mit dem Fixkostenzuschuss erhebliche Unsicherheiten bzgl. der Nutzbarkeit und damit zusammenhängender Rückforderungsansprüche der COFAG offen gelassen wurden. Lange Zeit blieb unklar, wie sich ein Mietzinsminderungsanspruch nach § 1105 ABGB auf den Umfang von Hilfszahlungen auswirkt, wie sich Anspruchsberechtigte zu verhalten haben und ab wann die COFAG Rückforderungen verlangen würde. Die FAQ des BMF trugen dem Fördernehmer auf, sich um eine Reduktion der Miete bzw. Pacht zu bemühen und sonst mit Vorbehalt zu zahlen. Nach Monaten stellte der OGH klar, dass bei Nutzungsausfällen (wie die zahlreichen Lockdowns) Mietern von Geschäftsräumen Zinsentfall bzw. -minderung zusteht. Die Bundesregierung stellte daraufhin im ABBAG-Gesetz klar, dass eben diese Mieter daher die staatlichen Hilfen ab einer Grenze von 12.500 EUR zurückzahlen müssen. Dem Fördernehmer wurde zunächst also etwas aufgetragen und im Nachhinein wurden die Regeln dann anders exekutiert. Diese lange Rechtsunsicherheit hat für Mieter gravierende Folgen. Viele Unternehmen haben mit ihrem Vermieter einen Vergleich geschlossen und jetzt sagt ihnen die COFAG, dass sie nichts hätten zahlen müssen. Wenn diese nun die erhaltenen Hilfen für die Fixkosten zurückzahlen müssen, können diese die Kosten aus Verjährungsgründen nicht zurückverlangen. Es stellt sich somit die Frage, inwiefern dies auch zu Amtshaftungsansprüchen gegenüber dem BMF berechtigt, die die FAQ und Richtlinien verfasst haben.

 

Pacht und die weiten toten Winkel des Finanzministeriums

Die schlampige Vorgehensweise der Bundesregierung zeigt sich auch beim Thema Unternehmenspacht. In den nachträglichen Klarstellungen im ABBAG-Gesetz hat der Finanzminister Miete und Pacht mit dem Überbegriff "Bestandsverträge" gleich behandelt, dabei aber nicht berücksichtigt, dass im österreichischen Zivilrecht (ABGB) eine unterschiedliche Behandlung vorgesehen ist. Zinsminderungsanspruch steht in Fällen von eingeschränkter Brauchbarkeit nach § 1105 ABGB nur Mietern und nicht Pächtern zu. Für die Beurteilung der Brauchbarkeit eines Bestandsobjektes ist relevant, ob Einnahmen möglich gewesen wären. Hotels konnten stets Geschäftsreisende aufnehmen und Restaurant mittels Take-away oder Zustellung Einnahmen generieren. Solche Objekte wären dann nicht per se unbrauchbar. Diese unsaubere Berücksichtigung der geltenden Rechtslage führt dazu, dass Pächter vor der Situation stehen, den vollen Pachtzins zahlen zu müssen und sie nun alles an die COFAG zurückzahlen müssen. 

 

In einer vergangenen Anfrage gab der Finanzminister an, dass das potenzielle Rückforderungsvolumen im Zusammenhang mit Miete und Pacht beim FKZ 1 133 Mio. EUR und beim FKZ 800.000 von 65 Mio. EUR. Berichten zufolge bekommen immer mehr Händler Post von der COFAG und werden zur Rückzahlung aufgefordert. Diese Anfrage dient dazu herauszufinden, welche Anpassungen vonseiten des Finanzministers vorbereitet werden und welche negativen Konsequenzen - von Rückzahlungen bis Amtshaftungsklagen - diese anhaltend schlampige Vorgehensweise beim FKZ 1 und FKZ 800.000 mit sich gebracht hat.

 

Quellen

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage:

 

  1. Rückforderungen der COFAG:
    1. An wie viele Antragsteller des FKZ 1 und FKZ 800.000 hat die COFAG Briefe übermittelt und bereits getätigte Zahlung zurückgefordert? Bitte Zahl der betroffenen Anträge nach Branche (ÖNACE) und Bundesland gliedern.
    2. Wie hoch ist das Volumen der von der COFAG bisher erhaltenen Rückzahlungen vom FKZ 1 und FKZ 800.000? Bitte Volumen nach Instrument, Branche (ÖNACE) und Bundesland gliedern.
    3. Liegen dem BMF Einschätzungen bzw. Prognosen über den Umfang weiterer möglicher Rückforderungsansprüche der COFAG in Zusammenhang mit FKZ 1 und FKZ 800.000 und Miet- bzw. Pachtverträgen vor? Bitte Zahl der betroffenen Anträge nach Branche (ÖNACE) und Bundesland gliedern.

