15855/J XXVII. GP

Eingelangt am 02.08.2023
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Anfrage

der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Dr. Helmut Brandstätter, Kolleginnen und Kollegen

an den Bundesminister für Inneres

betreffend Aktivitäten des Russischen Kulturinstitutes in Wien

 

Der Betrieb des Russischen Kulturinstituts in Wien läuft trotz des Aggressionskrieges Russlands gegen die Ukraine und weitreichender Sanktionen des Westens gegen Russland ungehindert weiter. Es finden dort regelmäßig Kulturveranstaltungen statt, während Russland Kulturinstitutionen in der Ukraine gezielt bombardiert und zerstört.

Das Russische Kulturinstitut untersteht der 2008 vom russischen Außenministerium gegründeten "Föderalen Agentur für Angelegenheiten der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten, der im Ausland lebenden Landsleute und für internationale humanitäre Zusammenarbeit" (Rossotrudnichestvo). Aufgrund ihrer Zielsetzung und der Art ihrer internationalen Tätigkeiten ist Rossotrudnichestvo seit dem 21. Juli 2022 mit EU-Sanktionen belegt.1 Laut der EU-Durchführungsverordnung ist Rossotrudnichestvo die

 

"wichtigste staatliche Agentur für die Propagierung der Soft Power und des hybriden Einflusses des Kremls, einschließlich der Förderung des sogenannten ‚Russkiy Mir‘-Konzepts (das hegemoniale Konzept einer russischen Einflusszone - Anm.). Sie fungiert seit vielen Jahren als Dachorganisation für ein Netzwerk russischer Landsleute und Einflussnehmer und finanziert verschiedene Projekte im Bereich öffentliche Diplomatie und Propaganda, indem sie die Aktivitäten prorussischer Akteure konsolidiert und die Narrative des Kremls, einschließlich des historischen Revisionismus, verbreitet."

 

Laut EU-Verordnung organisiert Rossotrudnichestvo aktiv internationale Veranstaltungen mit dem Ziel, eine breitere öffentliche Wahrnehmung der besetzten ukrainischen Gebiete als russische Gebiete zu festigen. Der Leiter und der stellvertretende Leiter von Rossotrudnichestvo haben ihre Unterstützung für den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine deutlich bekundet. Daher trägt Rossotrudnichestvo die Verantwortung für die Unterstützung oder Umsetzung von Handlungen oder politischen Maßnahmen, die die territoriale Unversehrtheit, die Souveränität und die Unabhängigkeit der Ukraine oder die Stabilität oder die Sicherheit in der Ukraine untergraben oder bedrohen. Außerdem unterstützt die Agentur die Regierung der Russischen Föderation, die für die Annexion der Krim und die Destabilisierung der Ukraine verantwortlich ist, materiell und finanziell, und profitiert von ihr.

Die Durchführungsverordnung der EU lässt somit keinen Zweifel daran, dass die Agentur Rossotrudnichestvo, der auch das Russische Kulturinstitut in Wien untersteht, ein Werkzeug des Kremls ist, Propaganda zu verbreiten und sich über Kulturveranstaltungen und Sprachkurse Einfluss zu sichern. Ein Blick auf die Facebook-Seite des russischen Kulturinstitutes in Wien zeigt eindeutig, dass dieses tatkräftig an der Verbreitung von Kreml-Propaganda beteiligt ist und nicht der Kulturvermittlung verschrieben ist. Ein Beispiel: die von Russland besetzten Gebiete in der Ukraine werden als "neue russische Gebiete" bezeichnet:

 

 

 

In Bukarest wurde der Betrieb des Russischen Zentrums für Kultur und Wissenschaft bereits wegen Vorwürfen von Verbreitung von Propaganda und Desinformation eingestellt. Das Kulturzentrum habe bei seinen Veranstaltungen die Realität und die historische Wahrheit verzerrt und Kriegsverbrechen in der Ukraine gerechtfertigt. Auch Deutschland, Finnland und Tschechien haben Ermittlungen gegen russische Kulturinstitute in ihren Ländern eingeleitet.

Nach dem Sanktionengesetz hat der Bundesminister für Inneres die Durchführung von Sanktionsmaßnahmen der Europäischen Union zu überwachen. Dafür wurde auch eine interministerielle Taskforce zur Umsetzung der EU-Sanktionen eingerichtet. Diese untersteht der Direktion für Staatsschutz und Nachrichtendienst (DSN). 

 

1 Durchführungsverordnung (EU) 2022/1270 des Rates vom 21. Juli 2022 zur Durchführung der Verordnung (EU) Nr. 269/2014 über restriktive Maßnahmen angesichts von Handlungen, die die territoriale Unversehrtheit, Souveränität und Unabhängigkeit der Ukraine untergraben oder bedrohen, https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:32022R1270

 



Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage:

 

  1. Das Russische Kulturinstitut steht unter der Leitung und Kontrolle einer russischen Agentur, die auf einer Sanktionsliste der Europäischen Union steht. Wurde das Russische Kulturinstitut noch nicht geschlossen?
    1. Wenn ja, warum?
    2. Wenn nein, warum darf dieses Institut trotz Sanktionsbeschlusses weiterhin in Österreich aktiv sein?
    3. Wenn nein, sind Maßnahmen zur Schließung des Russischen Kulturinstituts geplant? 

                                          i.    Wenn ja, wann?

    1. Wenn nein, gab es Maßnahmen zur Schließung des Russischen Kulturinstituts Gespräche innerhalb oder außerhalb Ihres Ressorts?

                                          i.    Wenn ja, wer war wann daran beteiligt und was war jeweils der konkrete Gesprächsinhalt?

1.    Welche Position nahm das BMI durch wen ein?

    1. Wenn nein, warum nicht?
  1. Hat das BMI bereits Maßnahmen basierend auf § 8 Abs 1 SanktG gegen das russische Kulturinstitut ergriffen?
    1. Wenn ja, bitte um genaue Ausführung.
    2. Wenn nein, warum nicht?
    3. Wenn nein, gab es Diskussionen innerhalb Ihres Ressorts zur Verpflichtung des BMI aus § 8 Abs 1 SanktG (Überwachung und Durchführung von Sanktionen), Maßnahmen gegen das russische Kulturinstitut zu ergreifen?
  1. Gab oder gibt es Ermittlungen gegen das Kulturinstitut und/oder die im Russischen Kulturinstitut arbeitenden Personen bzgl. Spionage oder anderer strafrechtlich relevanter Handlungen?
    1. Wenn ja, welche, wann und mit welchem Ergebnis?

                                          i.    Welche Maßnahmen wurden infolgedessen wann durch wen gesetzt?

                                        ii.    Gab es diesbezüglich Gespräche innerhalb oder außerhalb Ihres Ressorts?

1.    Wenn ja, wann, wer war daran beteiligt und was war der konkrete Gesprächsinhalt?

    1. Wenn nein, warum nicht?
  1. Werden die im Russischen Kulturinstitut arbeitenden Diplomat:innen und Personen auf ihre tatsächlichen Aufgaben in Österreich regelmäßig überprüft?
  2. Waren die Aktivitäten des Russischen Kulturinstitutes Gegenstand eines der bisher stattgefundenen Treffen der interministeriellen Taskforce zur Umsetzung und Überwachung der EU-Sanktionen?
    1. Wenn ja, wann und was war der genaue Gesprächsinhalt?

                                          i.    Welche Position nahm das BMI ein?

    1. Wenn nein, warum nicht?