                                          i.    Inwiefern haben sich die Zahlen im Vergleich zur Anfrage (12443/J) geändert?

  1. Offene Anträge wegen Unklarheiten bzgl. Miete und Pacht:
    1. Wie viele Anträge des FKZ 1 und FKZ 800.000 sind wegen noch offener Fragen zu Miete und Pacht noch nicht abgewickelt worden? Bitte Zahl der betroffenen Anträge nach Branche (ÖNACE) und Bundesland gliedern.

                                          i.    Wie hoch ist das beantragte offene Volumen? 

  1. Welche Gesetzesänderungen werden beim ABBAG-Gesetz bis Ende 2023 vorbereitet? Bitte konkrete Änderung samt Begründung und Zeitplan angeben.
    1. Inwiefern sind die Rechte von Pächtern davon betroffen?
    2. Inwiefern soll die Änderung verhindern, dass es zu einer großen Zahl an Rückforderungen seitens der COFAG kommt?
    3. Welche Organisationseinheiten des BMF waren involviert?
    4. Welche Bundesministerien sind darin involviert? Bitte involvierte Organisationseinheiten angeben.
    5. Welche Stakeholder sind darin involviert? Bitte involvierte Vertreter:innen der Organisationen angeben.
    6. Wie oft haben dazu Abstimmungstreffen stattgefunden? Bitte Datum und Teilnehmer:innen angeben.
  1. Erstellung der Richtlinien und FAQ zum FKZ 1 und FKZ 800.000:
    1. Welche Rolle hatte das BMF bei der Erstellung der FAQ und Richtlinien zum FKZ 1 und FKZ 800.000?
    2. Inwiefern wurden bei der Erstellung die unterschiedlichen rechtlichen Folgen für Miete und Pacht im Zusammenhang mit der unterschiedlichen Rechtslage nach ABGB berücksichtigt?
    3. Welche Organisationseinheiten des BMF waren involviert?
    4. Welche Bundesministerien waren involviert? Bitte involvierte Organisationseinheiten angeben.
    5. Welche Stakeholder waren involviert? Bitte involvierte Vertreter:innen der Organisationen angeben.
  1. Haftung:
    1. Wurden gegen das BMF Amtshaftungsklagen im Hinblick auf die gegenständliche Angelegenheit rund um den FKZ 1 und FKZ 800.000 eingebracht?

                                          i.    Wenn ja, wie viele Klagen wurden eingebracht und wie ist der Verfahrensstand?

                                        ii.    Wenn ja, wie hoch ist das eingeklagte Schadensvolumen?

    1. Inwiefern laufen im BMF Vorbereitungen auf mögliche Amtshaftungsklagen in gegenständlicher Angelegenheit rund um den FKZ 1 und FKZ 800.000?

                                          i.    Welche Organisationseinheiten des BMF sind involviert?

                                        ii.    Inwiefern ist die Finanzprokuratur involviert?

    1. Inwiefern laufen in gegenständlicher Angelegenheit rund um den FKZ 1 und FKZ 800.000 Disziplinarverfahren?

                                          i.    Welche Organisationseinheiten des BMF sind betroffen?

    1. Wurden Klagen gegen die COFAG im Hinblick auf die gegenständliche Angelegenheit rund um den FKZ 1 und FKZ 800.000 eingebracht?

                                          i.    Wenn ja, wie viele Klagen wurden eingebracht und wie ist der Verfahrensstand?

                                        ii.    Wenn ja, wie hoch ist das eingeklagte Schadensvolumen?

                                       iii.    Wenn ja, wie viele Verfahren sind schon abgeschlossen und wie sind diese geendet?

 

  1. Folgen der Schließung der COFAG
    1. Welche Folgen hätte die Abwicklung der COFAG für Rechtsstreitigkeiten in gegenständlicher Angelegenheit rund um den FKZ 1 und FKZ 800.000?
    2. Welche Folgen hätte die Abwicklung der COFAG für offene Forderungen gegenüber Fördernehmern in gegenständlicher Angelegenheit rund um den FKZ 1 und FKZ 800.000?
    3. Welche Folgen hätte die Abwicklung der COFAG für offene Anträge zum FKZ 1 und FKZ 800.000?